Postfaktizität oder die ehrliche gesetzliche Neureglung der Betriebsänderung oder postfaktisch, post truth, postkoital – Wasser auf meine Mühle oder: Dank an den Fernfahrer! – BAG 1 AZR 435/14 – – „Ne, mir geht’s nicht gut“ – Teilnahme an Personalgesprächen im Betrieb bei Krankheit? – BAG 10 AZR 596/15 – Viel Rauch um nix  – BAG 9 AZR 347/15 – „Fahr zur Hölle“ oder so ähnlich – LAG Hamm 7 TaBV 45/16 – Warte, warte nur ein Weilchen – BAG 2 AZR 345 / 15 – Das 00-Photo – Landesarbeitsgericht Saarbrücken 2 Sa 10/15 – Erst mal abwarten – Kündigung in der Elternzeit?? – LAG Niedersachsen 16 Sa 281/15 – Die Spinnen doch, die Typen von der Agentur I – SG Dortmund S 31 AL 859/12 – Die Spinnen doch die Typen II – SG Karlsruhe S 4 AS 2297/15 – Machs doch selber oder „selbst ist (auch) die Frau“ – SG Stuttgart S 20 AS 4798/14 –

Was haben Tina T und Betriebsratswahlen gemeinsam? – Verwaltungsgericht Ansbach, Urteil vom 20.09.2016

Das letzte Urteil unbed. leeeeesen

Postfaktizität oder die ehrliche gesetzliche Neureglung der Betriebsänderung oder postfaktisch, post truth, postkoital

Ich bin so dankbar: „falsch, noch „falscher“, postfaktisch. Endlich- die Erklärung für ALLES: den Stellenabbau, die betriebsbedingte Kündigung, die Verlagerung, die Umstrukturierung schlechthin. Ja, gemein, aber ist es nicht toll für die Betroffenen, wenn man ihnen zurufen kann. Alles gut, ist postfaktisch = die Wahrheit ist unwichtig. Das beharren auf dem Zustand ist wichtiger als die tatsächlichen Fakten. Ja, das ist gemein für die sich im Postfaktischen Suhlenden, aber es ist richtig, weil das Gesetz bei der Betriebsänderung keine richtigen und guten Wahrheiten verlangt. Im Spagat zwischen Beteiligung der Betroffenen und Eigentumsschutz für den Planenden ist halt die Faktenlage kein Maßstab für das Ergebnis . Der Arbeitgeber kann einfach wollen, was auch ein Stückweit – auch aus meiner Sicht – Teil der grundrechtlichen Eigentumsgarantie ist. Nur wäre es nicht ehrlicher, in Anbetracht der tatsächlich gar nicht vorhandenen Möglichkeiten, die Betriebsänderung auf die Tatsache des „Egals“ von Tatsachen und die auf Schmerzensgeld reduzierte Eigentumsverpflichtung auf die Absätze zu verkürzen:

„§ 111 BetrVG“

1.    Vor jeder Betriebsänderung findet eine postfaktische Unterrichtung des Betriebsrats statt.

2.    Je postfaktischer die Unterrichtung ist desto höhere Abfindungsleistungen sind zu erbringen“.

Ich schrei mich weg J))

Übrigens – in Orwell´s  „1984“  hieß das Propagandaministerium „Ministerium für Wahrheit“ und der Geheimdienst „Ministerium für Liebe“ – arghhhh.

Und übrigens, übrigens – nur 60% der Deutschen halten die Evolutionstheorie für wahr – in den skand Ländern sinds 80%.

Wasser auf meine Mühle oder: Dank an den Fernfahrer! – BAG 1 AZR 435/14

Sage ich doch: Du kannst nicht einfach nach Gutdünken „sonderbehandeln“.

