Das ging so….. 2017 vorbeiKleines rechtliches Weihnachtspotpouri – „Frauen an die Macht“ oder „Büro- oder die Putz- oder die Dildofee“ LAG Köln 7 Sa 913/16 – Das wird für die nächste Wahl aber spannend: Ist die Wahlordnung zum BetrVG verfassungswidrig?  BAG 7 ABR 35/16 – Und wenn Du denkst, Du wirst schlecht bezahlt und behandelt…. BAG 6 AZR 158/16 – Die Idee war gar nicht so dumm – BAG 9 AZR 259/16 – Betriebsübergang und Auftragsnachfolge – EuGH C-200/16 – LOS I: Ab nach Frankfurt oder wie sicher ist der Einsatzort – BAG 10 AZR 11/16 – LOS II: Ab nach Peking – Liegt beim BAG 10 AZR 514/17 – Eins oder zwei? Wann ist ein Betriebsteil „räumlich weit entfernt“ BAG 7 ABR 21/15 – Und was hat das jetzt gebracht? – LAG Rheinland- Pfalz 6 TaBV 21/16 – Sperre durch die Arbeitsagentur bei Arbeitslosigkeit nach Altersteilzeit?

Guten Morgen liebe LeserInnen,

vorab ein prächtiges 18 mit viel Service und Beiträgen von uns wünschen

Dres Grundmann & Team. Und jetzt wie immer viel Spaß beim Lesen.

2017?? – das ging so…. is vorbei, Mund abwischen und weiter

Also der Treiber der Digitalisierung ist aktuell nicht nur der Arbeitgeber. Auch der Kunde – sind wir das nicht irgendwo auch – will es schneller, einfacher, direkter, per Mail, per Chat, schlicht: per Klick. Ob Du das Auto konfigurierst, den Urlaub buchst oder bloß ne Kinokarte holst – das geht abends neben der Kiste Bier oder dem Prosi, das geht morgens im Halbschlaf. Bei den besser Betuchten legen jetzt ROBIN, SCALABLE oder WHITEBOX Dein Geld an (ein sog ROBO-Advisor, der gemessen an der Risikofreudigkeit automatisch an- und verkauft). Der Arbeitgeber treibt vor allem durch neue Erfassungssysteme, sei es im CostumCare, in der Quali-Verbesserung oder bei elektronischen (Personal-) Akten. Manches Mal mit Recht. Denn auch hier fressen die Schnellen die Langsamen (gut, dass mein Vater nicht mehr die Pleite von Beate Uhse erleben musste;-)).

Das alles hat uns im letzten Jahr schon sehr gefordert, aber es wird garantiert meeeeehr in 2018.

Daneben war das Jahr vor allem mit Umstrukturierungen und neuen Gehaltsystemen gefüllt. Der Stellenabbau war mehr Thema in 2016. Der Arbeitsmarkt brummt: wir haben einen echten Nachfragemarkt – und Arbeitgeber müssen sich mühen, um zu halten und / oder zu finden. Meine aktuelle Erfahrung ist, dass es jetzt im Vergleich zu den Vorjahren vermehrt zu Bonusleistungen, einem Festschreiben von Variablen und auch bei tariflosen Betrieben zu neuen Gehaltsbändern kommt.

Sei´s drum, wir – das ganze Team und die Familie Grundmann – wünschen Euch ein seeeehr besinnliches Weihnachtsfest. Einfach mal den Mist loslassen. Viel Glück, Erfolg und in jedem Falle eine große bis höllische Frustrationstoleranz in 18.

Für alle, die keine Zeit haben weiter zu lesen;-)

Schon jetzt Good Night & Good Luck

Kleines rechtliches Weihnachtspotpouri

Wer es noch nicht wusste: natürlich haben auch 450-Euro-Jobber Anspruch auf Weihnachtgeld. Hier gilt das Gleiche wir bei Krankheit und Urlaub: sie können nicht ausgeschlossen werden. Der 450-Euro-Jobber ist Teilzeitkraft, nicht Mensch zweiter Klasse. Einziges Problem: die Anspruchsfalle! Durch das Weihnachtsgeld könnte die Grenze von 450,-€ übersprungen werden, was die Sozialversicherungspflicht auslöst!! Lösung: sind die 450,-€ nicht ausgeschöpft, käme eine Verteilung in Betracht. Oder der Mitarbeiter bekommt Freistellung. Natürlich müssen die steuerlichen Regelungen beachtet werden.

Und überhaupt, wie sieht es in der Praxis mit dem W-Geld aus??

55%  bekommen es bundesweit überhaupt.  In Tarifbetrieben erhalten es 74%, in nicht tarifgebundenen Betrieben sind es 44%. Im Osten ist es mit 43% schlechter als im Westen mit 57%.

