Die-Xing-Falle – LAG Köln– 12 Sa 745/16 – Der andere Arbeitsvertrag – Ist das Dein ERNST?? Arbeitszeugnis – Quer zum Zeugnistext verlaufende Unterschrift – LAG Hamm – 4 Ta 118/16 – Und mit Hilfe der Gewerkschaft geht´s auch schlimmer – Tarifliche Regelung über sachgrundlose Befristungen – BAG- 7 AZR 140/15 – Das kannst Du nicht – BR gegen BR  1 ABR 30/14 – „Ruhezeiten gelten auch für Betriebsräte“ – wer das sagt, hat´s nicht ganz verstanden….. 7 AZR 224/15Gutheit ist Dummheit oder: besser regeln vorm Ändern – BAG 7 AZR 401/14 – „Zufallsfund“ aus verdeckter (Video-)Überwachung zur Straftatenaufdeckung – Verwertung für Entscheidung über Kündigung durch das Gericht?- BAG – 1 AZR 848/15 – Echte Druckkündigung – Verursachungsbeitrag des Arbeitnehmers bei Zerwürfnis mit anderen Arbeitnehmern maßgeblich für Ausmaß notwendiger Schutzbemühungen des Arbeitgebers – LAG Baden-Württemberg – 1 Sa 14/16 – Kommen Sie doch mal bitte in mein Büro – BAG 6 AZN 376/16 – Da könnte noch was gehen – Kündigungsschutz und Massenentlassung – BAG 2 AZR 276/16 – der Trump Moment

Die-Xing-Falle – LAG Köln– 12 Sa 745/16 –

Und wieder mal was zum Auftritt in den sozialen Medien …….

Hat man mit dem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag ausgehandelt, ist auch bist zum Ablauf der Auslauffrist jede Konkurrenztätigkeit untersagt. Zulässig sind jedoch Vorbereitungshandlungen für eine nachfolgende Tätigkeit. Dies ist das Fazit eines kürzlich entschiedenen Urteils des LAG Köln. Die Berufungskammer des LAG Köln hatte entschieden, dass die Angabe „Freiberufler“ auf einem Xing Profil nicht als Konkurrenztätigkeit gewertet wird. Zumindest nicht ohne Hinzutreten weiterer Umstände.

Was heißt das aber jetzt? Folgendes war passiert:  Zwischen der Arbeitgeberin und dem Kläger bestand ein Aufhebungsvertrag. Der Kläger, der Mitarbeiter in einer Steuerberaterkanzlei war, gab auf seinem Xing Profil an als Freiberufler tätig zu sein. Gleichzeitig führte er aber weiterhin die Arbeitgeberin als aktuellen Arbeitgeber. Die Klägerin war der Meinung, dies sei eine Form von Mandantenabwerbung und falle unter die Kategorie der unerlaubten Konkurrenztätigkeit. Sie stützte ihre Auffassung auf den Nutzungszweck von Xing, welcher in erster Linie dem Aufbau von beruflichen Kontakten dient. (berufsorientierte Internetplattform)

LAG und AG als Vorinstanz entschieden beide gegen die Beklagte. Warum?

Der Kläger hatte zwar den Zusatz „Freiberufler“ ergänzt, nirgendwo aber aktiv darauf hingewiesen mit dem bisherigen Arbeitgeber in Konkurrenz zu treten. Die Beklagte wurde weiterhin offen erkennbar als Arbeitgeberin geführt. Für die Kammer entscheidend war, dass die Beklagte in keiner Form aktive Werbung für eine Konkurrenztätigkeit betrieben hat.

FÜR MICH ist entscheidend: bitte immer darüber nachdenken, wo und wie man die eigene Person öffentlich macht und welche Folgen dass haben kann – siehe auch unseren Beitrag auf der Seite Team-Arbeitsrecht unter „Aktuelles“ – Die Facebook-Falle.

Der andere Arbeitsvertrag

Wenn der Spieler während jeder Spielzeit des Vertrages nicht mehr als dreimalig vom Platz gestellt wird wegen gewalttätigen Verhaltens, Anspuckens eines Gegners oder einer anderen personenbeleidigenden oder ausfallenden Sprache und / oder gestern und/ oder Widerreden mit Worten oder Gesten, dann bekommt er jeweils zum Saisonende eine Bonuszahlung von 1 Millionen Pfund (Balotelli, FC Liverpool). Der Kongolese Guie Mien lies sich vertraglich beim Wechsel zu Eintracht Frankfurt einen Kochkurs für seine Frau zusichern….. Die Arminia versprach dem Stürmer Reina für jedes erfüllte Vertragsjahr ein Haus! Na, was fehlte?? Natürlich: was für eins??? Also endete der Streit in einer Abfindung. Ronaldinho – andere Liga – ließ sich bei Mineiro das Recht auf zwei Mal die Woche abends Party machen zusichern.

