Dr. Grundmann – Newsletter vom 28. April 2016

 

Gender Pay Gap – oder auch „Geschlechterfalle“ – Vormerken für 2017 – oder „Karneval und Urlaub“ – Verwaltungsgericht Berlin VG 62 K 19/15 – Die Parikom macht „dicht“ oder wird die Parikom „dicht gemacht“ – BAG 9 AZR 863/13 – „Dressed for sucecess;-) – Umkleidezeit als Arbeitszeit – BAG 1 ABR 76 / 13 – „Verändern durch (schriftliches) Anfassen – BAG 4 AZR 51/14 – Kaufe Dir einen unternehmerfreundlichen Betriebsrat und lasse es Dir nicht vorwerfen – „Is doch schon so lange her“ – ne, nicht verjährt! – Kündigung wegen sexueller Belästigung in der Vergangenheit – LAG S-Holstein – 2 Sa 235/15 – Kauf Dir einen unternehmerfreundlichen Betriebsrat und lass es Dir nicht vorwerfen – LAG Düsseldorf 9 Sa 832715  – „Dich kaufe ich nicht ein“ / der befristete BR – LAG Berlin-Brandenburg 23 Sa 1446/15 –   LAG Düsseldorf 9 Sa 832715  – Am Wochenende „ruht der Briefverkehr“ – LAG Schleswig-Holstein 2 Sa 149/15 – Die Rache ist mein“ oder: „Das hast Du nun davon“ – ArbG Aachen 2 Ca 1170/15 – Forced Ranking a la´ Jack Welch (Neutronen Welch)

 

(Amts-)Halbzeit und Prokrastination

Na, schon mal gehört? Auf gut deutsch: „Aufschieberitis“. Was wollten, was sollten wir nicht alles tun. Und schon rückt die „amtslähmende“ Wahlvorbereitung in 2017 mit RIESENSCHRITTEN näher;-). Lesen und in sich / Dich gehen

https://de.wikipedia.org/wiki/Prokrastination

Habe ich übrigens erstmalig in einer Lehrlingswerkstatt von MTU an der Wand des Ausbilders gesehen J.

Und in diesem Zusammenhang: Der Bundestag ist mal voller, mal leerer, aber immer voller Lehrer

Otto Graf Lambsdorff

Gender Pay Gap – oder auch „Geschlechterfalle“

Nicht meckern liebe Arbeitgeber, ich war dat nich. Die Frau Schwesig hat für ihr angestrebtes Gesetz „für mehr Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen“ noch mal kurz aufgezeigt, wie weit das „Entgelttal“ zwischen Männlein und Weiblein tatsächlich ist: satte 22% verdienen Frauen weniger. Selbst wenn man die Unterschiede bei der Berufswahl und die Erziehungszeiten „raus rechnet“, bleibt ein Unterschied von 8%.

Kernstück des Gesetzesvorschlags ist das Recht weiblicher Mitarbeiter, Auskunft über die (anonymisierten) Gehaltsdaten männlicher Kollegen verlangen zu dürfen – wird schwer mit der Anonymität, wenn´s nur einen Vergleichbaren gibt;-). Sodann muss der Arbeitgeber die Höhe der Entgeltleistung und die Kriterien der Einstufung offen legen. Das gilt zunächst nur für Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und den Öffentlichen Dienst. Und die Schwarzen können nicht meckern, denn die Frau Schwesig setzt nur eine Vereinbarung aus den Koalitionsverhandlungen um. Überhaupt trifft das Thema den Nerv der Masse der Mitbürger: 94% sind der Meinung, dass Geschlechtergerechtigkeit erst erreicht sei, wenn Männer und Frauen bei gleicher Tätigkeit auch den gleichen Lohn erhielten. Schwer bleibts auf jeden Fall, denn auch auf der Männerseite gibt es erhebliche Unterschiede. Es ist kein Geheimnis, dass der Markt und das Verhandlungsgeschick mitunter erhebliche Preisunterschiede verursachen.  Arbeitgeberpräsident Kramer speit: „Regelungsungetüm, rücksichtslose Symbolpolitik, überflüssige Berichtspflichten“ etc…… Lieber Herr Kramer, wer bestreitet, dass es erhebliche Lohnunterschiede gibt, kämmt sich wohl „mit dem Hammer“. Und es ist eine Binsenweisheit, dass der Mensch bequem und nicht mit einem ausgeprägten Hang zur Gerechtigkeit für andere versehen ist. Das gilt umso mehr, als es dem zur Gerechtigkeit angehaltenen an´s Portemonnaie geht. Auch haben gerade wir Erfahrung bei der gesetzlichen Pflicht zur Lohngleichbehandlung im BetrVG sammeln können (37 IV und V). Wir schaffen das – würde Angie sagen und auch das AGG wurde als „Ungetüm“ bezeichnet. Und jetzt? „Läuft“.

