Die Macron-Merde oder: Der Franzos´ ist naturrabiat – Der geile Tausch: zwei Sack Babynahrung und Waschpulver gegen 115k oder Catch me if you can….– LAG Hamm – 17 Sa 1540/16 – „Ab jetzt springst Du gefälligst“ – LAG Düsseldorf 12 TaBV 34/17 – Der Sonderkündigungsschutz gilt nicht bei gleichem Grund. Oder: hilft nach erster Kündigung der Wechsel im Schutz erneut? – BAG 2 AZR 14/17 – Das muss da rein! Oder was entspricht dem (Zeugnis-) Brauch?? LAG Düsseldorf – 12 Sa 936/16 – Mehrfache Befristung nach längerer Arbeitslosigkeit für Arbeitnehmer über 52 Jahren ist unionsrechtswidrig ArbG Köln – 9 Ca 4675/17 – Mini-Jobber = Mini-Arbeitnehmerqualität – LAG München, 13.01.2016 – 10 Sa 544/15 – „Das bisschen Auswertung“ oder was muss ich an Kontrolle NICHT ertragen? BAG – 1 ABR 46/15 – Tod eines Handlungsreisenden oder: Tod auf der Reise als Arbeitsunfall – Bayrisches Landessozialgericht L.3 U 52/15 – Gutheit ist Dummheit oder was machen die Finger in der Säge?? – Sozialgericht Heilbronn – S 8 U 1443/17 –
Die Macron-Merde oder: Der Franzos´ ist naturrabiat!
Brennende LKW, verprügelte Kollegen aus Anrainerstaaten, eingesperrte und gar eingemauerte Chef´s; Da denkt man doch: „Ja, der Franzos´, der ist bis ins Mark organisiert und der gewerkschaftliche Arbeitgeberfresser schlechthin. Weit gefehlt! Weder gibt’s den Mitgliedsausweis mit der Geburt noch mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages – gibt’s nur im VW-Konzern – noch mit dem ersten Streik. Der Franzos´ braucht keine Gewerkschaft, der macht einfach mal. Tatsächlich – auch ich war überrascht:
Der durchschnittliche Anteil der Gewerkschaftsmitglieder in der Europäischen Union insgesamt, gewichtet nach den Arbeitnehmerzahlen in den einzelnen Mitgliedstaaten, beträgt 23 %. Der Organisationsgrad in Europa reicht von 74 % in Finnland, 70 % in Schweden und 67 % in Dänemark (liegt zum Teil wohl daran, dass das Arbeitslosengeld und andere soziale Leistungen in der Regel von den Gewerkschaften ausgezahlt werden) bis 18% in Deutschland und 8 % in Frankreich. Also ist der Staat mit den größten Radikalisten gleichzeitig der, der die wenigsten Organisierten hat.
In Frankreich geht es aktuell darum, dass die Rechte der künftigen, nur der künftigen, Bahnmitarbeiter beschränkt werde sollen. Angesichts des Umstands, dass die Bahn in Frankreich mit 25 Milliarden verschuldet ist, Bahnmitarbeiter einen beamtenähnlichen Status genießen und ZEHN Jahre eher in Rente gehen können, ist eine zukunftsbe-zogenen Änderung gar nicht sooooo dumm.
Übrigens auf 1000 deutsche Arbeitnehmer kommen pro Jahr sieben Streiktage, in Frankreich 123!!!
Der geile Tausch: Zwei Sack Babynahrung und Waschpulver gegen 115k oder Catch me if you can….– LAG Hamm – 17 Sa 1540/16
Neulich in der Herner Sparkasse: Die als Kassiererin eingesetzte Sparkassenangestellte hatte gegen 9.40 Uhr von einem Geldtransportdienst einen verplombten Geldkoffer der Bundesbank angenommen. Darin sollte sich ein Geldbetrag in Höhe von 115.000 Euro ausschließlich in 50-Euro-Scheinen befinden. Diesen hatte die Angestellte am Vortag selbst angefordert.