Ist das Dein Ernst?? Arbeitszeugnis – Quer zum Zeugnistext verlaufende Unterschrift – LAG Hamm – 4 Ta 118/16 –

Das Zeugnis ist – halt dich fest – in § 109 Gewerbeordnung geregelt. Die Erteilung eines Arbeitszeugnisses unterliegt der gesetzlichen Schriftform. Die Unterschrift muss in der Weise erfolgen, wie der Unterzeichner auch sonst wichtige betriebliche Dokumente unterzeichnet. Weicht der Namenszug hiervon ab, liegt lediglich ein Handzeichen vor, das nach § 126 Abs. 1 BGB der notariellen Beglaubigung oder nach § 129 Abs. 2 BGB der notariellen Beurkundung bedarf. Es bleibt offen, ob Arbeitszeugnisse unter diesen Voraussetzungen wirksam mit einem Handzeichen unterzeichnet werden können.

Eine quer zum Zeugnistext verlaufende Unterschrift begründet regelmäßig Zweifel an dessen Ernsthaftigkeit und verstößt damit gegen § 109 Abs. 2 S. 2 GewO. Dabei kommt es nicht auf die subjektive Zwecksetzung des Unterzeichnenden an, sondern was die „Verkehrsanschauung“ von dergleichen Unterschrift hält.

Was ich davon halte, dass man deswegen sogar ein Arbeitsgerichtsverfahren über zwei Instanzen führen muss, spare ich mir jetzt mal.

Und mit Hilfe der Gewerkschaft geht´s auch schlimmer – Tarifliche Regelung über sachgrundlose Befristungen – BAG- 7 AZR 140/15 –

Was Viele nicht wissen: durch Tarifvertrag kann die Maximaldauer der sachgrundlose Befristung und deren Höchstzahl in diesem Rahmen verändert werden, § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG. Sollte man das machen? Neeee! Aber wenn die Gewerkschaft davon doch schon Gebrauch macht, sollte sie nicht wenigstens nur  zurückhaltend erweitern und wo ist die echte Grenze für die Erweiterung?

Der durch § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG eröffnete Gestaltungsrahmen der Tarifvertragsparteien ermöglicht nur Regelungen, durch die die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Werte für die Höchstdauer eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags und die Anzahl der möglichen Vertragsverlängerungen nicht um mehr als das Dreifache überschritten werden. Also Normalfall lt Gesetz 2 Jahre.

Daher sagt das BAG: Eine tarifliche Regelung, die die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen bis zu einer Gesamtdauer von fünf Jahren bei fünfmaliger Verlängerungsmöglichkeit zulässt, ist wirksam. Eine solche Regelung verstößt nicht gegen verfassungs- oder unionsrechtliche Schranken und ist von der den Tarifvertragsparteien durch § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG eröffneten Regelungsbefugnis gedeckt. Na toll!!!! Heißt es nicht immer von Gewerkschaftsseite: „Befristung ist schlimm und schafft prekäre Arbeitsverhältnisse“? …… Aber das sind wir dabei….

Das kannst Du nicht – BR gegen BR  1 ABR 30/14

Die Mehrheit des Betriebsrats stellt die Liste „IG Metall“. Diese beschloss die zusätzliche Einsetzung von sog. Beauftragten (NEBEN dem BR) des Betriebsrats, die die Kommunikation zwischen Betriebsrat und Belegschaft sicher stellen sollten (macht das nicht der BR selber). Die Abstimmung erfolgte dergestalt, dass zunächst die Nein-Stimmen, dann die Enthaltungen abgefragt wurden. Die verbleibenden Stimmen wurden ohne weitere Abstimmung als Ja-Stimmen gewertet. Die sich dagegen verwehrenden BR-Mitglieder – nicht die IG Metall Liste … – trugen vor, dass diese „Substraktionsmethode“ unzulässig sei. Sie sei betriebsverfassungswidrig und mit allgemeinen demokratischen Grundsätzen nicht vereinbar. Erforderlich sei ein „aktives und positives Bekenntnis zur Annahme“ eines Antrags. Das ArbG Stuttgart und das LAG BaWü haben die Anträge abgewiesen.