Aufgrund einer BV über Sonderzahlungen erhielten die Mitarbeiter – gemessen am Vorjahresbruttoeinkommen – 4%. Die Fernfahrer erhielten aber nur 2,94%. Im Folgejahr erhielten alle Mitarbeiter 6,4%, die Fernfahrer 4,61%. Und in der letzten BV hieß es: Fernfahrer 6,48%, andere Mitarbeiter 9%.

Der Fernfahrer klagte unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz auf die Unterschiedsbeträge. Der Arbeitgeber wehrte sich mit der Argumentation, dass – festhalten – er mit der Differenzierung der Höhe der Sonderzahlung sicherstellen wollte, dass Fernfahrer im Hinblick auf ihre höhere Arbeitszeit, die zu höheren Jahresentgelten führe, nicht gegenüber anderen Arbeitnehmern bevorzugt würden.

Unabhängig von der Stumpfheit dieses Arguments: seit Ewigkeiten gehen die Gerichte davon aus – VOLL ZU UNRECHT -, dass dem Arbeitgeber – nennen wir es vorsichtig so – bei der Auswahl der Benefit-Empfänger einen gewissen Ermessenspielraum habe. Nicht überraschend also, dass die ersten beiden Instanzen die Klage abwiesen. Und jetzt das BAG: Er kann die höhere Summe verlangen. Die durch BV festgeschriebene Ungleichbehandlung verstößt gegen der „Betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz“ aus § 75 BetrVG. Eine BV darf nur „anders behandeln“ (bezogen auf unterschiedliche Höhe, bis hin zu gar keiner Höhe!), wenn Unterschiede von solcher Art und Gewicht bestehen, dass diese die unterschiedliche Höhe rechtfertigen können. Maßgeblich abzustellen ist auf den mit der Regelung verfolgten Zweck. Warum sollte also ein wie auch immer betitelte (geldwerte) Leistung Personen ausnehmen können. Richtungsweisend für die Gestaltung von BV´en, die Arbeitgebertöpfe verteilen.

„Ne, mir geht’s nicht gut“ – Teilnahme an Personalgesprächen im Betrieb bei Krankheit? – BAG 10 AZR 596/15

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens war bei der Beklagten zunächst als Krankenpfleger und – nach einer längeren unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit – befristet bis zum 31. Dezember 2013 als medizinischer Dokumentationsassistent eingesetzt. Von Ende November 2013 bis Mitte Februar 2014 war der Kläger erneut arbeitsunfähig krank. Die Beklagte lud ihn mit Schreiben vom 18. Dezember 2013 „zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit“ zu einem Personalgespräch am 6. Januar 2014 ein. Der Kläger sagte unter Hinweis auf seine ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit ab. Die Beklagte übersandte ihm eine neuerliche Einladung für den 11. Februar 2014, die mit dem Hinweis verbunden war, dass der Kläger gesundheitliche Hinderungsgründe durch Vorlage eines speziellen ärztlichen Attests nachzuweisen habe. Auch an diesem Termin nahm der Kläger unter Hinweis auf seine Arbeitsunfähigkeit nicht teil. Daraufhin mahnte ihn die Beklagte mit Schreiben vom 18. Februar 2014 ab.

Die Vorinstanzen haben der auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte gerichteten Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg. Die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers umfasst die Pflicht zur Teilnahme an einem vom Arbeitgeber während der Arbeitszeit im Betrieb angewiesenen Gespräch, dessen Gegenstand Inhalt, Ort und Zeit der zu erbringenden Arbeitsleistung ist, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht anderweitig festgelegt sind (§ 106 Satz 1 GewO). Da der erkrankte Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen muss, ist er grundsätzlich nicht verpflichtet, im Betrieb zu erscheinen oder sonstige, mit seiner Hauptleistung unmittelbar zusammenhängende Nebenpflichten zu erfüllen. Während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit ist es dem Arbeitgeber allerdings nicht schlechthin untersagt, mit dem erkrankten Arbeitnehmer in einem zeitlich angemessenen Umfang in Kontakt zu treten, um mit ihm im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen die Möglichkeiten der weiteren Beschäftigung nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit zu erörtern. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber hierfür ein berechtigtes Interesse aufzeigt. Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer ist jedoch nicht verpflichtet, hierzu auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen, es sei denn, dies ist ausnahmsweise aus betrieblichen Gründen unverzichtbar und der Arbeitnehmer ist dazu gesundheitlich in der Lage. Der letzte Halbsatz ist eine Schwachsinnsidee. Denn dem Arbeitgeber bleibt es damit unbenommen, künftig die „betrieblichen Gründe“ zu behaupten und damit erst mal Druck aufzubauen. Das musste echt nicht sein.