Vormerken für 2017 – oder „Karneval und Urlaub“ – Verwaltungsgericht Berlin VG 62 K 19/15

„Von hinten durch die Brust in´s Auge“ pflegte mein Großvater zu sagen…. Was war passiert? Das Land Berlin hat seinen Bediensteten in der Außenstelle Bonn den Rosenmontag einfach mal so gestrichen und angeordnet, dass sie künftig frei zu nehmen hätten. Dagegen rannte der Personalrat und behauptete Mitbestimmung. Schwierig, denn der Anspruch auf diesen freien Tag könnte aus betrieblicher Übung herrühren. Und was hat der BR hier zu melden? Und tatsächlich: hier bewies das Verwaltungsgericht ein hohes Maß an Pfiffigkeit: es sah durch die Streichung des freien Tages die Urlaubsplanung als berührt an. Denn einer Urlaubsgewährung bedürfe es, wenn überhaupt Dienste zu leisten seien; bei einer allgemeinen Dienstbefreiung sei das nicht der Fall. In der Bonner Außenstelle habe es aber jahrelang eine Übung zum Karneval gegeben (ca. 2002). Mmmmmh konsequent würde das doch bedeuten, dass es keine Mitbestimmung gibt, weil der Mitarbeiter (einfach so aus der Übung heraus) frei hat. Wie dem auch sei: das VG sieht Mitbestimmung, was sich zunächst noch schlicht auf den BR und die „Brauchtumstage“ übertragen lässt. Aber klasse sind die weiteren Belehrungen des Arbeitgebers, der sich (verzweifelt und juristisch neben der Spur) darauf stützen wollte, dass schließlich in Berlin auch nicht frei sei, durch das Verwaltungsgericht: Der Gleichbehandlungsgrundsatz stehe dem nicht entgegen. Zwar würden die Berliner anders behandelt als die Bonner, das sei aber sachlich gerechtfertigt. Der Karneval habe in Bonn und Berlin eine unterschiedliche Bedeutung (ach!): Während er in Bonn viele Bewohner mit Freude erfasse, werde er in Berlin weit überwiegend als rheinische Besonderheit wahrgenommen und von einigen sogar mit Unverständnis betrachtet – lol.

Die Parikom macht „dicht“ oder wird die Parikom „dicht gemacht“ – BAG 9 AZR 863/13

Gerne nehmen wir bei betrieblich vorzunehmenden und die Mitbestimmung berührenden Themen eine innerbetriebliche Lösung vor. Wollen wir es nicht der einseitigen Bewertung des Arbeitgebers überlassen, ob ein Verbesserungsvorschlag vorliegt oder wie er zu bewerten ist, ob und in welchem Umfang (Prämien-) –Ziele erreicht wurden, stellt die Einsetzung der sog. Parikom (=paritätische Kommission) einen gangbaren Lösungsweg dar. Geht das überhaupt? Ja, rechtlich steht einer solchen Lösung nichts im Wege. Diese wird aber zu einer sog. unzulässigen Schiedsabrede und ist damit unwirksam, wenn die Kommission neben der Feststellung von Tatsachen auch deren verbindliche Wirkung im Hinblick auf unbestimmte Rechtsbegriffe (rechtliche Bewertung des Ergebnisses) endgültig übertragen wird. Das lässt sich elegant umschiffen. Zumal es gerade für den Laien nicht wirklich leicht ist, den Unterschied zwischen Tatsachenfeststellung und die weitergehende von deren Verbindlichkeit für die Erfüllung von Rechtsbegriffen zu unterstellen. Um das Thema gar nicht erst aufkommen zu lassen – „hält die Klausel oder nicht“ – bietet es sich mehr als nur an, direkt rein zu schreiben. Das „gegen die Entscheidung der Parikom der Rechtsweg offen steht (gegeben ist)“. Das rettet die Klausel und führt in jedem Falle zu einer Überprüfbarkeit der Kommissionsentscheidung. In welchem Umfang?? Die Entscheidung der Parikom wird im Falle der Klage eines Mitarbeiters auf „grobe Unbilligkeit“ hin überprüft. Das Gericht schaut sich den Inhalt der Entscheidung und die Einhaltung des diesem zugrunde liegenden Verfahrens an. Verfahrensfehler sind insbesondere beachtlich, wenn sie sich auf das Ergebnis ausgewirkt haben können.