Nachdem der Koffer rund 20 Minuten im nur teilweise einsehbaren Kassenbereich – wo sich die Angestellte zur fraglichen Zeit allein aufhielt – gestanden hatte, öffnete sie diesen unter Verletzung des von der Sparkasse vorgegebenen Vier-Augen-Prinzips allein. Sodann rief sie einen Kollegen hinzu, der im Koffer je eine Packung Waschpulver und Babynahrung, aber kein Bargeld erblickte.
Sie gab an, den Koffer nach dem Aufbrechen der Plombe mit diesem Inhalt vorgefunden zu haben. Nach eigenen Aufklärungsbemühungen sowie Ermittlungsmaßnahmen der Polizei und der Staatsanwaltschaft kündigte die Sparkasse der Angestellten am 19. April 2016 fristlos.
Sie begründet die Kündigung im Wesentlichen damit, dass gegen die Mitarbeiterin der dringende Verdacht einer Straftat zu ihrem Nachteil bestehe. Dafür sprächen zahlreiche Indizien, insbesondere auffällige finanzielle Transaktionen, welche die Mitarbeiterin nach dem Abhandenkommen des Geldes getätigt habe. Auch habe die Mitarbeiterin für eine Bestellung eines derart hohen, entsprechend gestückelten Bargeldbetrages keinen sachlichen Anlass gehabt.
Die Frau wollte ihre Kündigung indes nicht hinnehmen und reichte Kündigungsschutz-klage beim Arbeitsgericht ein. Dieses gab ihr Recht. Auf die von ihrer Arbeitgeberin eingelegte Berufung hin bestätigte das LAG diese Entscheidung. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts fehlte es bereits an er „hohen Wahrscheinlichkeit der Tatdurchführung seitens der Klägerin, denn die Täterschaft anderer Personen sei nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen.
Das LAG führte als weitere Voraussetzung an, dass der betroffene Mitarbeiter vor seiner Kündigung hätte angehört und mit dem Verdacht konfrontiert werden müssen. Dies habe hier aber nicht stattgefunden, weshalb die Klage begründet sei. Da hat wohl auch der Arbeitgeberanwalt seine Hausaufgaben nicht gemacht. Oder immer wieder die alte Nummer: „Wir hauen den / die jetzt raus und schauen, was im Prozeß passiert“.
„Ab jetzt springst Du gefälligst“ – LAG Düsseldorf 12 TaBV 34/17
Die Arbeitgeberin hat ihren Human Resources-Bereich (»HR-Bereich«) umstrukturiert. Beschäftigte, die im Rahmen der Neuordnung keine Position erhielten, wurden in einen Stellenpool (»HR-Placement« bzw. »HR-Placement U. IT«) versetzt. Bei einem Beschäftigten, der dem Pool zugeordnet werden sollte, verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung. Vor Gericht begehrte der Arbeitgeber die Ersetzung der Zustimmung zur Versetzung des Mitarbeiters in den Stellenpool.
Versetzung im Sinne vom § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG (§ 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG) ist
- die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die die Dauer von voraussichtlich einem Monat überschreitet oder
- die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist.
Das Gericht stellt in seiner Entscheidung zunächst darauf ab, dass die bloße Freistellung eines Mitarbeiters keine Versetzung darstellt. Dabei weise der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keinen anderen Arbeitsbereich zu, sondern entziehe diesem lediglich auf Grund seines Weisungsrechts bei im Übrigen gleichbleibender Tätigkeit einen Teil seiner Aufgaben, ohne dass dadurch ein neuer Arbeitsbereich entstehe. Im konkreten Fall lagen die Dinge jedoch anders. ABER: Durch die Zuweisung zum Stellenpool wurde dem Mitarbeiter nicht bloß der bisherige Arbeitsbereich entzogen, sondern ihm wurde ein neuer Arbeitsbereich mit wechselnden Aufgaben auf Anforderung übertragen.
Der Mitarbeiter war nun verpflichtet, auf Anforderung des Beraters auch temporäre Projekteinsätze wahrzunehmen, sowie die zu seiner Weitervermittlung erforderlichen Qualifizierungsmaßnahmen durchzuführen. Was eine erhebliche Änderung der Umstände, unter denen die Arbeitsleistung zu erbringen ist, darstellte.
