29. Juni 2018

Die Facebook-Falle!

Team Arbeitsrecht, Arbeitsrecht mit Zuverlässigkeit und Kompetenz, Stephan Grundmann, Cornelia Grundmann

FACEBOOK – FREUND ODER FEIND?

 

Durch die Digitalisierung verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen Privatem und Beruflichem, dies nehmen wir in Kauf, ja befürworten wir teilweise sogar. Warum auch nicht, im Gegenzug erfahren wir so eine ganz neue Form der Freiheit. Doch was bedeutet diese neue Freiheit für uns? Welche Grenzen sollte man kennen? Gibt es vielleicht sogar rechtliche Konsequenzen die der Einzelne im Zweifel befürchten muss?

Hat so zum Beispiel ein privat bei Facebook geposteter Kommentar oder ein hochgeladenes Foto womöglich Einfluss auf den eigenen Job? Bedeutet dies, dass man damit rechnen muss, dass der eigene, private Internetauftritt nicht ohne (rechtliche) Folgen für das Verhältnis zu den Kollegen oder zum Chef bleibt? Eins kann vorab gesagt werden: Ein Vorgesetzter kann sich selbstverständlich nicht „einfach so“ der Facebook-Daten seiner Mitarbeiter bedienen. Ist man allerdings mit seinen Kollegen oder seinem Chef auf Facebook befreundet, sollte man zwingend darauf achten, dass sich der eigene Internetauftritt nicht negativ auswirkt. Hier wird der ein oder andere vermutlich anmerken, dass man in seiner Freizeit „tun uns lassen kann“ was man will. Dies ist sicherlich auch richtig, man darf in den allermeisten Fällen tatsächlich tun was man will, steht es allerdings in einem direkten Zusammenhang zum Job, kann das dazu führen, dass man eben nur bedingt „tun uns lassen kann“ was man will.

Nachfolgende Situation ist sicherlich dem ein oder anderen persönlich oder durch Erzählungen bekannt:

Nach feuchtfröhlich durchzechter Partynacht, wacht am nächsten Morgen, nicht die attraktive Brünette oder der nette Typ von Gestern neben einem auf, sondern der nach schmuddeliger Kneipe riechende eigene Kater. Der Blick aufs Handy zeigt eine erschreckend fortgeschrittene Uhrzeit und besorgniserregend viele Facebook Benachrichtigungen. Kommentare wie „Gut gemacht Kollege!“, „Da hast du es dem Chef aber gezeigt mein Bester!“, machen die Situation nicht unbedingt besser. Ein mulmiges Gefühl macht sich breit. Ein kurzer Check auf der eigenen Pinnwand, bestätigt: Mittig auf der eigenen Facebook Seite ein leicht verschwommenes, aber dennoch hervorragend erkennbares Bild der eigenen Person, mit der etwas zu leicht bekleideten Tochter des Chefs wahlweise auch dem Sohn des Chefs; gepostet vom Lieblingskollegen mit einer Bildunterschrift, die nun wie soll es auch anders sein, denkbar ungünstig zu verstehen ist. Wirklich denkbar ungünstig! 100 der 376 Freunde haben dieses Foto bereits mit „gefällt mir“ markiert und 5 der 15 „befreundeten“ Kollegen haben weitere Kollegen auf dem Bild verlinkt. Offenbar hat außerdem jemand gegen 00:43 eine Freundschaftsanfrage an den Chef verschickt, die dieser gegen 05:53 auch akzeptiert hat. Klassischer Fall also von, „braucht man nicht im Leben“, denn spätestens jetzt ist klar, der Chef kann alles sehen was auf der eigenen Pinnwand steht. Gegen Abend desselben Tages, signalisiert ein leises „pling“ die Ankunft einer Email im Postfach. Absender der Email, besagter Chef, und Vater des Mädchens bzw des Typen aus der Bar. Betreff der Mail: Kündigung wegen pflichtwidrigem Verhalten. Nach erster Schrecksekunde, die berechtigte Frage: Kann der das machen? Jetzt muss man leider sagen, können, kann der Chef erst einmal Vieles. Dürfen ist dabei aber die andere Seite der Medaille. Um zu überprüfen ob die Kündigung per Mail (auch elektronische Kündigung genannt) wirksam ist, wirft man am Besten einen Blick in den eigenen Arbeitsvertrag. Hier findet sich unter dem Paragraphen Kündigung häufig eine Formulierung wie „Kündigungen bedürfen der Schriftform“. Steht das drin, darf der Chef schon allein deswegen nicht per Mail kündigen. Aber selbst wenn drin stehen würde: „per Mail möglich“: Bei der Kündigung von Arbeitsverträgen ist die Schriftform gesetzlich vorgeschrieben. Schriftform im Sinne des § 623 BGB bedeutet, die Kündigung muss die eigenhändige Unterschrift des Kündigenden (hier Chef) aufweisen und persönlich oder per Post übermittelt werden um wirksam zu sein. Den Text kann man selbstverständlich am PC verfassen, er muss aber eben schriftlich vorliegen, sprich ausgedruckt und unterschrieben sein.