Viel Rauch um nix?  – BAG 9 AZR 347/15

Also ich musste einmal mit. Großes Familientreffen, großer Kurort, großes Kasino im Kurort, als alle in das Kasino um mal fünf EURO oder mehr zu setzen.

Und da saßen die vornehmlich Jungs in einem „speziellen Bereich“ und benahmen sich wie im Bond Casino Royal: starrten, schwitzten, waren hektisch, fieberten und rauchten wie Sau. Und das Ganze hat – wie das BAG jetzt entscheiden durfte auch eine arbeitsrechtliche Dimension. Denn schließlich mussten die Poker- und Roulettische auch bedient werden. In all dem Gangsterqualm gab´s/ gibt’s also auch Arbeitnehmer.

Und die müssen das tun? Das sah der nichtrauchende Croupier anders und klagte sich zum BAG hoch. Anspruchsgrundlage sollten §§ 618 BGB und § 105 GewO sein. Schade, denn § 5 Abs. II GewO schränkt die Schutzpflicht ein, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Einzelfall zwingend mit dem Kontakt zu rauchendem Publikum verbunden ist. Hier kollidiert die unternehmerische Tätigkeit mit dem Gesundheitsschutz. Ein Verbot hielt das BAG für zu weitgehend. Es verlangte vom Arbeitgeber (lediglich), dass er Maßnahmen ergriff, die die Belastung minimieren. Dafür reichte es nach Auffassung des Gerichts, dass zwei Drittel der Arbeitszeit im Nichtraucherbereich gearbeitet wurde und Lüftungsanlagen bestanden. Der Einwand des Klägers, dass der Arbeitgeber sich doch darauf beschränken könne, nur Freiwillige im Raucherbereich einzusetzen, wurde nicht akzeptiert, da der Schutz unabhängig vom Willen der Betroffenen eingreife.

„Fahr zur Hölle“ oder so ähnlich – LAG Hamm 7 TaBV 45/16

Da hat der BR zur Kündigung der Kollegin aus dem BR erst Mal NEIN gesagt. Also ging der Arbeitgeber – Zustimmung suchend – zum Arbeitsgericht. Was war passiert? Muss man jetzt nicht lustig finden, aber die Kollegin soll einer Vorgesetzten eine Trauerkarte (echt jetzt) mit den Worten „Für Dich (bist die nächste)“ in das Dienstpostfach gelegt haben. Schade für den Arbeitgeber, dass ein Schriftgutachten zu der Bewertung „hohe Wahrscheinlichkeit“ = 3 von 8 Übereinstimmungsgraden kam. Klingt zwar gut, aber der Gutachter konnte leider die aus Arbeitgebersicht schönere Bewertung „mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“ oder „sehr hohe Wahrscheinlichkeit“ nicht feststellen. „Hoch“ ist daneben zu schlapp.

Na wenn man schon nicht beweisen kann, reicht dann nicht der Verdacht?

Ja, aber es gibt da noch zwei Probleme:

1. Die Verdachtskündigung muss auf objektiven Tatsache, die den dringenden Verdacht begründen beruhen. Der Arbeitgeber muss alle zur Aufklärung stehende Möglichkeiten ausgeschöpft und die Arbeitnehmerin zu dem Vorwurf angehört haben.