Der Sonderkündigungsschutz gilt nicht bei gleichem Grund. Oder: Hilft nach erster Kündigung der Wechsel im Schutz erneut? – BAG 2 AZR 14/17
Was war passiert? Der Arbeitgeber wollte kündigen, der BR sagt nein, der Arbeitgeber rennt zum Arbeitsgericht wegen der Kündigung als BR-Mitglied. In der Zeit lässt sich die Betriebsrätin zum Wahlvorstand machen. Das Arbeitsgericht erteilt die Zustimmung. Das Urteil könnte noch angefochten werden, trotzdem wird erst mal gekündigt. Dann ist die Anfechtungsfrist vorbei und der Arbeitgeber kündigt nochmals aus dem gleichen Grunde. Nun meint unsere Klägerin, dass der Arbeitgeber wegen des neuen Schutzes erneut die Zustimmung vom Arbeitsgericht hätte einholen müsse.
Nach § 15 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 KSchG ist die Kündigung eines Wahlvorstandsmitglieds vom Zeitpunkt seiner Bestellung an bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und dass die nach § 103 BetrVG erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt ist.
Das BAG ließ die Wirksamkeit der ersten Kündigung daran scheitern, dass die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats im Zeitpunkt des Kündigungszugangs weder vorlag noch nach § 103 Abs. 2 BetrVG rechtskräftig gerichtlich ersetzt war. Eine Berufung auf die Nichtigkeit der Kündigung war der Betroffenen nach § 242 nicht verwehrt.
Hingegen bejahte das BAG die Wirksamkeit der zweiten Kündigung aufgrund der Ersetzung der erforderlichen Zustimmung des Betriebsrats durch den rechtskräftigen Zustimmungsersetzungsbeschluss zur Kündigung als Betriebsrat.
Die Niederlegung des Betriebsratsamtes verhindert nicht den Eintritt der formellen Rechtskraft eines solchen Beschlusses. Gegenstand des Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 103 Abs. 2 BetrVG ist der vom Arbeitgeber verfolgte Anspruch auf Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung aus den von ihm geltend gemachten Gründen.
Wird einem solchen Antrag rechtskräftig stattgegeben, ist die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung aus diesen Gründen ersetzt. Soll eine Kündigung auf dieselben Gründe gestützt werden, bedarf es damit keines neuerlichen Zustimmungs(ersetzungs-)verfahrens mehr. Der neue Schutz hätte nur für neue Kündigungsgründe gegriffen. Durch den Positionswechsel verliert doch der einmal bestehende Grund nicht seine Wirksamkeit und müsste nicht erneut geprüft werden.
Das muss da rein! Oder was entspricht dem (Zeugnis-) Brauch?? LAG Düsseldorf – 12 Sa 936/16
Manches Mal merkst Du wirklich, dass so ein Streit doch tiefere Ursachen hat:
Unserer Klägerin – Sekretärin in einer internationalen Anwaltssozietät, war als Assistentin mit Sekretariatsaufgaben für einen Partner tätig. Zu ihren Aufgaben gehörten die Unterstützung des Partners und des dazugehörigen Teams in allen organisatorischen und administrativen Aufgaben, wie z.B. die Erledigung der externen und internen Korrespondenz in englischer und deutscher Sprache, digitale und analoge Aktenführung und das Termin- und Wiedervorlagenmanagement. In dem der Klägerin erteilten Arbeitszeugnis hieß es:
„Frau … verfügt über ein fundiertes und breit gefächertes Fachwissen und identifizierte sich stark mit ihren Aufgaben. Sie hat eine schnelle Auffassungsgabe, die es ihr ermöglicht, auch komplexe Vorgänge innerhalb kurzer Zeit zu erfassen und umzusetzen. Dabei arbeitet sie stets sehr sorgfältig und zügig. Die Leistungsbereitschaft von Frau … ist auch über die üblichen Bürozeiten hinaus sehr gut. Sie ist eine stets motivierte, zuverlässige und verantwortungsbewusste Mitarbeiterin.