Nun das BAG: KEINE ANTRAGSBEFUGNIS!!! MaW kann der Prozess nicht geführt werden. Die Prozessführungsbefugnis ist nur gegeben, wenn der Antragsteller durch die begehrte Entscheidung in seiner konkreten betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition betroffen sein kann. Einzelne BR können weder die Unwirksamkeit eines Beschlusses noch die  Rechtswidrigkeit von Handlungen unabhängig von einem Eingriff in die eigene betriebsverfassungsrechtliche Rechtsposition geltend machen. Bei einer solchen Binnenstreitigkeit gehe es nicht um Individualrechte, sondern um Kompetenzen oder Rechte, die dem BR als Gremium oder einzelnen BR kraft Gesetzes zugewiesen sind. Verletzt demnach ein Beschluss nicht die Rechte eines einzelnen BR-Mitglieds, kann weder das Verfahren noch das Ergebnis der Abstimmung gerichtlich überprüft werden. Solche Rechte können beispielsweise sein: Sitzungsteilnahme, Rederecht, Stimmabgabe. Eine allgemeine Rüge von Verfahren (Popularklage) gibt es nicht. Also kann die (in diesem Fall) Metaller-Mehrheit so weiter machen……

„Ruhezeiten gelten auch für Betriebsräte“ – wer das sagt, hat´s nicht ganz verstanden….. 7 AZR 224/15

Der Kläger ist Betriebsratsmitglied und arbeitet im Dreischichtbetrieb. Er war in der Nacht vom 16. Juli auf den 17. Juli 2013 für die Nachtschicht von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr bei einer Pause von 2:30 Uhr bis 3:00 Uhr eingeteilt. Am Folgetag 2013 nahm er von 13:00 Uhr bis 15:30 Uhr an einer Betriebsratssitzung teil. Mit Rücksicht auf diese Betriebsratssitzung stellte er in der vorherigen Nachtschicht seine Arbeit schon um 2:30 Uhr ein. Ihm wurde für diese Nachtschicht von der beklagten Arbeitgeberin nur der Zeitraum bis 3:00 Uhr auf seinem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben. Mit der vorliegenden Klage hat der Betriebsrat u.a. die Gutschrift der beiden weiteren Stunden von 3:00 Uhr bis 5:00 Uhr verlangt (toller Streitwert für das Anwaltssalär). Die Klage hatte vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) – ebenso wie zuvor beim Landesarbeitsgericht Hamm – Erfolg. Entscheidend ist aber – und das bitte hinter die Ohren schreiben, dass es nicht um die Einhaltung der „Ruhezeit“ nach dem Arbeitszeitgesetz ging!

Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind Mitglieder des Betriebsrats auch dann von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung ihres Arbeitsentgelts zu befreien, wenn eine außerhalb der Arbeitszeit liegende erforderliche Betriebsratstätigkeit die Arbeitsleistung unmöglich oder unzumutbar gemacht hat. Vorliegend war dem Kläger die Erbringung der Arbeitsleistung am 17. Juli 2013 jedenfalls ab 3:00 Uhr wegen der um 13:00 Uhr beginnenden Betriebsratssitzung unzumutbar, weil ihm bei Fortsetzung seiner Arbeit zwischen den Arbeitsschichten keine durchgehende Erholungszeit zur Verfügung gestanden hätte.

Nach § 5 Abs. 1 ArbZG ist dem Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von elf Stunden zu gewähren. Es kann dahinstehen, ob die Zeit der Erbringung von Betriebsratstätigkeit Arbeitszeit i.S.v. § 2 Abs. 1 ArbZG ist und § 5 Abs. 1 ArbZG deshalb Anwendung findet – eeeeeben, sagt das BAG „kann dahinstehen“. MaW ist das also für die Entscheidung egal. Jedenfalls ist bei der Beurteilung, ob dem Betriebsratsmitglied in einer solchen Situation die Fortsetzung der Arbeit in der Nachtschicht wegen der bevorstehenden Betriebsratstätigkeit unzumutbar ist, die Wertung des § 5 Abs. 1 ArbZG zu berücksichtigen. Also als Maßstab für Frage der „Unzumutbarkeit“ wurde das ArbZG heran gezogen. Es spricht viel dafür, dass eine so kurze Unterbrechung – wie sie hier bei normaler Arbeitsdurchführung bestanden hätte – zwischen Arbeit und BR-Tätigkeit nicht richtig und deshalb der Mitarbeiter zu bezahlen ist. Klare Worte wären besser gewesen und dann hätte man mit dem ArbZG auch bei der BR-Arbeit „arbeiten“ können. Stattdessen nur die Wertung des ArbZG heran zu ziehen, schafft leider keine Rechtssicherheit. Aber man wollte eben nicht daran und hat sich mit der „Krücke“ beholfen. Und ganz ehrlich? Wer schon mal im BR gesessen hat weiß: das ist ein hartes Stück Arbeit….. Parallelen zu unserem Fall finden sich bestimmt, z.B. späte Heimkehr von der Sitzung, insbesondere vom GBR oder KBR. Auch hier könnten Erholungsphasen ausgleichspflichtig sein. Mal schauen, was jetzt so in der Rechtsprechung passiert.