Kann man den wenigstens nicht an Weihnachten gekündigt werden??? Doch, sagt das BAG:

„In Übereinstimmung mit der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist auch der erkennende Senat der Auffassung, daß der somit anzunehmende Zugang am 24. Dezember 1981 nicht dazu führt, die Kündigung sei ungehörig. Der Senat hat bereits Zweifel, ob die bloße „Ungehörigkeit“ einer Kündigung zu ihrer Unwirksamkeit führen kann; ein Fall des § 138 BGB liegt hier schon deshalb nicht vor, weil der 24. Dezember („Heiliger Abend“) i.S. des staatlichen Feiertagsrechts, des Arbeitsrechts und des Gewerberechts als Werktag gilt (BAG Urteil vom 30. Mai 1984 – 4 AZR 512/81 – zur Veröffentlichung bestimmt). Aber selbst wenn sich aus § 242 BGB die Unwirksamkeit einer nach ihren Begleitumständen, insbesondere ihres Zugangszeitpunkts, ungehörigen Kündigung herleiten ließe, genügt hierfür nicht allein der Zeitpunkt des Zugangs. Hinzukommen muß eine Beeinträchtigung berechtigter Interessen des Erklärungsempfängers, insbesondere auf Achtung seiner Persönlichkeit. Dies kann der Fall sein, wenn der Erklärende absichtlich oder aufgrund einer auf Mißachtung der persönlichen Belange des Empfängers beruhenden Gedankenlosigkeit einen Zugangszeitpunkt wählt, der den Empfänger besonders beeinträchtigt.

An diesen Voraussetzungen fehlt es, wie das Landesarbeitsgericht erkannt hat, im Entscheidungsfall. Schon eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Klägers ist in einem Zugang am Vormittag des „Heiligen Abends“, an dem ein großer Teil der Arbeitnehmer sogar noch arbeitet, nicht zu sehen.“

„Frauen an die Macht“ oder „Büro- oder die Putz- oder die Dildofee“ LAG Köln 7 Sa 913/16

darüber hatten wir schon berichtet: während die Story mit der Bürofee ihr Ende fand – weil so eine Fee sowohl männlich als auch weiblich sein kann – ging der Fall „Frauen an die Macht weiter“. Der Kläger war so gar nicht damit zufrieden, dass er kein Schadensersatz nach dem AGG bekam, denn die Sache war ihm wohl doch arg an die Nieren gegangen…. Jedenfalls ging er nach der Klageabweisung eine Instanz weiter. Und das war dann das LAG Köln: Nein, du Pfosten! Zwar spreche der Text der Stellenanzeige dafür, dass der Kläger wegen seiner Eigenschaft als Mann benachteiligt werde. Dieses sei aber gerechtfertigt, da das Autohaus im Verkauf bislang nur Männer beschäftigt habe und diesem Zustand im Interesse der weiblichen Belegschaft und in Abstimmung mit dem BR ein Ende habe bereiten wollen. Daher decke sich die Maßnahme mit dem Sinn und Zweck des AGG´s.

Das wird für die nächste Wahl aber spannend: Ist die Wahlordnung zum BetrVG verfassungswidrig?  BAG 7 ABR 35/16

Warum werden Wahlen eigentlich angefochten? Na ja, es sind dann doch eher weniger die Verfechter des Rechtsstaates als eher die Verlierer

wir alle, fast alle, wissen, dass bei einer LISTENWAHL, die Sitzverteilung nach dem de´Hondtschen Höchstzahlverfahren erfolgt. Es gab 4, 9, 4 Sitze. Der Kläger meinte, dass das Verfahren gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG verstoße, denn es benachteilige kleinere Gruppen. Es sei das Verfahren Hare/Niemeyer anzuwenden, dass den Erfolgswert der jeweiligen Stimme besser abbilde. Danach wäre die Sitzverteilung 5, 8, 4 gewesen.

Von den insgesamt 1.142 abgegebenen Stimmen entfielen gut 48 Prozent auf die Lis­te V (557 Stimmen), knapp 27 Prozent auf die Liste D (306 Stim­men) und gut 24 Pro­zent auf die Liste H (279 Stimmen).

Obwohl die Listen D und H zusammen mehr als 51 Prozent der abgegebenen Stimmen erhielten, ergab die Sitzverteilung auf der Grundlage von § 15 WO nach d´Hondt, dass auf die Liste V neun Sitze und auf die Listen D und H jeweils vier Sitze entfielen. Das erscheint schon ein wenig U N G E R E C H T.

Die Vorinstanzen haben die Anfechtung abgewiesen. Jetzt das BAG:

Sollen Wählerstimmen in Betriebsratssitze umgerechnet werden, lässt sich bei der Verhältniswahl eine vollständige Gleichheit des Erfolgswertes einer Wählerstimme mit keinem der gängigen Sitzverteilungsverfahren erreichen, so das BAG. Denn es können ja nur ganze Sitze verteilt werden, so dass Stimmenverteilung und Sitzverteilung niemals mathematisch exakt übereinstimmen können.