…
Ihr Verhalten gegenüber den Rechtsanwälten, Kollegen und Mandanten war zu jeder Zeit einwandfrei. … Frau … hat alle ihre Arbeiten in unserer Sozietät stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt und hat das in sie gesetzte Vertrauen jederzeit gerechtfertigt.“
Die Klägerin hat zum einen die Ergänzung des Satzes, „Dabei arbeitet sie stets sehr sorgfältig und zügig.“ um das Wort „selbständig“ begehrt. Hierzu hat sie behauptet, dass in Nordrhein-Westfalen für eine Assistentin mit Sekretariatsaufgaben eines Partners einer Rechtsanwaltskanzlei mit internationaler Ausrichtung eine tatsächliche Übung (allgemeiner Zeugnisbrauch) bestehe, die Arbeitseigenschaft „selbstständig“ zu erwähnen. Zum anderen hat sie verlangt, die Beurteilung ihres Verhaltens dahingehend zu ergänzen, dass es auch gegenüber den Vorgesetzten jederzeit einwandfrei war. Beiden Begehren ist die Beklagte entgegengetreten. Die Klage hatte vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf mit der Ergänzung des Wortes „selbständig“ keinen Erfolg. Begründet ist die Klage mit dem Begehren die Beurteilung des Verhaltens wie folgt zu fassen: „Ihr Verhalten gegenüber ihren Vorgesetzten, den beschäftigten Rechtsanwälten, Kollegen und Mandanten war zu jeder Zeit einwandfrei.“
Für einen Zeugnisbrauch ist es erforderlich, dass die ausdrückliche Bescheinigung bestimmter Merkmale in einem bestimmten Berufskreis üblich ist. Soweit die Merkmale in besonderem Maße gefragt sind und deshalb der allgemeine Brauch besteht, diese im Zeugnis zu erwähnen, kann die Nichterwähnung (beredtes Schweigen) ein erkennbarer und negativer Hinweis für den Zeugnisleser sein. Nach Beteiligung der Rechtsanwaltskammern Düsseldorf, Köln und für den Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm, die auf Ersuchen des Landesarbeitsgerichts eine Umfrage zu dem behaupteten Zeugnisbrauch, bei Rechtsanwaltskanzleien mit internationaler Ausrichtung, durchgeführt haben, bestand der von der Klägerin angenommene Zeugnisbrauch nicht.
Die Ergänzung ihrer Verhaltensbeurteilung konnte die Klägerin beanspruchen. Mit der Beurteilung der Führung bzw. des Verhaltens des Arbeitnehmers gibt das Zeugnis diesem Aufschluss, wie der Arbeitgeber sein Sozialverhalten beurteilt. Weder Wortwahl noch Auslassungen dürfen dazu führen, dass bei den Lesern des Zeugnisses der Wahrheit nicht entsprechende Vorstellungen entstehen können. So liegt es bei dem konkreten Zeugnis. Es fehlt die Beurteilung des Verhaltens der Klägerin gegenüber dem ihr vorgesetzten Partner. Zwar ist auch dieser Rechtsanwalt, die Eigenschaft des Vorgesetzten als Partner war jedoch im Zeugnis herausgehoben. Dieser wurde im Text so bezeichnet und unter der Unterschriftszeile stand „Partner“. Damit konnte bei dem Zeugnisleser der Eindruck entstehen, dass die Verhaltensbeurteilung gegenüber dem Partner fehlte und negativ war. Dies stand im Widerspruch zum übrigen Zeugnisinhalt, denn dieser bescheinigte der Klägerin in der Schlussformel eine „sehr gute Zusammenarbeit“. Warum dies gegenüber dem Partner anders gewesen sein soll, war für die Kammer nicht ersichtlich.
Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen.