„Dressed for sucecess;-) – Umkleidezeit als Arbeitszeit – BAG 1 ABR 76 / 13

Noch so´n Thema, wo´s immer wieder hoch her geht: ist das Umkleiden Teil der (bezahlten) Arbeitszeit und damit auch mitbestimmungspflichtig? Hier hat sich das BAG mit ein paar erhellenden / selbsterklärenden Sätzen ausgelassen, die wir Ihnen hier gerne mitgeben wollen:

  1. Die Zeiten für das An- und Ablegen der Dienstkleidung in den Betriebsräumen des Arbeitgebers können ebenso zur verteilungsfähigen Arbeitszeit gehören, wie die Zeiten, die der Arbeitnehmer braucht, um in Dienstkleidung von dem Ort seines Kleidungswechsels zu seinem Arbeitsplatz zu gelangen.
  2. Umkleidezeit gehören zur vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung, wenn das Umkleiden einem fremden Bedürfnis dient und nicht zugleich ein eigenes Bedürfnis erfüllt. Das ist bei einer besonders auffälligen Dienstkleidung der Fall. An der Offenlegung seines Arbeitgebers gegenüber Dritten hat der Arbeitnehmer außerhalb seiner Arbeitszeit kein objektiv feststellbares eigenes Interesse. Zur Arbeitszeit zählt bei besonderer Auffälligkeit der Dienstkleidung auch das Zurücklegen des Weges von der Umkleide- zur Arbeitsstelle.
  3. Das Ankleiden mit vorgeschriebener Dienstkleidung ist nicht lediglich fremdnützig und damit nicht Arbeitszeit, wenn sie zu Hause angelegt und – ohne besonders auffällig zu sein – auf dem Weg zur Arbeitsstätte getragen werden kann. An der ausschließlichen Fremdnützigkeit fehlt es auch, wenn es dem Arbeitnehmer gestattet ist, eine an sich besonders auffällige Dienstkleidung außerhalb der Arbeitszeit zu tragen, und er sich entscheidet, diese nicht im Betrieb an- und abzulegen.
  4. Es handelt sich um besonders auffällige Dienstbekleidung, wenn der Arbeitnehmer im öffentlichen Raum aufgrund der Ausgestaltung seiner Kleidungsstücke ohne weiteres als Angehöriger seines Arbeitgebers erkannt werden kann. Eine solche Zuordnungsmöglichkeit besteht auch bei einer unauffälligen Farbgestaltung der Dienstbekleidung, wenn auf dieser ein Emblem oder Schriftzüge angebracht sind, die aufgrund ihrer Bekanntheit in der Öffentlichkeit mit einem bestimmten Rechtsträger oder einer Unternehmensgruppe in Verbindung gebracht werden. Hierfür kommt es – unabhängig der Schriftzüge oder Logos – nur auf deren Erkennbarkeit an.

Verändern durch (schriftliches) Anfassen – BAG 4 AZR 51/14

Zunächst mal in die Historie: Durch eine sogenannte Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag wird vereinbart, dass der (jeweilige) Tarifvertrag für den Arbeitnehmer gelten soll. Das kann ausdrücklich sein. Es kann sich aber auch aus einer Auslegung des Vertrages ergeben, dass ein solches gewollt ist. Wird im Arbeitsvertrag durch eine Allgemeine Geschäftsbedingung für die Gehaltszahlung ein bezifferter Betrag als Tarifgehalt bezeichnet, kann der Arbeitnehmer regelmäßig davon ausgehen, er werde ein Entgelt entsprechend der Entwicklung des maßgebenden Gehaltstarifvertrags erhalten. Tritt noch eine Klausel hinzu, nach der „übertarifliche Bezüge …. bei Tariferhöhungen anrechenbar“ sind., bestätigt das diese Auslegung.