Vor diesem Hintergrund hat der Verordnungsgeber, der die Wahlordnung erlassen hat, einen Gestaltungsspielraum, d.h. er kann entscheiden, mithilfe welches mathematischen Verteilungsverfahrens die Sitzverteilung vorzunehmen ist. Dabei spricht nach Ansicht der Er­fur­ter Rich­ter für das schon lange praktizierte Höchstzahlverfahren nach d´Hondt, dass es die Mehrheitssicherung fördert. Das aber ist, so das BAG, ein „anzuerkennendes Ziel“, wenn man die „Funktion der betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmervertretung“ berücksichtigt.

Im Ergebnis verletzt das Höchstzahlverfahren weder den Grundsatz der Gleichheit der Wahl aus Art 3 GG noch den Grundsatz der Koalitionsfreihet aus Art 9 GG. Na wenn da mal nicht doch noch einer zum BUNDESVERFASSUNGSGERICHT rennt….

Und wenn Du denkst, Du wirst schlecht bezahlt und behandelt…. BAG 6 AZR 158/16

Unser Mann arbeitete in einer 45h-Woche mit 1.400,-€ brutto als Speditionskaufmann. Die Parteien vereinbarten 2012 eine Lohnerhöhung auf 2.400,-€, nicht veränderbar bis 5/2015 und bei einem Reinerlös von über 20tsd EURO, 2.800,-€. Im Gegenzug wurde eine beiderseitige Kündigungsfrist von drei Jahren zum Monatsende vereinbart. Als der Kläger bemerkte, dass der Arbeitgeber das zur Arbeitsüberwachung geeignete System „PC-Agent“ installiert hatte, kündigten er und vier weitere Kollegen am 27.12.14 zum 31.1.15. Der Arbeitgeber klagte auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis bis zum 31.12.2017 besteht. Warum macht der das? Rache, evtl Schadensersatz…. Grundsätzlich kann di beiderseitige Kündigungsfrist über das Gesetz hinaus verlängert werden, § 622 Abs. VI BGB. Das funktioniert immer, wenn für beide Seiten die Fristen der Arbeitgeberkündigung angewandt werden, also maximal sieben Monate. Auch bei der Kündigungsfrist eines Einkäufers, die zwei Jahre betrug, hat die Rechtsprechung schon durch gewunken. Auch nicht verwunderlich, denn schließlich ist eine Befristung auch für zwei Jahre unter Kündigungsausschuss möglich, aber drei Jahre? Das BAG bestätigte die Vorinstanz: das ist eine unangemessene Benachteiligung iSd. 307 I BGB. Selbst unter Beachtung der Gehaltserhöhung war die Einschränkung der Kündigungsfreiheit, auch im Hinblick auf die Einschränkung der durch Art. 12 GG geschützten beruflichen Bewegungsfreiheit nicht hinnehmbar.

Die Idee war gar nicht so dumm – BAG 9 AZR 259/16

Aber man hätte auch einen Plan B haben müssen. Also, die Teilzeitmitarbeiterin (Krankenschwester) begehrte eine Erhöhung ihrer Arbeitszeit von 50% auf Vollzeit gem § 9 TzBfG.

Der Arbeitgeber entsprach dem nicht. Ganz im Gegenteil: ohne die Klägerin zu informieren, stellte er nach ihrem Antrag fünf neue Mitarbeiter in Vollzeit ein. Damit hat er doch quasi ihren Anspruch „vernichtet“. Was ist die Konsequenz? Wäre es nicht richtig, den rechtswidrig handelnden Arbeitgeber so zu behandeln als sei die Stelle nicht vergeben, also der Klägerin Vollzeit zu geben?? Nein, sagt das BAG: der Anspruch auf Vollzeit gehe nun mal unter, auch wenn die Stelle anspruchsvernichtend besetzt werde, handele der Arbeitgeber nicht rechtsmissbräuchlich. Die Anspruchsvereitelung kennt das BGB in § 162 BGB. Danach ist der böse Handelnde so zu stellen als wenn sein böses Handeln nicht erfolgt. Eine Kündigung ist beispielsweise unwirksam, wenn der Arbeitgeber einen freien Arbeitsplatz, auf dem der Gekündigte hätte eingesetzt werden können, vor der Kündigung treuwidrig besetzt hat. Hier sei das aber anders, sagt das BAG. Denn hier ginge es ja nur um den die Erweiterung, nicht den Bestand des Arbeitsverhältnisses. Auch als Schadenswiedergutmachung komme keine Begründung einer Vertragserweiterung in Betracht. Die Klägerin kann natürlich einen echten Schadensersatzanspruch in Geld geltend machen – Plan B – hat sie (ihr Anwalt) aber nicht in diesem Verfahren gemacht. Was kann helfen? Also erstens eine echte Schadensersatzklage, zweitens der BR, der die Zustimmung zur Stellenbesetzung durch Externe wegen des Nachteils der Internen gem. § 99 BetrVG verweigert.