Mehrfache Befristung nach längerer Arbeitslosigkeit für Arbeitnehmer über 52 Jahren ist unionsrechtswidrig ArbG Köln – 9 Ca 4675/17 –
Die im Jahr 2007 bereits 52-jährige Klägerin war mehr als vier Monate arbeitslos, bevor sie ab dem 01.09.2007 bis zum 29.02.2012 bei der Beklagten befristet auf Grundlage der gesetzlichen Regelung des § 14 Abs. 3 TzBfG beschäftigt war. Nach einer erneuten Arbeitslosigkeit nahm die Klägerin bei derselben Arbeitgeberin ihre Arbeit ab dem 08.07.2012 bis zum 07.07.2017 abermals gestützt auf § 14 Abs. 3 TzBfG wieder auf.
Gegen diese Befristung wandte sich die Klägerin und war vor dem Arbeitsgericht erfolgreich. Das Gericht hielt die Befristung für unzulässig.
Die mehrfache Inanspruchnahme der in § 14 Abs. 3 TzBfG vorgesehenen Befristungsmöglichkeit nach längerer Arbeitslosigkeit für Arbeitnehmer über 52 Jahre durch denselben Arbeitgeber ist unzulässig. § 14 Abs. 3 TzBfG führt – soweit hiernach auch die mehrfache Inanspruchnahme der Befristungsregelung durch denselben Arbeitgeber ermöglicht wird – zu einer unionsrechtlich unzulässigen Altersdiskriminierung. Die Vorschrift ist dahingehend auszulegen, dass bei demselben Arbeitgeber die Befristungsmöglichkeit nur einmal in Anspruch genommen werden kann.
Mini-Jobber = Mini-Arbeitnehmerqualität – LAG München, 13.01.2016 – 10 Sa 544/15
Minijobber sind tatsächlich Teilzeitbeschäftigte und fallen damit unter das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Daher dürfen Teilzeitbeschäftigte nur dann anders behandelt werden als vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, wenn dafür „sachliche Gründe“ vorliegen.
Eine Betriebsrente gehört dabei auch zum Arbeitslohn und fällt grundsätzlich unter das Benachteiligungsverbot des TzBfG.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte es in seiner bisherigen Rechtsprechung für zulässig gehalten, dass Minijobber jedenfalls für die Zeit vor dem 01.04.1999 von der Betriebsrente ausgeschlossen werden (BAG, 22.02.2000 – 3 AZR 845/98). Damals argumentierte das Bundesarbeitsgericht, dass die Betriebsrente die gesetzliche Rente ergänzen solle. Da sich damals (bis zum 31.03.1999) aus dem Minijob keine gesetzliche Rente herleiten ließ, war auch kein Anspruch auf Betriebsrente gegeben. Doch mittlerweile hat sich die Rechtslage für Minijobber gewandelt. Seit dem 01.04.1999 leistet der Arbeitgeber pauschal Sozialversicherungsbeiträge u.a. auch für die gesetzliche Rentenversicherung. Es bestand eine Opt-In-Option zur gesetzlichen Rente und seit 2013 besteht nun eine Opt-Out-Option, mit der sich die Minijobber aktiv von der Beitragspflicht zur gesetzlichen Rente befreien lassen können, d.h. grundsätzlich sind Minijobber rentenversicherungspflichtig.
Das Gericht hat als sachliche Rechtfertigung auch kein Missverhältnis zwischen dem Aufwand des Arbeitgebers und dem Ertrag für die Arbeitnehmerin gesehen. Es müsse schon ein krasses Missverhältnis bestehen und die Versorgungsordnung müsse einen solchen Wegfall vorsehen. Bei einer unterstellten Lebenserwartung von über 80 Jahren sei jedoch der Vorteil für die Arbeitnehmerin auf jeden Fall höher als die Kosten für den Arbeitgeber.
„Das bisschen Auswertung“ oder was muss ich an Kontrolle NICHT ertragen? BAG – 1 ABR 46/15 –
Es ging um eine Regelung „zur Belastungsstatistik für Schadenaußenstellen“. Die Arbeitgeberin ist ein Versicherungsunternehmen. Die Arbeit der Sachbearbeiter in den Schadenaußenstellen besteht vor allem in telefonischer Tätigkeit, Bearbeitung des Posteingangs, sowie des sog. Schadensmanagement. Die Arbeitgeberin war der Auffassung, dass die Schadenaußenstellen unterschiedlich produktiv seien. Die Einigungsstelle beschloss eine Regelung zur Belastungsstatistik, zur Erfassung der Ungleichgewichte in der Belastungssituation der Schadenaußenstellen. Diese sollten innerhalb der Gruppen und der Mitarbeiter erkannt und analysiert werden, um steuernd eingreifen zu können, sowie eine vergleichende Analyse der Schadenaußenstellen untereinander zu ermöglichen.