Was, wenn der Arbeitgeber aus dem Verband austritt oder der neue nach einem Betriebsübergang nicht mehr tarifgebunden ist? Kommen trotzdem noch die Tariferhöhungen??

Ist der Vertrag vor dem 31.12.01 geschlossen worden, ist es vorbei. Denn diese Regelung wurde als sogenannte „Gleichstellungsabrede“ mit der Wirkung angesehen, dass die Regelung der automatischen Tariffortschreibung dann endet, wenn der Arbeitgeber aus der Tarifbindung heraus ist. Totaler Schwachsinn, is aber so…… Ist die Vereinbarung nach dem 31.12.01 geschlossen worden, hilft der Austritt aus dem Verband nicht mehr. Der Arbeitgeber bleibt an der Fortschreibung (Erhöhung) des Tarifgehalts kleben.

Was aber, wenn ein vor 02 geschlossener Vertrag nach dem 31.12.01 (an irgendeiner Stelle) verändert wurde? Kommt darauf an: ist die Bezugnahmeklausel Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung gewesen, ist die Klausel selber wie eine solche ab 02 geschlossene anzusehen.

Wir haben also bei einem Austritt des Arbeitgebers aus oder Übernahme einer neuen AG ohne TV folgende Konstellation:

  1. Verträge mit Gleichstellungsabrede vor 01 = Tüss, das war´s
  2. Verträge mit Gleichstellungsabrede nach 01= Erhöhung läuft weiter
  3. Verträge mit Gleichstellungsabrede vor 01
    mit Änderung nach 01 ohne ein Anfassen der
    Bezugnahmeklausel = bleibt beim „Tüss, das war´s“
  4. Verträge mit Gleichstellungsabrede vor 01
    mit Änderung nach 01 und Anfassen der
    Bezugnahmeklausel                                     = Erhöhung lauft wieder

„Is doch schon so lange her“ – ne, nicht verjährt! – Kündigung wegen sexueller Belästigung in der Vergangenheit – LAG S-Holstein – 2 Sa 235/15

Der Kläger war seit 93 als Abteilungsleiter im Lebensmittehandel beschäftigt. Ihm wurde im Januar 2015 mit der Begründung gekündigt, er habe ein Stück Fleisch im Werte von 0,80€ EURO verzehrt. Der wehrte sich mit der Begründung, es habe sich um eine Probe gehandelt. Da kam dem Arbeitgeber „Kommissar Zufall“ zur Hilfe: nach Ausspruch der Kündigung erfuhr dieser, dass der Kläger knapp ein Jahr zuvor eine Mitarbeiterin in einem Raum bedrängt habe, indem er sie an die Wand gedrängt, umarmt und mit den Händen über den Rücken bis zum Po gestrichen habe. Die Mitarbeiterin offenbarte sich nur der Marktleiterin, bat diese aber um Verschwiegenheit.

Zwei Probleme:

  1. Ist das nicht zu lange her? Grundsätzlich ist das egal, wie lange es her ist. Entscheidend ist der Zeitpunkt, ab dem der Arbeitgeber von dem Fehlverhalten erfährt. Und ab diesem läuft dann eine Zweiwochenfrist.
  2. Welche Rolle spielt es für die Frist, dass der Arbeitgeber doch durch die Vorgesetzte (Marktleiterin) davon hätte wissen können? An sich eine GROßE, denn der Arbeitgeber muss sich das Wissen seiner Vorgesetzten „zurechnen“ lassen. Soll heißen: was die wissen, sollen sie melden. Und ein „Nichtmelden“ wird gleichwohl als gemeldet gewertet. Damit war die Zweiwochenfrist längst um! Aber: da das Opfer um Verschwiegenheit gebeten hatte, wurde die Frist nicht in Gang gesetzt.

Pech für den Abteilungsleiter: „Die Vergangenheit hat ihn eingeholt“. Die Außerordentliche ging durch.