Wir merken uns: Kündigungen von Arbeitsverträgen per Mail sind per se nicht wirksam.

Man sieht an diesem Beispiel ziemlich eindrucksvoll, dass rechtliche Grenzen wichtig sind. Gäbe es diese Hürde des § 623 BGB nicht, wäre der Arbeitnehmer bzw die Arbeitnehmerin hier im Nachteil. Leider muss man jetzt aber sagen, benutzt der Chef, diese digitale Variante als „Vorwarnung“ und liegt am nächsten Arbeitstag eine schriftliche Kündigung im Postfach des betroffenen Mitarbeiters, ist die geforderte Form (Schriftform) gewahrt worden. Die Kündigung ist somit vorerst wirksam. Ungeachtet dieser formellen Wirksamkeit der Kündigung stellt sich aber weiter die Frage, ob ein Arbeitgeber berechtigt ist, Daten seiner Mitarbeiter online zu erheben und diese gegen seinen Mitarbeiter zu verwenden. Kurz gesagt: Darf er private Facebook-Daten oder Daten von anderen Plattformen gegen seinen Mitarbeiter benutzen? Jetzt muss zuallererst geklärt werden ob Facebook privater Natur ist oder ob hier geteilte Inhalte öffentlich zugänglich sind. Darum stellt man sich diese Frage? Nun, wären die Inhalte der breiten Masse zugänglich so müsste man leider sagen: „Pech gehabt“. Dann darf der Arbeitgeber diese Daten auch erheben. Klebt man ein übergroßes Plakat mit dem eigenen Gesicht, mitten auf eine Werbetafel in der Fußgängerzone, muss man sich nicht wundern, wenn sich das auch jemand anguckt. Gleiches würde für Facebook gelten, wenn es öffentlich wäre. Sind die Daten allerdings privater Natur, darf der Arbeitgeber eben nicht einfach so darauf zugreifen.

Was man wissen sollte: Facebook ist eine freizeitorientierte- an dieser Stelle wichtig– Internetplattform. Das bedeutet, dass die hier geteilten Inhalte, ein Spiegelbild der Freizeit des Nutzers sind. Auch wenn die ein oder andere Firma auf Facebook vertreten ist, so ist doch der konkrete Nutzungszweck von Facebook bei der Bewertung zugrunde zu legen. Dieser Zweck von Facebook ist eben, auf privater, freizeitbasierender Ebene mit Menschen in Kontakt zu stehen. Man erstellt kein Facebook-Konto um seinem Chef Informationen über seine letzte Arbeitsstätte zu liefern. Man zeigt ihm allenfalls Fotos des täglichen Mittagessens oder des letzten Urlaubs. Anders sieht es bei Plattformen wie Xing oder LinkedIn aus. Hierbei handelt es sich um berufsorientierte Internetplattformen. Meldet man sich hier an und gibt Informationen über seinen beruflichen Werdegang preis, sollte man sich nicht wundern, wenn diese auch erhoben und genutzt werden. Dafür sind diese Plattformen gerade da. Dass man sich ein Nutzerkonto erstellen muss, bedeutet nicht zwangsläufig, dass die breite Masse keinen Zugriff auf die ins Internet gestellten Informationen hat. Wenn das Erstellen eines Nutzerkontos kostenfrei ist, kann dies in aller Regel sehr schnell und ohne viel Aufwand geschehen. Die Hürde des „öffentlich seins“ muss hier ganz klar in dem Aspekt der „Befreundung“ gesehen werden. Dadurch, dass man bei Facebook nur dann autorisiert ist, entsprechende personenbezogenen Daten zu sehen wenn man mit dieser Person befreundet ist, sind die Inhalte nach herrschender Meinung nicht mehr als öffentlich anzusehen. An dieser Stelle ist noch einmal ganz klar zu sagen, dass niemand die technische Anfangs-Einstellungen bei Facebook behalten sollte. Tut man dies, kann man über Google sämtliche Daten ganz einfach „ergoogeln“. Die Verbindung von Facebook und Google ist absolut nicht zu unterschätzen, also unbedingt von Anfang an die Privatsphäre-Einstellungen ändern. Leider kann sich niemand darauf berufen, nicht gewusst zu haben, dass Facebook die eigenen Daten weitergibt, da sich Facebook hierfür durch die Anmeldung die erforderliche Genehmigung holt. Verhindern kann man das nach erfolgreicher Anmeldung durch die Änderung der Einstellungen.