Auf Grundlage erfasster und gespeicherter „Bewegungsdaten“ sollten näher vorgegebene „Auswertungen“ vorgenommen werden, die in 1-Wochen-, 4-Wochen-und 26-Wochensichten für die Ebene der einzelnen Sachbearbeiter wöchentlich fortgeschrieben werden sollten. Kennzahlen auf der Ebene der Sachbearbeiter sollten angezeigt werden, wenn sich erhebliche (definierte) Abweichungen ergeben sollten. Das führte auch zur Auswertung der einer Hauptkennzahl zugeordneten Analysekennzahlen und ggf. weitere Details hinsichtlich einzelner Kennzahlen. Damit konnte das quantitative Ergebnis der erbrachten Leistung durch die einzelnen Sachbearbeiter anhand von festgelegten Schwellenwerten, die sich aus dem durchschnittlichen Ergebnis der übergeordneten Organisationseinheit der „Gruppe“ ergeben, festgestellt werden.
Das BAG hat in dieser Entscheidung folgende allgemeingültige Aussagen getroffen: – – Das grundrechtlich gewährleistete, allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) wird in den Schranken der verfassungsmäßigen Ordnung garantiert und ist auch durch Regelungen in einer Betriebsvereinbarung einschränkbar. Dieses allerdings unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (§ 75 Abs. 2 BetrVG).
- Das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG soll Arbeitnehmer vor einer Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts mittels Einsatzes technischer Überwachungseinrichtungen bewahren, die nicht durch schützenswerte Belange des Arbeitgebers gerechtfertigt oder unverhältnismäßig sind. Die auf technischem Wege erfolgende Informationserhebung über Arbeitnehmer bei der Erbringung ihrer Arbeitsleistung birgt die Gefahr, dass sie zum Objekt einer anonymen Überwachungstechnik gemacht werden. Dies sei geeignet, bei den Betroffenen einen psychischen Anpassungsdruck zu erzeugen, durch den sie in ihrer Freiheit, ihr Handeln aus eigener Selbstbestimmung zu planen und zu gestalten, wesentlich gehemmt werden.
- Für eine Beschränkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Arbeitnehmer zugunsten schützenswerter Belange des Arbeitgebers verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine Regelung, die geeignet (wird der verfolgte Zweck gefördert?), erforderlich (gibt es keine anderen, gleich wirksamen und weniger einschneidenden Mittel) und unter Berücksichtigung der gewährleisteten Freiheitsrechte angemessen (steht die Schwere des Eingriffs bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe?) ist, um den erstrebten und legitimen Zweck zu erreichen.