Und noch etwas: das LAG hat sich zu dem „Fleischdiebstahl“ dahin gehend geäußert, dass diese 80-Cent-Geschichte für sich betrachtet trotz des langjährigen Arbeitsverhältnisses zwar keine außerordentliche, aber eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt hätte. Dieses begründe sich mit der Vorgesetztenstellung des Gekündigten…..

Kauf Dir einen unternehmerfreundlichen Betriebsrat und lass es Dir nicht vorwerfen – LAG Düsseldorf 9 Sa 832715

In Deutsch und Türkisch: „behandelt uns wie Sklaven…Aushilfen werde ihre elementaren Rechte genommen…..das Unternehmen kauft sich einen unternehmerfreundlichen Betriebsrat“. Flugblätter mit diesem Inhalt hatte der Kläger angeblich zu Hauf verteilt. Nach der Beweisaufnahme kam heraus, dass lediglich die Abgabe eines Flugblatts an einen Betriebsangehörigen bewiesen werden konnte. Aber auch das hätte für den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung reichen können. Sie sehen: ob Facebook oder Flugblatt, Inhalte beleidigenden und rufschädigenden Charakters sind jobgefährdend. Gerettet hat den Mann der Umstand, dass er seit neun Jahren beschäftigt und noch nicht einschlägig abgemahnt worden war.

„Dich kaufe ich nicht ein“ / der befristete BR – LAG Berlin-Brandenburg 23 Sa 1446/15

Und immer wieder und wieder falsch! Was? Da lässt sich der / die Befristete in den BR wählen und wähnt sich so gut wie übernommen. Wie kommen die nur immer wieder darauf? Also auf den Gedanken, dass man als befristet Beschäftigter aufgrund des BR-Amts (irgendwie) den Anspruch hat, übernommen zu werden. Unser Mann war bei Amazon im befristeten Beschäftigungsverhältnis zum BR gewählt worden und begehrte nach Ablauf der Befristung eine Weiterbeschäftigung. Als ihm dieses verweigert wurde, macht er eine Benachteiligung als BR geltend und klagte auf „Entfristung“. Das ging aus wie immer in solch einem Fall: Du bekommst die Entfristung nur, wenn Du nachweisen kannst, dass sie nur deswegen nicht erfolgt, weil Du Betriebsrat bist. In diesem Falle läge tatsächlich eine Benachteiligung als BR nach § 78 BetrVG vor. ABER: Du musst es tatsächlich beweisen, nicht (nur) vermuten/unterstellen. Werden etwa alle übernommen, nur BR nicht, das wär´was. Oder gibt es sogar dazu eine konkrete Aussage, das wär´ was. Ansonsten ist die Behauptung weder die Mutter des Erfolges, noch sonst mit dem Erfolg verwandt. Welcher Kollege hat denn da geklagt…. Siehe auch meinen letzten NL: „Unzufriedenheit des Mandanten“ ;-).

Am Wochenende „ruht der Briefverkehr“ – LAG Schleswig-Holstein 2 Sa 149/15

Zum wiederholten Male in den letzten Monaten befasste sich die Gerichtsbarkeit mit der Frage des Zugangs von Kündigungen. Eine Kündigung „geht zu“, wenn sie in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist und für diesen die Möglichkeit der Kenntnisnahme besteht. Nicht unwichtig, gerade wenn die Frist bei einer außerordentlichen Kündigung (zwei Wochen), zur Vermeidung des Eingreifens von Kündigungsschutz (unter sechs Monaten) gehalten werden muss oder sich die Frage stellt, zu wann die Kündigung wirksam wird oder welche Kündigungsfrist gilt (in der Probezeit zwei Wochen, danach zunächst vier). „Gerichtliche Nachhilfe“ erhielt jetzt durch das LAG ein Kollege – ich fasse es nicht, denn der Zugang von „Willenserklärungen“, sprich auch Kündigung, ist Gegenstand der ANFÄNGERVORLESUNG!!!. Also was war passiert? Es war eine Probezeit bis zum 30.11.14 vereinbart, ein Sonntag.  Und genau an diesem Tag, nochmals: SONNTAG, lies die Kanzlei das Schereiben in den Briefkasten des Klägers werfen. Gelesen wurde das Dingen erst am Montag, also nach ABLAUF der Probezeit. Die Rechtsanwaltskanzlei meinte nun, dass man doch auch am Sonntag den Briefkasten zumindest dann zu leeren habe, wenn dann die Probezeit ablaufe und wenn auch die Kanzlei am Sonntag arbeite und auch – besonders pfiffig L – am Wochenende Wochenblätter verteilt würden, hä? Um es abzukürzen: NEIN, am Wochenende ruht der Briefkasten und was da rein schneit, kommt erst Montag an – und das über zwei Instanzen….. „Die Kinder des Schusters haben die schlechtesten Schuhe“.