 Betriebsübergang und Auftragsnachfolge – EuGH C-200/16

Nachfolgendes gibt wieder wichtige Maßstäbe für den sog, betriebsmittelarmen Betrieb, also einen solchen, dessen Betriebsmittel vornehmlich aus Menschen bestehen.

Die Kläger waren mit Bewachungsaufgaben an einem Hafen bei einer Firma namens ICTS beauftragt. Nach der Neuausschreibung des Bewachungsvertrages bekam die Firma Securitas den Zuschlag. Sie übernahm die Mitarbeiter nicht. Diese behaupteten, dass Securitas durch die Auftragsannahme auch mit ihnen den Arbeitsvertrag fortführen müsse. Wechselt die für den Betrieb verantwortliche Person / Unternehmung iR vertraglicher Beziehungen, kann ein Betriebsübergang vorliegen. Dies ist der Fall, wenn der Übergang

 „eine ihre Identität bewahrende wirtschaftliche Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit betrifft“.

Dazu müssen sämtliche, den Vorgang kennzeichnenden Tatsachen betrachtet werden. Dazu gehören:

  • Art des Unternehmens / Betriebs
  • Übergang materieller Betriebsmittel wie Gebäude oder Güter
  • Der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs
  • Die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft
  • Der etwaige Übergang de Kundschaft
  • Sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen der vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeit und
  • Die Dauer selber eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit

Je nach Art des Betriebes kommt den vorgenannten Kriterien ein unterschiedliches Gewicht zu.

Kommt es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an, fehlt es an einem Übergang, wenn die Hauptbelegschaft nicht übernommen wird.

Kommt es bei der Tätigkeit im Wesentlichen auf die Ausrüstung an, so reicht die Übernahme des Personals nicht. Die Übernahme der Ausrüstung ist entscheidend.

LOS I: Ab nach Frankfurt oder wie sicher ist der Einsatzort BAG 10 AZR 11/16

Immer wieder und immer wieder heißt es: bist DU nur lange genug an einem Ort eingesetzt, so kann der nicht (einfach) durch Ausübung des Direktionsrechts geändert werden……. doch!

Der Vertrag der Klägerin lautete:

„Die …. wir ab dem 6.5.97 als Flugbegleiterin im Bereich Kabinenbesatzung Kontinent in Hamburg beschäftigt. Der Einsatzprt Hamburg umfasst einen Einsatz vom und zu allen Flughäfen der Region.

Die … kann die ….. an einem anderen Ort sowie vorübergehend in anderen Unternehmen einsetzen.“

2014 wurde die Klägerin nach Frankfurt versetzt. Als sie sich weigerte, erkläret der Arbeitgeber vorsorglich eine Änderungskündigung (Anm.: die es nur braucht, wenn ich nicht schon durch Ausübung des Direktionsrechts Frankfurt zuweisen kann). Die Klägerin vertrat die Auffassung, der Einsatzort habe sich über Jahre verfestigt.

die Versetzungsklausel sei unwirksam, da sie intransparent sei. Denn sie unterscheide nicht zwischen den verschiedenen Örtlichkeiten (Dienstort, Einsatzort, Arbeitsort). Auch widerspreche die Versetzungsentscheidung billigem Ermessen. Es habe an der Einzelfallabwägung gefehlt, es könnten weiter Zubringerflüge von Hamburg aus nach Frankfurt genutzt werden.

Die Benennung eines bestimmten Ortes in Kombination mit einem Versetzungsvorbehalt verhindert regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung. Die dieses im Streitfalle regelnde Klausel verstößt auch nicht gegen das sog Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 BGB. Regelmäßiger Arbeitsort einer Flugbegleiterin ist das Flugzeug, nicht der Flughafen. Die organisatorische Zuordnung zu einem Flughafen begründet keinen gewöhnlichen Arbeitsort. Das Flugzeug wird auch nicht zwangsläufig am Einsatzort bestiegen. Es ist durchaus üblich und wird durch den Flugplan bestimmt, dass der Flug an einen anderen Flughafen als dem fliegenden Personal zugeordneten Einsatzflughafen startet. Aus Sicht der beteiligten Verkehrskreis (Anm. „was ist branchenüblich“) war aus den von der beklagten gestellten Vertragsregelungen deutlich erkennbar, was mit Einsatzort iSd Vertrages gemeint war. Und das sich die Beklagte einen Einsatz an einem anderen Arbeitsort vorbehielt.

Eine Konkretisierung des Einsatzortes auf Hamburg ist nicht dadurch eingetreten, dass die Klägerin von dort aus 17 Jahre tätig gewesen ist.

Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht – auch nicht stillschweigend – getroffen.

ALLEIN die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum genügt dafür nicht.

LOS II: Ab nach Peking – Liegt beim BAG 10 AZR 514/17

Der 10. Senat des Bundesarbeitsgerichts im Revisionsverfahrens zu klären, ob vom Direktionsrecht auch Reisen in das FERNE AUSLAND gedeckt sind. Die Vorinstanz (LAG Baden-Württemberg) hatte zu Gunsten des Arbeitgebers – entschieden und die Revision zugelassen.