Gutheit ist Dummheit oder: besser regeln vorm Ändern – BAG 7 AZR 401/14

Der Betriebsrat verrichtete in der Logistik einen Teil seiner Arbeit zur Nachtzeit, womit er entsprechende Zuschläge erhielt (55%). Nach seiner Wahl zum BR-Vorsitzenden vereinbarte man einvernehmlich, dass der Arbeitsbeginn künftig um 6.00 sein und er täglich in der Zeit von 11-00 bis 14.30 BR-Arbeit verrichten sollte.

Nun begehrt er weiterhin die Nachtzuschläge. Schließlich seien die wegen der BR – Arbeit ausgefallen. Und da für den BR das Lohnausfallprinzip gelte. Er also wegen der BR-Arbeit finanziell nicht schlechter gestellt sein dürfte, müsse er die weiter bekommen. Stimmt´s??? Klingt richtig und auf den ersten Sitz hätte ich den Kollegen „vorne“ gesehen. ABER: Das Lohnausfallprinzip funktioniert so, dass dem Betriebsratsmitglied das Arbeitsentgelt weiterzuzahlen ist, das es verdient hätte, wenn es keine Betriebsratstätigkeit geleistet, sondern gearbeitet hätte. Jetzt muss man verstehen, dass das nach Ansicht des BAG´s so gemeint ist, dass es bei den Zuschlägen tatsächlich um einen Vergleich der realen Arbeitszeiten BR vs nicht BR geht. Seine BR-Tätigkeit war von 11-14.00 Uhr – da gibt’s keine Zuschläge. Aber er verzichtet doch auf die Zuschlagsarbeitszeit, um BR machen zu können. Schließlich ist die Kundschaft – Wahlvolk in der Masse während der o.g. BR Zeit da??

Nochmals: das sieht das BAG so nicht. Nicht, was Du wegen BR nicht mehr bekommst ist entscheidend, sondern ob Du bei gleichbleibender Arbeit weiter das Gleiche bekommst. Durch die einvernehmliche Arbeitszeitverschiebung ist keine Nachtschicht mehr da, die es auszugleichen gilt…..

Da müssen sich jetzt aber ne Menge ehemals Schicht arbeitende BR warm anziehen. Denn meines Wissens nach ist es in der Praxis so, dass ein Weggang aus der Schicht und die BR Arbeit außerhalb der Schichten immer auch die Schichtzulagen gezahlt werden. Den Anspruch sieht das BAG auch weiterhin für voll frei gestellte BR…..

Aber ist das keine Schlechterstellung wegen BR und damit ein Verstoß gegen § 78 BetrVG?? Nein, so ganz stumpf das BAG. Denn schließlich wird aufgrund einvernehmlicher Verschiebung keine Nachtarbeit geleistet.

ABER, ABER würde ich sagen: der verschiebt doch seine Arbeitszeiten nicht aus Jux und Dollerei, er macht das doch, damit er vernünftig BR-Arbeit leisten kann. Tja, das kann er ja auch, indem er einfach seine Schichten wie gehabt macht und dann aus „betrieblichen Gründen“, 37 III BetrVG außerhalb der Arbeitszeit BR – Arbeit macht.

Also das Urteil ist schon ein wenig praxisfern…..

„Zufallsfund“ aus verdeckter (Video-)Überwachung zur Straftatenaufdeckung – Verwertung für Entscheidung über Kündigung durch das Gericht?- BAG – 1 AZR 848/15

Schon massiv von mir eingekürzt, immer noch lang, aber lesenswert.

