Dr. Grundmann – Newsletter vom 24. Februar 2016

Die „General Motors Streetcar Conspiracy“ oder Glashaus…- Nachts sind alle Katzen grau und Arbeitnehmer günstig? Nachtzuschläge und BAG 10 AZR 423/14 – Gestaltungsmissbrauch und Befristung oder: „Das ist pfui“ – BAG 7 AZR 452/13 – Das ist schon „recht ungerecht“ – Rentenkürzung auf Zuruf – LAG BaWü 2 Sa 21/14 sowie weitere 87 gleichlautende Urteile – Das Kartell der Dummen (Schienenkartell) LAG Düsseldorf 14 Sa 800/15 – Die Retourkutsche mit der Mithaftung BAG 8 AZR 116/14 – In zwei Jahren geht’s wieder los – Die (wenig pfiffige) Wahlbeeinflussung durch den Arbeitgeber – LAG Hessen 9 TaBV 44/15 – Kein Schwein (darf (m)ich anrufen) ruft mich an – Der Cayenne für den Teamleiter oder: Betriebsrat fährt mit – Mitbestimmung bei Dienstwagen? LAG Hamm 13 TaBV 86/13 – Kein Schwein (darf (m)ich anrufen) ruft mich an – ArbG München 9 BVGa 52/15 – „Bisschen speckig ist nicht schlimm“ oder Kündigung von Bigfoot 7 Ca 4616/15

Nur so geht´s;-):

„Wo ich bin ist oben. Und wenn ich unten bin, ist unten eben oben“ – Renè Weller

Die „General Motors Streetcar Conspiracy“ oder Glashaus…

Das war klasse ;-(( VW sorgt dafür, dass Made in Germany gerade mal für das steht, für was diese Bezeichnung geschaffen wurde. Im England des vorletzten Jahrhunderts wurde die Pflichtbezeichnung eingeführt, um schlechte deutsche von den guten englischen Erzeugnissen unterscheiden zu können….. ist lange her. Lange her, aber noch im Gedächtnis der (Kartell-) Rechtsgeschichte ist das Vorgehen von GM im Verbund mit anderen Unternehmen.

Der Präsident und spätere Aufsichtsratsvorsitzende Alfred P. Sloan ist zunächst als Erfinder der „geplanten Obsoleszenz“ bekannt. Hä? Einfach: gezielte Verringerung der Lebensdauer eines Produkts. Damit sollte zunächst der Absatz von GM gesteigert werden (was gelang- übrigens gehört Opel zu GM). Anschließend machte er sich daran, die Konkurrenz der Autos und Busse auszumerzen. In den Großstädten (knapp 45) kaufte er über eine Drittfirma zusammen mit anderen (Standard Oil, Phillips Petroleum, Firestone, Mack Trucks u.a.) Straßenbahnen auf, um sie anschließend still zu legen. Auch wurden kleinere Energieversorger aufgekauft und die Preise angehoben, was bei der elektrischen Bahn nicht gerade das Wachstum förderte. Bei den Betreibern wurde auch gerne ml eine Cadillac Luxuslimousine abgegeben, um die Entscheidungsträger zur Aufgabe zu motivieren. Nachdem die Bahnen besiegt und der öfftl Nahverkehr quasi zum Erliegen gekommen war, was blieb? Bingo: das Auto. Übrigens ging der Ende der Vierziger statt findende Prozess übel für die Ankläger aus – da träumt VW von. Es kam lediglich zu einem Schuldspruch wegen Verschwörung zum gesteigerten Busabsatz. Strafmaß damals: GM = 5tsd Dollar, ein Manager einen (symbolischen) Dollar.

Übrigens der Film: „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“ basiert auf Obigem ;-).

Nachts sind alle Katzen grau und Arbeitnehmer günstig? Nachtzuschläge und BAG 10 AZR 423/14

Wird nachts gearbeitet – zwischen 23.00 und 6.00, § 2 Abs. 3 ArbZG -, hat der Arbeitnehmer gem. § 6 Abs. 5 ArbZG einen Anspruch auf eine „angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren“. Das gilt nur dann nicht, wenn tarifvertragliche Ausgleichsregeln bestehen. Die Nachtarbeit – gerade im Zustellbereich – nimmt zu und die Zahl der tarifvertraglichen Regelungen ab. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis es zur Nagelprobe beim BAG zu der Frage der „Angemessenheit“ kommen musste. Unser Kläger hatte von seinem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber zunächst einen Zuschlag von 11% erhalten. Dieser wurde schrittweise auf 20% angehoben. Der Kläger forderte 30% oder für je 90 geleistete Stunden einen Freizeitausgleich von zwei Tagen.

Das ArbG gab der Klage statt, das LAG sah nur 25% und das BAG hat´s nun wie folgt gelöst: grundsätzlich gibt es 25% und alternativ eine entsprechende Anzahl freier Tage. Weniger könnte es dann sein, wenn die Nachtarbeit bei bloßer Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsgienst mit weniger Belastung verbunden sei. ABER: bei Dauernachtarbeit liege eine wesentlich höhere Belastung vor. Daher seien hier die 30% in Geld oder Zeit zu gewähren (bleibt noch offen, wann eigentlich Dauernachtarbeit vorliegt. Bei dem Kläger war das einfach, denn er arbeitete regelmäßig zwischen 20.00 und 6.00 Uhr).