Die beklagte Arbeitgeberin entwickelt und konstruiert Maschinen und verkauft diese weltweit – unter anderem nach China. Der Kläger ist seit 1980 als Projekt- und Konstruktions-Ingenieur beschäftigt. Dienstreisen waren beim Kläger bislang die Ausnahme und auf das nahe europäische, zumeist deutschsprachige Ausland beschränkt. Der Arbeitsvertrag des Klägers regelt keinen festen Arbeitsort und keine ausdrückliche Verpflichtung zu Dienstreisen. Er enthält nur eine allgemeine gehaltene Regelung zur Erstattung von Reisekosten.

Im April 2016 schickte die Beklagte den Kläger auf eine dreitägige Dienstreise nach China. Diese verlief nicht zur Zufriedenheit des Klägers, insbesondere solle es sich um ein Stundenhotel gehandelt haben, es gab kein Frühstück, der Einsatzort war nur über einen 1,5stündige Busfahrt zu erreichen und die Fahrpläne waren auf chinesisch. Der Arbeitgeber habe die Strategie, ihn aus dem Betrieb zu drängen. Deshalb sollte das Arbeitsgericht feststellen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, im Ausland zu arbeiten.

Nachdem das Arbeitsgericht Stuttgart die Klage abgewiesen hatte, unterlag der Kläger auch in II. Instanz.

Das Direktionsrecht des Arbeitgebers ist in § 106 Satz 1 der Gewerbeordnung geregelt. Danach kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag oder gesetzliche Regelungen festgelegt sind. Auf das Direktionsrecht kommt es demnach immer dort an, wo die Arbeitsbedingungen nicht anderweitig geregelt sind. Wenn das Direktionsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich des Orts der Arbeitsleistung vertraglich nicht eingeschränkt ist, gilt grundsätzlich eine bundesweit unbeschränkte örtliche Versetzungsmöglichkeit (ErfK/Preis 17. Aufl. § 106 GewO Rn. 16; Fliss NZA-RR 2008, 225, 228). Ob dagegen kraft Direktionsrecht auch Auslandsdienstreisen angeordnet werden dürfen, ist bislang noch weitestgehend ungeklärt.

Anknüpfungspunkt zur Beantwortung dieser Frage ist § 611 BGB, wonach der Arbeitnehmer „zur Leistung der versprochenen Dienste“ verpflichtet ist. Es bedarf der Auslegung, welches die versprochenen Dienste sind und ob die versprochenen Leistungen gewissermaßen ihrer Natur nach auch mit Auslandsdienstreisen verbunden sind. Abzustellen ist auf das Berufsbild und das Tätigkeitsprofil. Diese Auslegung bereitet naturgemäß keine Probleme bei Arbeitnehmern, die zB als Fahrer, Schiffs- und Flugbesatzungen oder Vertriebsmitarbeiter eingestellt sind. Angesichts der seit Jahren verstärkt zu beobachtenden Entwicklungen im Wirtschaftsleben, die eine erhöhte Flexibilität erfordern und die von verstärkter internationaler Ausrichtung geprägt sind, werden jedoch auch ein Großteil der übrigen Mitarbeiter zu gelegentlichen Auslandsdienstreisen verpflichtet sein. Dies gilt aufgrund des Wandels der Berufsbilder auch dann, wenn ein Arbeitnehmer vor vielleicht zehn Jahren oder länger noch nicht mit solchen Dienstreisen hat rechnen müssen. Vorliegend schuldet der Kläger Tätigkeiten eines Projekt- und Konstruktionsingenieurs. Auch wenn der Kläger – wie von ihm behauptet – in der Vergangenheit bislang nur als Konstruktionsingenieur eingesetzt worden sein sollte, führte dies nicht dazu, dass die Beklagte auf die Möglichkeit eines Einsatzes auch als Projektingenieur verzichtet hätte oder sich die Tätigkeit des Klägers auf die eines alleinigen Konstruktionsingenieurs konkretisiert hätte. Hierzu fehlt es zumindest an einem Umstandsmoment, der einen entsprechenden Vertrauenstatbestand beim Kläger hätte begründen können. Vorliegend schuldet der Kläger ausweislich seines Arbeitsvertrags Tätigkeiten eines Projekt- und Konstruktionsingenieurs. Auch wenn der Kläger – wie von ihm behauptet – in der Vergangenheit bislang nur als Konstruktionsingenieur eingesetzt worden sein sollte, führte dies nicht dazu, dass die Beklagte auf die Möglichkeit eines Einsatzes auch als Projektingenieur verzichtet hätte oder sich die Tätigkeit des Klägers auf die eines alleinigen Konstruktionsingenieurs konkretisiert hätte. Hierzu fehlt es zumindest an einem Umstandsmoment, der einen entsprechenden Vertrauenstatbestand beim Kläger hätte begründen können.