Im konkreten Fall hält das BAG – anders als die Vorinstanzen – die Regelung für unwirksam. Das BAG hat bereits Zweifel daran geäußert, ob die in der Regelung vorgesehenen Mittel als solche tauglich sind, den vorgegebenen Zweck zu fördern. Es werde nicht die „Belastungssituation“ der einzelnen Ebene, sondern deren Produktivität, das erzielte oder nicht erreichte Arbeitsergebnis, also die Leistung des einzelnen Sachbearbeiters ermittelt. Zugunsten der Arbeitgeberin hat das BAG unterstellt, dass die erhobenen „Belastungsstatistiken“ für den vorgegebenen Zweck erforderlich sind, auch wenn sich nicht erschließe, weshalb sich die Regelung nicht auf deren stichprobenartigen Einsatz beschränke und damit die von einer dauerhaften Überwachung ausgehenden Gefahren für das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer mildere. Das BAG hat die Regelungen über die Erfassung und Speicherung der Bewegungsdaten sowie die wöchentlich stattfindenden Auswertungen als unverhältnismäßig angesehen:
– Die Regelung bedeute die lückenlose, dauerhafte und detaillierte automatisierte Erfassung des wesentlichen Arbeitsspektrums der Sachbearbeiter. Der einzelne Arbeitnehmer müsse während der gesamten Dauer seiner Arbeitszeit davon ausgehen, dass sein wesentliches Aufgabenspektrum auf elektronischem Wege durchgehend detailliert erfasst und einer Auswertung zugeführt werde. Das führe zu einem ständigen Überwachungs- und daran anknüpfenden Anpassungs- und Leistungsdruck, um möglichst in allen maßgebenden Arbeitsbereichen in Bezug auf die Kennzahlen unauffällig zu arbeiten, um nicht Personalgesprächen oder gar personellen Maßnahmen ausgesetzt zu sein. Darüber hinaus könne der Sachbearbeiter nicht erkennen, ob sein Arbeitsergebnis bei den Hauptkennzahlen erheblich abweicht. Durch die Orientierung des Schwellenwertes, der zur Ermittlung von erheblichen Abweichungen maßgebend sei, an ein Durchschnittsergebnis könne er nicht verlässlich einschätzen, ob bei ihm eine Abweichung vorliege.
Für diesen schwerwiegenden dauerhaften Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer bestand nach Auffassung des BAG keine hinreichende Rechtfertigung. Die Arbeitgeberin habe zwar ein berechtigtes Interesse daran, die Belastungssituation der Arbeitnehmer zu erfassen und zu analysieren, um ihre Arbeitsabläufe umzugestalten und zu effektuieren. Die vorgesehene dauerhafte Überwachung führe aber zu einer nahezu lückenlosen Erfassung einzelner Arbeitsschritte während der gesamten Arbeitszeit. Die Regelung sei nicht etwa darauf beschränkt, zeitlich befristet und beispielsweise begrenzt auf Schadenaußenstellen, bei denen für einen konkreten Zeitraum erhebliche Abweichungen zur durchschnittlichen oder einer von ihr erwarteten Produktivität ausgemacht wurden, spezifische Erhebungen durchzuführen, die hätten geeignet sein können, einen damit verbundenen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht aller Arbeitnehmer zu begrenzen.
Tod eines Handlungsreisenden oder: Tod auf der Reise als Arbeitsunfall – Bayrisches Landessozialgericht L.3 U 52/15
Der Verstorbene war Bauleiter und erlitt auf einer Dienstreise im Hotel einen tödlichen Herzinfarkt. Die Ehefrau behauptete einen Arbeitsunfall, denn ihr Mann habe wegen eines von ihm zu betreuenden Umbaus unter erheblichem Stress gelitten. Das LSG stellte zunächst darauf ab, dass während einer Dienstreise nicht alle Verrichtungen schlechthin unter den Unfallschutz fielen. Gerade bei längeren Dienstreisen ließen sich im Ablauf der Tätigkeit Verrichtungen unterscheiden, die mit der Tätigkeit im Unternehmen im wesentlichen Zusammenhang stünden und solchen, bei denen der Zusammenhang in den Hintergrund trete.
Allerdings ließen sich auch Tätigkeiten, die dem Privaten zuzuordnen seien, mitunter bei der Dienstreise dem Versicherungsschutz zuordnen. Ob allerdings der Umstand, dass sich der Versicherungsnehmer während der Dienstreise allein im Hotelzimmer aufhalte, eine spezifische Gefahrensituation, die dem Versicherungsschutz unterfalle, bedinge, sei fraglich. Dieser Umstand komme auch im privaten Bereich vor. Die stressreiche Tätigkeit stelle auch kein Unfallereignis dar. Stress als solcher sei keine Krankheit, sondern könne unterschiedliche Symptome und Beschwerden auslösen und sich in den vielfältigsten Formen manifestieren. Stress trete daher in unterschiedlichen Betätigungsfeldern in und außerhalb des Arbeitslebens auf. Zwar seien auch Einwirkungen auf die Psyche durch die Arbeitstätigkeit vom Unfallbegriff erfasst, aber – JETZT KOMMT´s
„länger anhaltende Einwirkungen, welche sich über mehrere Arbeitsschichten
erstrecken, erfüllend den gesetzlichen Unfallbegriff des § 8 SGB VII nicht.“
Nachdem das LSG sich noch mit der Frage befasst hatte, ob es eine betriebsbedingte besondere Stresssituation gegeben habe, hielt es abschließend fest: Dafür schulde der Arbeitnehmer (wohl eher die Witwe) den Vollbeweis, der schon nicht möglich sei, weil der Versicherte Vorschädigungen aufwies und keine besonderen Umstände für eine überragende Stresssituation dargelegt wurden.