DREI Lehren aus Nachstehendem:

  1. AUCH kleine Diebstähle reichen als Kündigungsgrund,
  2. Wo auch immer der Beweis her kommt: erst nach umfassender Abwägung entscheidet das Gericht über dessen Verwertung
  3. Fehlende Mitbestimmung oder Missachtung der Regelungen des BetrVG´s stehen dem nicht entgegen.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung. Die Beklagte ist ein Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels. Die Klägerin war bei ihr seit November 1998, zuletzt als stellvertretende Filialleiterin, beschäftigt. Sie war überwiegend als Kassiererin eingesetzt. Die Beklagte stellte im Oktober 2013 für die Beschäftigungsfiliale der Klägerin einen Inventurverlust in den Warengruppen Tabak/Zigaretten und „Nonfood“ in Höhe von mehr als des Zehnfachen im Verhältnis zur vorausgegangenen Inventur fest. Die Ergebnisse von daraufhin durchgeführten Recherchen ließen aus ihrer Sicht nur den Schluss zu, dass der Verlust vom Personal zu verantworten sei. Weitere Kontroll- und Revisionsmaßnahmen sowie die Überprüfung der Mitarbeiter durch Taschenkontrollen führten nicht zur Aufklärung. Die Beklagte beantragte daraufhin beim Betriebsrat die Durchführung einer verdeckten Videoüberwachung im Kassenbereich im Zeitraum vom 15. bis 29. Dezember 2013 zum Zwecke der „Aufklärung von Straftaten zu Lasten [ua. der Beklagten]“. Als „Grund“ gab sie „Diebstahl Zigaretten/NF“ an, wobei sich die Videoüberwachung gegen die Mitarbeiterinnen D und M richten solle. Der Betriebsrat stimmte der beabsichtigten Videoüberwachung zu. Die Filiale wurde unabhängig davon auch insgesamt offen videoüberwacht. An ihren Zugängen befanden sich entsprechende Hinweisschilder. Einer Videosequenz der verdeckten Überwachung des Kassenbereichs vom 18. Dezember 2013 war zu entnehmen, dass die Klägerin eine dort befindliche „Musterpfandflasche“ über den Scanner gezogen, eine Leergutregistrierung durchgeführt, die Kassenlade geöffnet und Geld aus der Kassenlade genommen hatte, welches sie zunächst im Kassenbereich abgelegt und zu einem späteren Zeitpunkt in ihre Tasche gesteckt hatte. Der von ihr erstellte Kassenbon wies eine Pfandbarauszahlung iHv. 3,25 Euro für 13 Pfandflaschen bzw. -dosen aus.

Die Manipulation eines Kassenvorgangs zum Zweck, sich selbst auf Kosten des Arbeitgebers zu bereichern, ist „an sich“ geeignet, einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB zu bilden. Das gilt unabhängig von der Höhe eines dem Arbeitgeber durch die Pflichtverletzung entstandenen Schadens. Das Landesarbeitsgericht hat bei der Interessenabwägung ohne Rechtsfehler angenommen, die langjährige unbeanstandete Beschäftigung der Klägerin in der Vergangenheit vermöge den eingetretenen Vertrauensverlust im Ergebnis nicht aufzuwiegen. Dabei hat es in seine Würdigung auch einbezogen, dass der Schaden mit 3,25 Euro relativ gering sei. Es hat jedoch zutreffend zu Lasten der Klägerin berücksichtigt, dass sie sich nach seinen Feststellungen bewusst, heimlich und durch eine gezielte Manipulation der Kassenvorgänge auf Kosten der Beklagten bereichert habe. Der dadurch bewirkte Vertrauensbruch wiegt bei einer stellvertretenden Filialleiterin und Kassiererin besonders schwer.

War die Beweisführung durch das Video erlaubt?

Ein Sachvortrags- oder Beweisverwertungsverbot wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einer Partei kann sich im arbeitsgerichtlichen Verfahren allein aus der Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung des Prozessrechts ergeben. Weder die Zivilprozessordnung noch das Arbeitsgerichtsgesetz enthalten Vorschriften zur prozessualen Verwertbarkeit rechtswidrig erlangter Erkenntnisse oder Beweise.