Vorliegend schuldet der Kläger ausweislich seines Arbeitsvertrags Tätigkeiten eines Projekt- und Konstruktionsingenieurs. Auch wenn der Kläger – wie von ihm behauptet – in der Vergangenheit bislang nur als Konstruktionsingenieur eingesetzt worden sein sollte, führte dies nicht dazu, dass die Beklagte auf die Möglichkeit eines Einsatzes auch als Projektingenieur verzichtet hätte oder sich die Tätigkeit des Klägers auf die eines alleinigen Konstruktionsingenieurs konkretisiert hätte. Hierzu fehlt es zumindest an einem Umstandsmoment, der einen entsprechenden Vertrauenstatbestand beim Kläger hätte begründen können.

Ob dieses sehr weit gehende Verständnis des LAG´s durch das Bundesarbeitsgericht gebilligt werden wird, bleibt abzuwarten. Insbesondere ist die Frage, ob der 10. Senat sich grundsätzlich zum Wandel der Berufsbilder und den daraus folgenden Auswirkungen auf das Direktionsrecht und die Durchführung von Arbeitsverhältnissen positioniert. M.E. ist das LAG ein wenig zu weit gesprungen. Insbesondere die Aussage, ein „Großteil der Mitarbeiter sei aufgrund des Wandels im Wirtschaftsleben zu erhöhter Flexibilität gezwungen“, erscheint mir nicht für jede Gehalts- und Ausbildungsstufe zutreffend zu sein. Warten wir ab…

Eins oder zwei? Wann ist ein Betriebsteil „räumlich weit entfernt“ BAG 7 ABR 21/15

Die Arbeitgeberin betreibt am Standort in W acht Produktionsanlagen. Ferner sind dort u a. der Werksleiter und die zentrale Personalverwaltung angesiedelt, die für beide Standorte zuständig sind und die für beide Standorte sämtliche das Personal betreffende Verträge, Abmahnungen und Kündigungen sowie Betriebsvereinba-rungen regelt.

Zwei Produktionsanlagen in K, denen – ebenso wie den Produktionsanlagen in W – jeweils ein fester Kreis von Arbeitnehmern zugeordnet ist, haben einen eigenen BR gewählt. Mindestens eine dieser Anlagen, die sogenannte OS-Anlage, arbeitet im „Störfallbetrieb“. Die an dieser Anlage beschäftigten Arbeitnehmer können ihre Arbeit während der Schicht nicht um mehr als 30 Minuten unterbrechen. Die Leitung der Anlagen am Standort K obliegt dem Manager K Operations. Dieser ist dem Werksleiter unterstellt.

Für die Fahrt von einem Standort zum anderen benötigt man mit dem PKW bei guten Verkehrsverhältnissen etwa 20 Minuten, bei hohem Verkehrsaufkommen jedenfalls 30 Minuten. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln beträgt die Fahrzeit in der Regel etwa 90 Minuten. Die Arbeitgeberin hat die Feststellung begehrt, dass der Standort K keine betriebsratsfähige Organisationseinheit ist. Sie hat die Auffassung vertreten, die Betriebsstätten W und K bildeten einen einheitlichen Betrieb. Jedenfalls sei der Produktionsstandort K als Betriebsteil dem Hauptbetrieb in W zuzuordnen.

MaW: aus Sicht des Arbeitgebers keine zwei Betriebsräte wegen der räumlichen Nähe!!

Neben der reinen Fahrzeit von K nach W sei nur noch ein Fußweg auf dem Betriebsgelände in W von fünf Minuten zu berücksichtigen. Auf dem Betriebsgelände in K fielen keine nennenswerten Wegezeiten an, da die meisten Arbeitnehmer direkt vor der Anlage parkten. Umkleidezeiten seien nicht zu berücksichtigen, da die Arbeitnehmer sich auch umziehen müssten, wenn sie den Betriebsrat in K aufsuchten. Die Wartezeit an der Pforte in W betrage höchstens zehn Minuten. Betriebsratsmitglieder und Arbeitnehmer mit einem Werksausweis für beide Standorte seien davon nicht betroffen. Auf Fahrzeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln komme es nicht an, da der ganz überwiegende Teil der in K beschäftigten Arbeitnehmer über ein privates Kraftfahrzeug verfüge. Außerdem bestehe die Möglichkeit, für die Fahrt zum anderen Standort auf Kosten der Arbeitgeberin ein Taxi zu nutzen. Dazu habe sie einen Rahmenvertrag mit einem Taxiunternehmen geschlossen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass ein gemeinsam gewählter Betriebsrat über vier freigestellte Mitglieder verfügen würde und verpflichtet wäre, regelmäßig Sprechstunden in K abzuhalten.