2.Selbst wenn das alles der Fall ist, muss die zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauensgrundlage zerstört sein.

Das sah das LAG Hamm, ebenso wie die Vorinstant ArbG Bochum, nicht.

Warte, warte nur ein Weilchen – BAG 2 AZR 345 / 15

Der BR wurde am 20.11 zu einer beabsichtigten Kündigung und dem Angebot auf Fortsetzung als Yield Practice Project Manager/Grade 39 unter Teilnahem an einem Bonusplan unterrichtet. Am 26ten erklärte der Vorsitzende, dass man beabsichtigte gegen die Kündigung Widerspruch einzulegen. Er führte aus, dass für eine abschließende Bewertung der Gehaltseinbußen noch das derzeitige Bruttojahresgehalt mitgeteilt werden solle. Am 27ten erhielt der Kläger die Kündigung. Mit der dagegen erhobenen Klage rügt der Kläger u.a. die fehlerhafte Anhörung des BR´s. Diesem Klageantrag gab das BAG statt. Es führt aus: die vom Betriebsrat vorgebrachten Einwendungen sollen den Arbeitgeber gegebenenfalls veranlassen, von seinem Kündigungsvorhaben Abstand zu nehmen oder es doch in geänderter Form zu verwirklichen, etwa anstatt einer Beendigungs- eine Änderungskündigung auszusprechen. Für seine Erklärung hat der BR eine Woche Zeit. Eine vor Ablauf der Wochenfrist ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Natürlich muss der BR mit seiner Äußerung nicht bis zum Fristablauf warten. Er kann bereits zuvor abschließend Stellung nehmen und der Arbeitgeber kann dann auch sofort kündigen. Dazu muss aber unzweifelhaft eine abschließende Stellungnahme des BR vorliegen. Mangels ausdrücklicher Erklärung muss der Inhalt der Mitteilung des BR ausgelegt werden. Der Arbeitgeber muss aufgrund der bisherigen Äußerung annehmen dürfen, dass der BR nicht mehr tun wolle als bereits geschehen. Der BR kann sich in der Wochenfrist jedoch auch mehrfach äußern. Dazu muss er sich die Ergänzung eines bereits gemachten Vortrags nicht ausdrücklich vorbehalten. Damit kann der Arbeitgeber bei Mitteilung des Beschlusses durch den Vorsitzenden nicht davon ausgehen, dass es nicht erneute Beschlussfassungen oder eine Ergänzungen geben werde. Er kann nicht – wie früher vom BAG festgelegt – kündigen, nur weil er annimmt, der BR wünsche keine weitere „Erörterung“. Die Beendigung des Verfahrens liegt nur bei Erklärungen in diese Richtung vor. Stellungnahme = Annahme ist nicht mehr. Damit war insbesondere aus der Nachfrage nach dem Gehalt aus Sicht des BAG das Verfahren noch „offen“. Beachte: ArbG und LAG wiesen die Klage wegen der ordnungsgemäßen Anhörung zurück….. hüstel

Merke: egal wann der BR sich äußert, nach dieser Klarstellung durch das BAG kann der Arbeitgeber erst bei Bestehen ganz klarer Anhaltspunkte davon ausgehen, dass nix mehr kommt und er die Kündigung „raus hauen“ kann.