Die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) über die Anforderungen an eine zulässige Datenverarbeitung begrenzen nicht die Zulässigkeit von Parteivorbringen und seine Verwertung im Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen. Dessen Normen konkretisieren und aktualisieren zwar den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen Bild (§ 1 Abs. 1 BDSG). Sie regeln, in welchem Umfang im Anwendungsbereich des Gesetzes Eingriffe durch öffentliche oder nichtöffentliche Stellen iSd. § 1 Abs. 2 BDSG in diese Rechtspositionen zulässig sind, sehen Informations- und Auskunftsansprüche der Betroffenen (§§ 19, 19a, 33, 34 BDSG) sowie Ansprüche auf Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten (§§ 20, 35 BDSG) vor und normieren Tatbestände, in denen Verstöße eine Ordnungswidrigkeit oder gar Straftat darstellen (§§ 43, 44 BDSG). Sie ordnen für sich genommen jedoch nicht an, dass unter ihrer Missachtung gewonnene Erkenntnisse oder Beweismittel bei der Feststellung des Tatbestands im arbeitsgerichtlichen Verfahren vom Gericht nicht berücksichtigt werden dürften. Das bestätigt auch ein Umkehrschluss aus § 1 Abs. 4 BDSG. Nach dieser Bestimmung gehen die Vorschriften des Gesetzes (lediglich) denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes „bei der Ermittlung des Sachverhalts“ vor. Ein Beweisverwertungsverbot oder ein Verbot, selbst unstreitigen Sachvortrag zu verwerten, kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn dies aufgrund einer verfassungsrechtlich geschützten Position einer Prozesspartei zwingend geboten ist. Das Gericht hat deshalb zu prüfen, ob die Verwertung von heimlich beschafften persönlichen Daten und Erkenntnissen, die sich aus diesen Daten ergeben, mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vereinbar ist.

Greift die prozessuale Verwertung eines Beweismittels in das allgemeine Persönlichkeitsrecht einer Prozesspartei ein, überwiegt das Interesse an seiner Verwertung und der Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege das Interesse am Schutz dieses Grundrechts nur dann, wenn weitere, über das schlichte Beweisinteresse hinausgehende Aspekte hinzutreten. Das Interesse, sich ein Beweismittel zu sichern, reicht für sich allein nicht aus. Vielmehr muss sich gerade diese Art der Informationsbeschaffung und Beweiserhebung als gerechtfertigt erweisen. Ein Beweisverwertungsverbot wegen eines ungerechtfertigten Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst dabei nicht nur das unrechtmäßig erlangte Beweismittel selbst, hier ggf. eine In-Augenscheinnahme der Videoaufzeichnungen, sondern auch dessen mittelbare Verwertung wie etwa die Vernehmung eines Zeugen über den Inhalt des Bildmaterials.

Eingriffe in das Recht der Arbeitnehmer am eigenen Bild durch verdeckte Videoüberwachung sind dann zulässig, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ergebnislos ausgeschöpft sind, die verdeckte Videoüberwachung damit das praktisch einzig verbleibende Mittel darstellt und sie insgesamt nicht unverhältnismäßig ist. Der Verdacht muss sich in Bezug auf eine konkrete strafbare Handlung oder andere schwere Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers gegen einen zumindest räumlich und funktional abgrenzbaren Kreis von Arbeitnehmern richten.

Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, ein anderes, milderes Mittel zur Aufklärung des fraglichen Verdachts habe nicht mehr zur Verfügung gestanden.

Eine verdeckte Videoüberwachung zur Aufdeckung von Straftaten von Beschäftigten darf nicht nur dann erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass von ihr ausschließlich Arbeitnehmer betroffen sind, hinsichtlich derer es bereits einen konkretisierten Verdacht gibt. Etwas anderes folgt auch nicht aus § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG. Soweit der Wortlaut der Bestimmung ein anderes Verständnis nahelegen könnte, ist er „verunglückt“. Die Regelung sollte – wie ausgeführt – die von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze des Datenschutzes im Beschäftigungsverhältnis nicht ändern. Die Bestimmung orientiert sich vielmehr inhaltlich an den Anforderungen, die das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil zur verdeckten Überwachung von Beschäftigten aufgestellt hat. Danach muss zwar der Kreis der Verdächtigen möglichst eingegrenzt sein, es ist aber nicht zwingend notwendig, dass eine Überwachungsmaßnahme in der Weise beschränkt werden kann, dass von ihr ausschließlich Personen erfasst werden, bezüglich derer bereits ein konkretisierter Verdacht besteht. Die Klägerin hat auch nicht etwa gerügt, das Landesarbeitsgericht habe tatsächliches Vorbringen übergangen, aus dem sich ergeben hätte, dass es ebenso gut möglich gewesen wäre, die Überwachung des Kassenbereichs ausschließlich bezogen auf die des Diebstahls verdächtigten Mitarbeiterinnen durchzuführen. Der Rechtmäßigkeit der Videoüberwachungsmaßnahme steht damit nicht entgegen, dass sie in Bezug auf die Klägerin anlasslos war. Gab es kein milderes Mittel zur Aufklärung des bestehenden Diebstahlsverdachts gegen andere Mitarbeiterinnen als die konkret durchgeführte Überwachung, war der Eingriff – auch – in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin gerechtfertigt. Eine Dokumentation des Verdachts verlangt § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG ebenfalls lediglich insoweit, wie eine Maßnahme „zur“ Aufdeckung von Straftaten erfolgt.

Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, ein Verwertungsverbot habe auch dann nicht bestanden, wenn der Betriebsrat bei der Auswertung der Videosequenz nicht beteiligt gewesen sein sollte. Selbst wenn die Videoüberwachung gänzlich ohne seine Mitbestimmung erfolgt wäre, er aber – wie hier – einer auf die erlangten Erkenntnisse gestützten Kündigung zugestimmt hat, verlangte die Missachtung seines Mitbestimmungsrechts dies nicht. Der Schutzzweck von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG und § 77 BetrVG gebietet ein solches Verwertungsverbot jedenfalls dann nicht, wenn die Verwertung der Information bzw. des Beweismittels nach allgemeinen Grundsätzen zulässig ist. Der Sinn von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG besteht u.a. darin, Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Arbeitnehmer durch bestimmte Verhaltenskontrollen nur bei gleichberechtigter Mitbestimmung des Betriebsrats zuzulassen. Es geht um einen kollektiv-rechtlich vermittelten Schutz der Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer. Soweit der Schutz der Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer betroffen ist, sind die Schutzzwecke der Norm und die zivilprozessualen Grundsätze über ein mögliches (Beweis-)Verwertungsverbot identisch. Ist demnach eine Informations- bzw. Beweisverwertung nach allgemeinen Grundsätzen zulässig, besteht grundsätzlich auch kein darüber hinausgehendes Verwertungsverbot bei Missachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats oder bei einer nicht ausreichenden Einhaltung eines betriebsverfassungsrechtlichen Verfahrens.

Echte Druckkündigung – Verursachungsbeitrag des Arbeitnehmers bei Zerwürfnis mit anderen Arbeitnehmern maßgeblich für Ausmaß notwendiger Schutzbemühungen des Arbeitgebers – LAG Baden-Württemberg – 1 Sa 14/16

Im Fall einer echten Druck(änderungs)kündigung (hierzu zuletzt BAG 18. Juli 2013 – 6 AZR 420/12) ist das Ausmaß der Bemühungen des Arbeitgebers, sich schützend vor den Arbeitnehmer zu stellen, auch davon abhängig, in welchem Umfang der Arbeitnehmer zu dem eingetretenen tiefgreifenden Zerwürfnis mit anderen Arbeitnehmer und Dritten einen Verursachungsbeitrag geleistet hat (im Streitfall: Weigerung von Schlachthofbetreibern, Lohnschlachtgruppen und Amtstierärzten, mit einer bestimmten, in der Fleischbeschau eingesetzten Tierärztin weiter zusammenzuarbeiten). Unsere Klägerin hatte für die Durchführung von über 20 Straf- und Bußgeldverfahren Verfahren gegen Kunden, die alle eingestellt wurden, gesorgt….eine Mediation hatte keinen Erfolg. Zuletzt legte die Klägerin eine Fachaufsichtsbeschwerde beim Regierungspräsidium gegen das Vetrinäramt ein. Das Amt habe schwerwiegende Missstände (bei ihrer Arbeitgeberin) toleriert und die Tierärzte nicht ausreichend unterstützt.

In einer weiteren Mediation wurde vereinbart, dass über die Gespräche keine Protokolle geführt werden, um die Vertraulichkeit und Unbefangenheit der Gesprächsführung zu gewährleisten. Im Rahmen der Klage legt die Klägerin eine sechsseitige Zusammenfassung der Mediationsgespräche vor. Auch auf Aufforderung des Arbeitgebers legte sie dem Arbeitgeber gehörende Schlachtprotokolle nicht vor. Im Klageverfahren übersandet sie sodann 13 Aktenordner…

Schließlich weigerten sich sämtliche Mitarbeiter der Arbeitgeberin und AUCH alle Mitarbeiterinnen der Kunden ihre Arbeit aufzunehmen, so lange die Klägerin arbeite. Die zwei Großkunden hatten ihr bereits Hausverbot erteilt.