Betriebsteile sind iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG vom Hauptbetrieb räumlich weit entfernt, wenn wegen dieser Entfernung eine ordnungsgemäße Betreuung der Belegschaft des Betriebsteils durch einen beim Hauptbetrieb ansässigen Betriebsrat nicht mehr gewährleistet ist. Der Zweck der Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG besteht darin, den Arbeitnehmern von Betriebsteilen eine effektive Vertretung durch einen eigenen Betriebsrat zu ermöglichen, wenn wegen der räumlichen Trennung des Betriebsteils von dem Hauptbetrieb die persönliche Kontaktaufnahme zwischen einem dortigen Betriebsrat und den Arbeitnehmern im Betriebsteil so erschwert ist, dass der Betriebsrat des Hauptbetriebs die Interessen der Arbeitnehmer nicht mit der nötigen Intensität und Sachkunde wahrnehmen kann und sich die Arbeitnehmer nur unter erschwerten Bedingungen an den Betriebsrat wenden können oder Betriebsratsmitglieder, die in dem Betriebsteil beschäftigt sind, nicht kurzfristig zu Sitzungen im Hauptbetrieb kommen können. Maßgeblich ist also sowohl die leichte Erreichbarkeit des Betriebsrats aus Sicht der Arbeitnehmer wie auch umgekehrt die Erreichbarkeit der Arbeitnehmer für den Betriebsrat. Eine Bestimmung des unbestimmten Rechtsbegriffs allein nach Entfernungs-kilometern kommt nicht in Betracht. Es ist vielmehr eine Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen.

Es kann zugunsten der Arbeitgeberin unterstellt werden, dass weder Wegezeiten auf dem Betriebsgelände in K noch Wartezeiten an der Pforte in W anfallen und dass Umkleidezeiten nicht zu berücksichtigen sind, weil die Arbeitnehmer sich auch umziehen müssen, wenn sie das Betriebsratsbüro in K aufsuchen. Unter Berücksichtigung regelmäßiger Verkehrsverhältnisse ist dann mit einer Wegezeit von 50 Minuten (2 x 20 Minuten Fahrzeit, 2 x 5 Minuten Fußweg in W) zu rechnen. Bei Zugrundelegung dieser Wegezeit wäre das Landesarbeitsgericht aufgrund der besonderen Umstände in K ebenfalls davon ausgegangen, dass der Betriebsteil in K iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG räumlich weit vom Hauptbetrieb in W entfernt ist. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass jedenfalls die OS-Anlage in K im Störfallbetrieb arbeitet und dass die an dieser Anlage eingesetzten Arbeitnehmer die Arbeit während ihrer Schicht nicht länger als 30 Minuten unterbrechen dürfen.

Unter Berücksichtigung des „Störfallbetriebs“ ist davon auszugehen, dass die an der OS-Anlage eingesetzten Arbeitnehmer während ihrer Arbeitszeit den Betriebsrat in W nicht aufsuchen könnten. Damit wäre die persönliche Erreichbarkeit zwischen diesem Teil der Belegschaft und dem Betriebsrat so erschwert, dass der Betriebsrat des Hauptbetriebs die Interessen dieser Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß wahrnehmen könnte. Dem steht die Erreichbarkeit des Betriebsrats per Post, Telefon oder moderner Kommunikationsmittel nicht entgegen. Die Inanspruchnahme dieser Kommunikationsmittel kann den persönlichen Kontakt zwischen Arbeitnehmer und Betriebsrat nicht ersetzen, sondern nur der Erleichterung der Kontaktaufnahme, der Absprache von Terminen und der Übermittelung schriftlicher Unterlagen dienen. Die Arbeitgeberin macht ohne Erfolg geltend, dass ein für beide Standorte gewählter Betriebsrat verpflichtet wäre, regelmäßig Sprechstunden in K abzuhalten. Jedes einzelne Betriebsratsmitglied genießt das in ihn gesetzte Vertrauen der Belegschaft. Jeder Arbeitnehmer muss daher auch die Möglichkeit haben, das Betriebsratsmitglied seines Vertrauens aufzusuchen, ohne hieran allein wegen der räumlichen Entfernung gehindert zu sein. Daher können die Arbeitnehmer nicht nur auf Sprechstunden oder bestimmte ortsansässige Betriebsratsmitglieder verwiesen werden.

Und was hat das jetzt gebracht? – LAG Rheinland- Pfalz 6 TaBV 21/16

Die Arbeitgeberin, ein Einzelhandelsunternehmen beschäftigte unter anderem Arbeitnehmer als „Sales Advisor“; Verkäufer ohne erweiterte Befugnisse. Sie übertrug ihnen weitergehende Zusatzaufgaben, die zuvor in den Aufgabenbereich der nächsthöheren Hierarchieebene „Department Manager“ fielen.

Betriebsräte müssen bei der konkreten Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung beteiligt werden (§ 98 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Es kann nichts ohne Einigung mit dem Betriebsrat durchgeführt werden. Das betrifft alle Maßnahmen, durch die ein Arbeitnehmer seine beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten erweitern kann. Demnach Maßnahmen der Berufsbildung im Sinne des § 1 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG), solche der Berufsausbildung, der beruflichen Fortbildung und der beruflichen Umschulung. Dabei bezieht sich das Mitbestimmungsrecht auch auf die Art und Umstände der Bildungsmaßnahme.