Das 00-Photo – Landesarbeitsgericht Saarbrücken 2 Sa 10/15

Vor der Abfahrt zu einem Punktspiel hatte ein Spieler mit seinem Smartphone unter der Toiletten-Trennwand hindurch die Nachbarkabine fotografiert – nach eigener Aussage ein Scherz, da er dort einen Mannschaftskollegen vermutete. Allerdings war sein Trainer in der Kabine, und der fand die Aktion gar nicht humorig. Einige Wochen später erhielt er die fristlose Kündigung. Zunächst war fraglich, ob die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt worden war. Entscheidend hierfür ist als Zeitpunkt die Kenntnis über alle kündigungsrelevanten Tatsachen. Das Gericht stellte dafür auf den Tag ab, an dem der damalige Cheftrainer den damaligen Schatzmeister des Vereins (Vorstandsmitglied) über den Vorfall mit dem Kläger informierte. Denn die Kenntnis des Cheftrainers vom Toiletten-Vorfall könne dem Verein beziehungsweise dessen Vorstand nicht als eigene Kenntnis zugerechnet werden – dazu fehle es an der herausragenden Stellung des Trainers innerhalb des Vereins.

Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist immer als letzte Sanktions-Möglichkeit des Arbeitgebers zu sehen, und zwar erst dann, wenn keine milderen Mittel in Betracht kommen, mit denen sich das Fehlverhalten des Mitarbeiters ahnden lässt. „Überträgt man diese Voraussetzungen für das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB auf die Situation im Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien, so wird deutlich, dass die Umstände, welche letztlich zum Entstehen einer Fotografie unter Einsatz des Smartphones des Klägers auf der öffentlichen Herrentoilette in einem Hotel geführt haben, nicht die erforderliche Qualität erreicht haben, die den Beklagten berechtigt hätten, ohne vorherigen Ausspruch einer Abmahnung und dem Vorliegen eines Wiederholungsfalles ähnlicher Qualität, das Arbeitsverhältnis zu beenden.“

Blödsinnig fand ich die Ausführungen des Gerichts, dass „von einer ganzen Reihe zusätzlicher Faktoren neben der rein rechnerischen Aufstellung eines Größenverhältnisse zwischen Auslöseknopf und aktiver Displayfläche beziehungsweise Größe des gesamten Smartphones sowie Anstellungswinkeln in der möglichen Handhabung bei der konkreten Auslösesituation abhängig sein wird, ob es tatsächlich je nach Nutzer zu einer Fotoaufnahme kommt oder nicht“. Jedenfalls konnte die Kammer sich nicht überzeugen, dass der Spieler das Foto seines Trainers – rein technisch – absichtlich angefertigt hatte. Zudem stand auch noch eine Verwechslung im Raum, da er dachte, dass der Kabinennachbar ein Mitspieler sei. Entscheidend war für mich: das Anfertigen eines Fotos vom Cheftrainer zwar ein starker Eingriff in den Persönlichkeitsbereich. Allerdings musste zugunsten des Klägers berücksichtigen werden, dass er nach einem kurzen Wortgefecht mit seinem Trainer sofort einsichtig war und das Foto gelöscht hat. Dass es möglicherweise in eine virtuellen Speicher, einer so genannten Cloud, weiter bestehe, sei nicht entscheidend, da Spieler das Foto zu keinem späteren Zeitpunkt verwendet hat, weder in sozialen Netzwerken noch an anderer Stelle.

Daher wäre eine Abmahnung als mildere Sanktion nötig gewesen. Das Vertrauensverhältnis war nicht stark genug beschädigt war, um den Arbeitsvertrag nicht fortsetzen zu können. Na ja……..

Erst mal abwarten – Kündigung in der Elternzeit?? – LAG Niedersachsen 16 Sa 281/15.

Eine betriebsbedingte Kündigung während der Elternzeit einer Arbeitnehmerin kann selbst beim Wegfall des Arbeitsplatzes/ Beschäftigungsmöglichkeit unwirksam sein, selbst wenn der gesamte Betrieb geschlossen wird. Der Betrieb war geschlossen worden und der Arbeitgeber hatte die im Falle der Elternzeit zuständige Gewerbeaufsicht um Zustimmung zur Kündigung gebeten und erhalten.