Wir halten fest: Facebook ist eine Plattform für private Zwecke.

Zurück zum Thema:

Ein Arbeitgeber darf also nicht ohne weiteres Einblick in die persönlichen Daten seiner Mitarbeiter nehmen. Genau so wenig wie er heimlich Kameras zur Mitarbeiterüberwachung installieren darf, darf er sich per Facebook personenbezogener Daten bemächtigen. Woher weiß man das? Auch hier hilft der Blick ins Gesetz weiter. Laut § 4 BDSG ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig wenn der Betroffene eingewilligt hat, oder ein Gesetz dies ausdrücklich vorsieht.

Wir merken uns also hier:

Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung ist nur mit ausdrücklicher Zustimmung erlaubt!

Eine Ausnahme zu § 4 BDSG kann ein anderes Gesetz sein. Ein solches Gesetz könnte § 32 I BDSG sein. An dieser Stelle nur ganz kurz:

  • 32 I BDSG ermöglicht die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung dann wenn ein hinreichender Verdacht besteht, dass der Mitarbeiter eine Straftat begangen hat und die Erhebung der Daten für die Aufklärung dieser Straftat unerlässlich ist. Dies ist sehr selten der Fall.

Im Beispiel oben, ist davon auszugehen, dass der Mitarbeiter nicht eingewilligt hat, dass sein Chef seine auf Facebook geteilten Inhalte gegen ihn verwendet. In der Realität müsste der Chef hier tatsächlich einen entsprechenden Text an den Mitarbeiter schicken und sich diesen durch den Mitarbeiter bestätigen lassen, um dessen personenbezogene Daten erheben und nutzen zu können. Im Beispiel oben, definitiv nicht gegeben.

Auch eine im Vollrausch verschickte Freundschaftsanfrage ist selbstverständlich nicht als Einwilligung zu verstehen. Erstens bedeutet die Facebook-Freundschaft nicht etwa das vollumfängliche Recht zu haben, Informationen gegen eine der Parteien nutzen zu können, in Deutschland gibt es nach wie vor so etwas wie Persönlichkeitsrechte, und zweitens muss man hier an der Einwilligungsfähigkeit der versendenden Person doch stark zweifeln.

An dieser Stelle bitte unbedingt merken: Alkoholisierte Personen können ab einem bestimmten Promillewert nicht mehr rechtlich gültige Einwilligungen erteilen, selbst wenn sie das im alkoholisierten Zustand unbedingt wollen.

Quintessenz:

Auch wenn man mit dem Chef auf Facebook befreundet ist, darf dieser nicht ohne ausdrückliche Zustimmung, dort mitgeteilte Inhalte dafür nutzen einem Mitarbeiter zu kündigen.

Einzige Ausnahme: Straftat des Mitarbeiters.

Wäre die / der oben Genannte minderjährig, könnte die Sache anders aussehen. Selbst dann wäre allerdings immer noch nicht klar in welchem Verhältnis die Straftat zum Beruf stehen würde.

Tötet man bei einem Verkehrsunfall fahrlässig einen anderen Menschen, kann das ja auch nicht zwangsläufig dazu führen, dass der Chef einem kündigt. Hier stünden Straftat und Beruf in keiner Beziehung. Eine Straftat die zur Kündigung führen würde, wäre beispielsweise eine Beleidigung also Verunglimpfung des Chefs oder des Unternehmens auf Facebook.

Selbst wenn der Arbeitgeber im Zweifel eine Information nicht gegen seinen Mitarbeiter verwenden kann, so reicht es doch aus, dass er nun Bescheid weiß über womöglich zweifelhafte Taten oder Meinungen seines Mitarbeiters. Dies sollte unweigerlich dazu führen, dass man die Zugriffsrechte bei Facebook zumindest für Kollegen und Chef erheblich einschränkt. Tatsächlich sollte man im Zweifel überlegen eine Freundschaftsanfrage von Anfang an abzulehnen.