In diesem Falle ist eine sog. Druckkündigung zulässig. Der Arbeitgeber muss zuvor alles ihm Mögliche getan haben, um die Kündigung abzuwenden. Ist sie das letzte Mittel, um Schaden abzuwehren, auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der zu Kündigende selbst einen Beitrag in vorwerfbarer Weise geleistet hat, dann ist sie gerechtfertigt….

Kommen Sie doch mal bitte in mein Büro – BAG 6 AZN 376/16

Auf der einen Seite mag es ungewöhnlich erscheinen, dem scheinbar im Unrecht Stehenden auch noch Rechte zu geben, auf der anderen Seite steht das Unrecht erst fest, wenn alle verfahrensrechtlichen Vorgaben im Rechtstaat eingehalten wurden. So kann sich natürlich der im Unrecht stehende Recht holen, auch wenn man geneigt ist, bei äußerer Betrachtung nicht das Gleiche gewähren zu wollen, wie dem richtig Handelnden. Mit anderen Worten: egal wie groß der Vorwurf ist, so muss trotzdem rechtlich sauber gearbeitet werden. Unserem Kläger war wegen des Vorwurfs mannigfaltigen Diebstahls gekündigt worden. In der Verhandlung wurden Videos gezeigt, auf welchen die Entwendung von Brezeln und Croissants zu sehen war. Ein weiteres, auf einem USB-Stick gespeichertes Video, auf welchem zu sehen ist, dass der Kläger Schokolade entwendet, wurde unter Anwesenheit aller Verfahrensbeteiligten im Dienstzimmer des Vorsitzende Richters in Augenschein genommen. Nachdem der Kläger gewonnen hatte – ach schau an…., landete man schließlich beim BAG, welches der Beklagten das Recht zusprach, dass das LAG erneut verhandeln muss. Grund: Verletzung des Grundsatzes der Öffentlichkeit der Verhandlung. Die Beweisaufnahme ist Teil der Verhandlung. Findet diese nicht im Gerichtssaal statt, müssen Ort und Zeitpunkt der Verhandlung in öfftl Sitzung verkündet und durch einen Hinweis am Gerichtssaal bekannt gemacht werden. Also DARF das LAG die gesamte Beweisaufnahme nochmals durch führen…. Dass dabei nun was anderes heraus kommt…., eher nicht. Aber wie gesagt: das ist kein dummer Formalismus oder dt Gerichtskorinthentum. Man kann nicht die Einhaltung Regelungen an der Frage der Sinnhaftigkeit im Einzelfall fest machen. Und so bekommt der Beklagte noch ne Chance (evtl war der Beklagtenvertreter sauer weil er das Verfahren verlor? Man weiß es nicht;-) ).

Da könnte noch was gehen – Kündigungsschutz und Massenentlassung – BAG 2 AZR 276/16

Der einzige Auftraggeber für Passagedienstleistungen am Flughafen kündigte dem Arbeitgeber. Dieser leitet darauf hin ein Verfahren zur Massenentlassung – lies § 17 KSchG – ein. Dafür muss vor der Erstattung einer sog Massenentlassungsanzeige gegenüber der Agentur für Arbeit ( § 17 I iVm III KSchG) bei Vorhandensein eines BR´s ein sog Konsultationsverfahren durchgeführt werden. Ist dieses fehlerhaft durchgeführt worden, sind anschließende Kündigungen allein deswegen fehlerhaft und unwirksam (wegen Gesetzesverstoßes, § 134 BGB).

Dem Betriebsrat sind insbesondere alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen, damit dieser auf den arbeitgeberseitigen Entschluss der Kündigung (Teil-Schließung) einwirken zu können.

Im entschiedenen Fall war das Verfahren schon fehlerhaft, weil der Arbeitgeber in der Anzeige gegenüber der Agentur den Stand der Beratungen mit dem BR nicht korrekt dargelegt hatte.

Der Trump Moment

Ich möchte ein Mutter-Einhorn mit ganz viel Sternchen und Glitzer sein und Flügel und Herzchen überall

Lilou Grundmann, 3 Jahre alt—- da machste nix;-)

https://www.youtube.com/watch?v=cKZp-V1Uwtk

https://www.youtube.com/watch?v=yosAVMB47-Y

Good Night & Good Luck

Ihr, Euer Dr. Stephan Grundmann