„Die Rache ist mein“ oder: „Das hast Du nun davon“ – ArbG Aachen 2 Ca 1170/15

Die Klägerin war bei einem Orthopäden beschäftigt. Ihr Ehemann hatte mit diesem einen Werkvertag über Umbauarbeiten an dessen Haus und Praxi geschlossen. Nachdem es zum Streit zwischen Ehemann und Arzt – nein, nicht wegen der Frau 😉 – wegen der Umbaumaßnahmen gekommen sein soll, in dessen Verlauf – so der Arzt – der Ehemann ihn fast zur Bewusstlosigkeit geschlagen, gewürgt und getreten habe, wollte er dem Ehemann eine Kündigung übergeben. Als der sich einer Entgegennahme verwehrte, wurde die Kündigung in den Briefkasten geworfen.

Das Doofe zunächst bei dem Fall: das Kündigungsschutzgesetz fand keine Anwendung, da in der Praxis weniger als zehn Beschäftigte waren. MERKE: in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses und soweit nicht mehr als zehn Beschäftige vorhanden sind (Teilzeit nur anteilig), gilt der Grundsatz der „Kündigungsfreiheit“ oder „higher and fire“. Jeder kann in diesen Fällen jedem jederzeit kündigen. Allerdings kann auch eine an sich erlaubte Kündigung oder jedwede Rechtsausübung „unbillig“ sein. ABER: insbesondere kann auch eine Kündigung gegen Treu und Glauben verstoßen und damit unwirksam sein. Auch in Kleinbetrieben muss der Arbeitgeber (gerade unter Beachtung des Rechts der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG) ein Mindestmaß an „sozialer Rücksichtnahme“ wahren. Es geht vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Erwägungen beruhenden Kündigungen zu schützen. Der Vorwurf willkürlicher, sachfremder oder diskriminierender Kündigung scheidet aus, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Kündigung vorliegt. Den vermisste hier das Arbeitsgericht….. Jetzt können wir auf die nächste Kündigung gespannt sein und darauf, ob der Ehemann nicht noch mal zur Behandlung (des Arztes) rein schaut – autsch.

Forced Ranking a la´ Jack Welch (Neutronen Welch)

https://de.wikipedia.org/wiki/Jack_Welch

Ein legendärer (berüchtigter?) Unternehmer aus den Achtzigern, der GE wieder auf Kurs gebracht hat– fix sell or close. ….soll fad eingeführt. Das Prinzip ist einfach und schwachsinnig – egal, wie gut Dein Team ist, als Vorgesetzter hast Du immer eine bestimmte Menge als schlecht zu bewerten!!!! Ähnlich ist das Prinzip der sogenannten Kalibrierung. Auch hier gilt: zwingend sind ein Mitarbeiter in sehr gut bis schlecht nach vorgegebenen Prozentsätzen aufzuteilen. Wohin das führt? Ungerechtigkeit, Frustration, Abwanderung von Mitarbeitern – was meistens fehlt? Die Beachtung der Mitbestimmung. Denn ohne BR keine Umsetzung – §§ 87 10, 11 94.

Neueste Studien (Hay Group nach Befragung von 117 Unternehmen) belegen zudem:

Ist die finanzielle Leistung nicht groß genug (mindestens 7% des Jahresbruttos) und wird sie aufgrund subjektiv geprägter Momente („Teamfähigkeit“) nicht als ´fair empfunden, hat die Bonusleistung 0 Effekt….

Good Night & Good luck

Ihr / Euer

Dr. Stephan Grundmann