Gutheit ist Dummheit oder was machen die Finger in der Säge??
Sozialgericht Heilbronn – S 8 U 1443/17 –
Die 42jährige klagende Beamtin half Anfang November 2014 ihrem damals 87 Jahre alten Onkel und ihrer seinerzeit 82 Jahre alten Tante beim Sägen von Brennholz. Dieses war zum privaten Gebrauch durch Onkel und Tante vorgesehen. Im Laufe des Tages kam die Klägerin mit der rechten Hand ins Sägeblatt der von ihr bedienten motorbetriebenen Wipp-Säge und brach sich mehrere Finger. Noch heute leidet sie unter Beschwerden.
Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, weil zwischen der Klägerin und ihrer Tante bzw. ihrem Onkel kein Beschäftigungsverhältnis bestanden, sondern es sich beim Sägen von Brennholz, um eine nicht unfallversicherte Gefälligkeit unter Verwandten, gehandelt habe.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, dass sie wie eine Beschäftigte für ihre Tante und ihren Onkel tätig gewesen sei. Zudem habe es sich um eine anstrengende und gefährliche Arbeit gehandelt, für die sie extra zum Wohnort ihrer Tante und ihres Onkels nach Hessen gefahren sei und sich einen ganzen Tag Zeit genommen habe.
Das Sozialgericht Heilbronn bestätigte die Entscheidung der Berufsgenossenschaft. Die Klägerin sei nicht wie eine Beschäftigte für ihren Onkel bzw. für ihre Tante am Unfalltag tätig gewesen. Eine unter Versicherungsschutz stehende Tätigkeit als „Wie-Beschäftigte“ setze u.a. voraus, dass es sich um eine Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert handle, die nicht auf einer Sonderbeziehung (z.B. als Familienangehöriger oder Vereinsmitglied) beruhe und ihrer Art nach sonst von abhängig Beschäftigten verrichtet werde. Hier habe die Tätigkeit der Klägerin am Unfalltag aber auf dem Verwandtschaftsverhältnis beruht. So habe die Klägerin angegeben, zu ihrer einzigen Tante ein offenes und vertrautes Verhältnis zu haben und ihr regelmäßig zu helfen. Es sei für sie selbstverständlich gewesen, ihre Verwandten in Hessen für mindestens einen Tag beim Zerkleinern von Brennholz zu unterstützen. Die Arbeit an der motorgetriebenen Wipp-Säge sei auch nicht so gefährlich gewesen, dass sie nur von Experten hätte ausgeübt werden können. Schließlich sei das gesägte Holz auch nicht zum Verkauf, sondern ausschließlich für den privaten Heizbedarf des Onkels/der Tante gedacht gewesen. Hätte der Anwalt sich mal mit dem Gesetz befasst und anders vorgetragen…..
INFO:
Böckler zur Private Equity
*Christoph Scheuplein: Private Equity Monitor 2017. Die aktuelle Tätigkeit von Finanzinvestoren in Deutschland. Mitbestimmungsreport Nr. 40, März 2018. Download: https://www.boeckler.de/pdf/p_mbf_report_2018_40.pdf
Infografik zum Download im Böckler Impuls 6/2018: https://www.boeckler.de/fotostrecke_boeckler_impuls-r.htm?id=113503&chunk=1
Good Night & Good Luck
Ihr / Euer
Dr. Stephan Grundmann