Das Landesarbeitsgericht führt zu der gegen die dann erfolgte Kündigung aus, dass auch wenn im Kündigungszeitpunkt die Beschäftigungsmöglichkeit weggefallen ist, kann eine betriebsbedingte Kündigung gegenüber einer sich in Elternzeit befindlichen Arbeitnehmerin im Rahmen der Interessenabwägung sozial ungerechtfertigt sein und zwar vor allem dann, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich bis zum Ende der Elternzeit eine neue Beschäftigungsmöglichkeit ergeben könnte. Dies ist natürlich nur dann der Fall, wenn das Unternehmen nicht nur einen Betrieb, sondern einen oder mehrere weitere hat. Niemand kann so weit in die Zukunft schauen, dass er mit Sicherheit sagen kann, dass am Ende der Elternzeit NICHT in einem Betrieb etwas frei ist. Und nach dem Kündigungsschutzgesetz hat ein Mitarbeiter bei betriebsbedingter Kündigung einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung auf einem FREIEN ABREITSPLATZ in einem anderen Betrieb des Unternehmens. Hier war denn wohl auch die Gewerbeaufsicht zu voreilig bei Genehmigung der Kündigung.

Die Spinnen doch, die Typen von der Agentur I – SG Dortmund S 31 AL 859/12

Die Agentur hatte Leistungen gekürzt, weil der Leistungsbezieher nicht für eine Arbeitsvermittlung zur Verfügung stand. Soweit nicht ganz unrichtig. Kannst dich ja nicht hinlegen und einfach kassieren. ABER: unser Mann war am Wochenende zu seiner erkrankten Tochter geeilt, um diese einige Tage zu pflegen. Am Wochenende sieht es schlecht mit der Abmeldung bei der Agentur aus. Aber seine Frau rief gleich Montag an. Gleichwohl wurde die Leistung aufgehoben. Warum? Weil sie´s können L. Zu Unrecht sagt das schlaue Sozialgericht Dortmund. Was sollte der denn machen, wenn der am Wochenende dahin reisen muss?? Die Meldung seiner Frau reichte als Antrag zur Leistungserhalt aus

Die Spinnen doch die Typen II – SG Karlsruhe S 4 AS 2297/15

Mutter, alleinerziehend, Friseurin, erhält Ergänzungsleistungen nach SGB II. Die wurden nun gekürzt. Warum? Es wurden ihr künftig monatlich 60,-? abgezogen, weil sie in dieser Höhe aus Sicht der Behörde Trinkgeld erhielt. Ich formuliere mal vorsichtig: was für ein „unangenehmer Mensch“… hat das denn entschieden?? Das Sozialgericht sah das Gott sei Dank anders. Es sah einer Ausnahmetatbestand als gegeben an. Die Ausnahme nach dem SGB II war die, dass das Gericht das Trinkgeld als Zuwendung ansah, die ein Dritter erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben und deren Berücksichtigung für den Leistungsberechtigten grob unbillig wäre. Das sah das Gericht u.a. darin, dass der von dem Kunden beabsichtigte Dank weitgehend ins Leere laufen würde, wenn das Trinkgeld bei der Arbeitnehmerin keine Erhöhung ihrer Einnahmen bedeuten würde. Nettes Sozialgericht das.

Machs doch selber oder „selbst ist (auch) die Frau“ – SG Stuttgart S 20 AS 4798/14

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls beauftragte ein Unternehmen zur Durchführung der Auszugsrenovierung. Im Anschluss hieran beantragte sie bei dem beklagten Jobcenter die Übernahme dieser Kosten mit dem Hinweis darauf, dass sie zur Tragung der Schönheitsreparaturen mietvertraglich verpflichtet sei. Auch sei ihr eine Selbstvornahme als Frau und handwerklicher Laie nicht zuzumuten.

Das sah das Sozialgericht Stuttgart anders:  Schönheitsreparaturen sind auch von Leistungsberechtigten grundsätzlich selbst – ggf. unter Zuhilfenahme von Nachbarn und Verwandten – vorzunehmen. Auch für weibliche Leistungsberechtigte, stellen die vorzunehmenden Renovierungsmaßnahmen keine unzumutbaren Arbeiten dar.