Davon abzugrenzen ist die mitbestimmungsfreie Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers, wenn ein Arbeitnehmer an einen Arbeitsplatz eingewiesen wird (§ 81 Abs. 1 BetrVG). Das Gericht stellt klar, dass es für einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand nicht ausreiche, wenn lediglich Zusatzaufgaben übertragen werden ohne dass darüber hinaus tatsächliche Kenntnisse und Erfahrungen weitergeleitet werden. Der Betriebsrat habe im vorliegenden Fall nicht deutlich gemacht, welche Einzelnen über das bloße Einweisen hinausgehende Kenntnisse und Erfahrungen die Arbeitnehmer durch die zusätzlichen Tätigkeiten vermittelt bekämen.

Ferner sei nicht ersichtlich, dass es sich um Maßnahmen handele, bei denen die Arbeitgeberin „systematisch mit lehrplanartigem Inhalt“ zielgerichtet Wissen vermittelt. Vielmehr übernehmen die Arbeitnehmer im Tagesgeschäft bei Bedarf nur zusätzliche Aufgaben, die nicht von einem Lehrauftrag begleitet sind.

Das Gericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen, sodass der Beschluss rechtskräftig ist.

Sperre durch die Arbeitsagentur bei Arbeitslosigkeit nach Altersteilzeit? – BSG

Lücke zwischen Altersteilzeit und Rente kann nicht so einfach mit Arbeitslosengeld gefüllt werden

Die Klägerin schloss 2006 mit der Stadt, bei der sie seit 1982 beschäftigt war, einen Altersteilzeitvertrag, der das bestehende unbefristete Arbeitsverhältnis als Bürofachkraft in ein bis 30. November 2015 befristetes Arbeitsverhältnis umwandelte. Sie hatte ursprünglich beabsichtigt, nach Ende der Freistellungsphase vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen. Davon nahm sie erst Abstand, als zum 1. Juli 2014 eine abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte eingeführt worden war und meldete sich deshalb zum 1. Dezember 2015 arbeitslos. Die Agentur lehnte aber die Zahlung von Arbeitslosengeld wegen des Eintritts einer Sperrzeit für einen Zeitraum von zwölf Wochen ab. Die Klägerin habe ihr Beschäftigungsverhältnis ohne wichtigen Grund selbst gelöst.

  • 159 SGB III – Ruhen bei Sperrzeit

(1) 1 Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe).

Das Sozialgericht wies die Klage ab. Im Berufungsverfahren hat das Landessozialgericht die Sperrzeit im Grundsatz bestätigt. Die Dauer der Sperrzeit sei aber wegen einer besonderen Härte auf sechs Wochen zu verkürzen, weswegen die Beklagte Revision eingelegt hat.

Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen. Das Bundessozialgericht entschied, dass das Verhalten der Klägerin den Eintritt einer Sperrzeit nicht rechtfertigt. Die Klägerin hat ihr Beschäftigungsverhältnis zwar dadurch gelöst, dass sie durch eine Altersteilzeitvereinbarung das unbefristete Arbeitsverhältnis in ein befristetes umgewandelt hat, wodurch sie nach dem Ende der Freistellungsphase zum 1. Dezember 2015 beschäftigungslos geworden ist. Jedoch kann sich die Klägerin für ihr Verhalten auf einen wichtigen Grund berufen. Für den Fall der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Altersteilzeitvertrag hatte der 7. Senat des Bundessozialgerichts bereits entschieden, dass sich ein Arbeitnehmer auf einen wichtigen Grund berufen kann, wenn er bei Abschluss der Vereinbarung beabsichtigt, nahtlos von der Freistellungsphase der Altersteilzeit in den Rentenbezug zu wechseln und eine entsprechende Annahme bei prognostischer Betrachtung objektiv gerechtfertigt ist. Dies war bei der Klägerin der Fall. Dass sie von ihren ursprünglichen Plänen dann im Jahre 2014 Abstand genommen hat, weil sich für sie – nachträglich – die Möglichkeit ergab, drei Monate nach dem geplanten Rentenbeginn Altersrente ohne Abschlag zu beziehen, ist für die Beurteilung des wichtigen Grundes unerheblich. Dieser ist nicht deshalb entfallen, weil die Klägerin entgegen ihrer ursprünglichen Absicht keine Altersrente mit Abschlägen beantragt hat.

Damit beschließen wir das Jahr 17

Übrigens:

„Auch höchstrichterliche Urteile stellen die Rechtslage lediglich aufgrund eines – prinzipiell irrtumsanfälligen – Erkenntnisprozesses für den konkreten Fall fest“.

Ach…..? So schon das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1992.

Good Night & Good Luck

Ihr / Euer

Dr. Stephan Grundmann