Nur dann, wenn der Leistungsberechtigte die Schönheitsreparaturen etwa wegen Alters, Behinderung, körperlicher Konstitution oder wegen der Betreuung von Kleinstkindern nicht selbst vornehmen oder durchführen kann, kann auch die Übernahme der Aufwendungen für eine gewerblich Auszugsrenovierung in Betracht kommen. Eine Unzumutbarkeit folgt nicht schon aus der Tatsache, dass es sich bei dem Leistungsberechtigten um eine Frau handelt.

Luther: „Das Studium der Rechte ist eine ganz niederträchtige Kunst. Wenn es nicht den Geldbeutel füllte, würde sich niemand darum bemühen“.

Was haben Tina T und Betriebsratswahlen gemeinsam? – Verwaltungsgericht Ansbach, Urteil vom 20.09.2016

„Simply the best“ kommt bei beiden vor!! 

Zur Personalratswahl bewarben sich mit zwei gleichlautenden Wahlvorschlägen mehrere wahlberechtigte Arbeitnehmer, die ihren Wahlvorschlag mit dem Kennwort „simply the best“ und von jeweils 66 Unterstützern unterschrieben einreichten. Der Wahlvorstand erachtete diesen Wahlvorschlag als ungültig, denn die Bezeichnung „simply the best“ sei in englischer Sprache formuliert. Zudem impliziere diese Formulierung, dass die anderen eingereichten Wahlvorschläge minderwertig seien. Das Kennwort sei zudem irreführend und diskriminierend. In der Bekanntmachung der gültigen Wahlvorschläge vom 24. März 2016 wurde dieser Wahlvorschlag demzufolge auch nicht aufgeführt. Zunächst wehrte sich die abgelehnte Liste mit einer Einstweiligen Verfügung. Die scheiterte. Blieb nur der konsequent nächste Schritt: die gechasste Liste focht die Wahl anschließen an. Denn mit der Bezeichnung liege  weder eine Irreführung noch eine sittenwidrige Wahlbeeinflussung vor. Und? Hurra, das Verwaltungsgericht zog bei der Anfechtung mit. Im Unterschied zum gewerberechtlichen Wettbewerbsverbot könne eine Gruppe von Beschäftigten im Rahmen der Personalratswahl versuchen, auch mit Kennworten auf sich aufmerksam zu machen, solange die Bezeichnung nicht irreführend, diskriminierend oder sonst unzulässig sei. Dass das Kennwort in englischer Sprache gewählt wurde, mache es nicht unzulässig, denn der Begriff „simply the best“ sei als Titel eines Songs von Tina Turner allgemein bekannt. Eine Irreführung liege nicht vor, denn das Kennwort verberge nicht, wer hinter dem Wahlvorschlag stehe. Eine Diskriminierung liege nicht vor, weil mit der Bezeichnung für die wahlberechtigten Arbeitnehmer am Universitätsklinikum nicht geltend gemacht werde, dass alle anderen für die Ausübung der Personalratstätigkeit nicht geeignet seien, sondern eher eine gefühlsmäßige Selbsteinschätzung zum Ausdruck gebracht werde, die die Grenze zur Unzulässigkeit (noch) nicht überschreite, weil sie somit weder diskriminierend noch irreführend sei. Insoweit hat das VG wohl auch auf den mündigen Wähler abgestellt. Denn der wird wohl wissen, dass es sich hier nicht um ein AMTLICHES GÜTESIEGEL handelt. Ich tippe ja, dass einer oder mehrere der anderen Liste(n) im Wahlvorstand einfach nur nen Grund gesucht haben, den klasse Namen für die Liste weg zu kriegen.

In diesem Sinne:

good night und good luck!

Euer / Ihr Dr. Stephan Grundmann