Gestaltungsmissbrauch und Befristung oder: „Das ist pfui“ – BAG 7 AZR 452/13

Nein, nicht die aktuelle Nahrungssituation im Dschungelcamp… Auch wer nicht gegen den ausdrücklichen Buchstaben des Gesetzes verstößt, kann rechtsunwirksam handeln, weil gegen den hinter der Regelung stehenden Grundgedanken verstoßen wird. Um was ging´s? Der Mitarbeiter war zunächst für fast zwei Jahre bei der ARGE beschäftigt. Wir erinnern uns? Ein Mitarbeiter kann bis zu zwei Jahren ohne Sachgrund beschäftigt werden (14 Abs. 2 TzBfG), danach nur noch mit Sachgrund, wenn es sich um den gleichen Arbeitgeber handelt. Unser Kläger war rechtlich betrachtet nach der ersten Befristung durch einen „anderen Arbeitgeber“ beschäftigt worden. Denn die ARGE wurde rechtlich in die allen bekannten Jobcenter umgewandelt und von diesem wieder für fast zwei Jahre ohne Sachgrund befristet. Formal war´s also ein anderer Arbeitgeber. Daher konnte nach dem „Buchstaben des Gesetztes“ der neue Arbeitgeber (Jobcenter ) ohne Sachgrund befristen. ABER: Es ist dem Arbeitgeber nach „Treu und Glauben“ verwehrt, sich auf die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung zu berufen, wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Vertragsarbeitgeber in bewusstem und gewollten Zusammenwirken aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge schließen, um auf diese Weise über die nach 14 II vorgesehene Befristungsmöglichkeit hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können. Die Missbrauchsabsicht musste vom Kläger nicht bewiesen werden. Es war ausreichend, dass der Kläger das Geschehen vortrug , um den Missbrauchsverdacht zu begründen. Die Beklagte hätte dann die Pflicht, nachvollziehbar gegen den bestehenden Verdacht vorzutragen. Zum wiederholten Male hat es nun im weiteren Sinne die Bundesagentur und ihre obskuren Befristungsvereinbarungen zerrissen. „Die Kinder des Schusters haben die schlechtesten Schuhe“, so heißt es.

Für die Betriebspraxis außerhalb der (arbeits-) rechtlich unbegabten Agentur heißt das:

Der Arbeitgeber läuft immer bei einem fortlaufenden Einsatz mittels erneuter Befristung bei Mutter, Schwester, Tochter, Joint Venture oder Subunternehmen Gefahr, mangels Sachgrund unbefristete abgeschlossen zu haben. Dies zum so mehr, als Arbeitsbedingungen, Ort oder sonstige Bedingungen unverändert fortgeführt werden.

Wesentlich erfolgreicher bei der Gesetzesumgehung war der Erfinder des Bowlings!!!! Das von dt. Einwanderern in die USA eingeführte Kegeln („alle Neune“) war verboten worden, weil die Behörden zu hohe Wetteinsätze und Wettbetrug eindämmen wollten. Zur Umgehung – erstaunlicher Weise mit Erfolg – erfand jemand das Kegeln mit 10 Pins und im Jahre 1847 wurde in New York die erste Bowlingbahn „Gothic Hall Bowling Saloon“ eröffnet.

Das ist schon „recht ungerecht“ – Rentenkürzung auf Zuruf – LAG BaWü 2 Sa 21/14 sowie weitere 87 gleichlautende Urteile

„Geld hat man zu haben“ heißt es im Recht. Warum auch immer der Schuldner nicht leisten kann, er kommt da nicht raus. ABER: es gibt eine „recht“ verwunderliche Rechtsprechung des BAG zur Kürzung von Betriebsrenten. Hier ist sie: Der EnBW Konzern wollte sparen…. (Schwaben halt). Und einer der einfachsten Ansätze ist immer der Rententopf. Denn hierdurch sind lebenserhaltende Maßnahmen, aber auch eine Gewinnsteigerung möglich (für Übernehmer auch gerne eine Erhöhung der Ausschüttung!). Wie geht das? EnBW wollte eine Milliarde einsparen, 10 schlappe Millionen davon durch Senkung der Betriebsrenten. Durch eine neue Betriebsvereinbarung werden die bereits entstandenen Ansprüche (rückwirkend) verschlechtert. Die klagenden Arbeitnehmer wollten ihre alten Ansprüche behalten. Sie bekamen vor dem ArbG und dem LAG Recht. Die Revision des Arbeitgebers beim Bundesarbeitsgericht führte zu einer Neuverhandlung vor dem LAG unter Berücksichtigung des Rechtsprechung des BAG (Motto: „so, jetzt schaut Ihr Euch das noch mal an und macht das bitte so, wie wir das entschieden hätten“). Und dann sagte das LAG BaWÜ 88 Mal NEIN zu unseren Klägern. Denn nach der Rechtsprechung ist die Ablösung einer Betriebsrente durch ein schlechteres Model mittel BV „recht“ einfach. Unabhängig davon, ob der Vorstand Mist gebaut, die Konjunkturlage (gerade) schlecht oder irgendein riesen Projekt gefloppt ist gilt: „liegen aus der Sicht eines vernünftigen Unternehmers wirtschaftliche Schwierigkeiten vor, ist die Ablösung der betrieblichen Altersversorgung berechtigt. Die bestanden hier, weil eine Wettbewerbsbeeinträchtigung aufgrund einer unzureichenden Eigenkapitalausstattung bestand, die sich in einer sehr niedrigen Eigenkapitalquote widerspiegelte. Daher war die Neuregelung aus der Sicht eines vernünftigen Unternehmers unter Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative der Betriebsparteien (soll heißen: autsch, weil AG und BR gemeinsam neu abgeschlossen haben, macht es das Ganze richtiger und sicherer…) auch nicht unverhältnismäßig, sondern hat sich in das auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage ausgerichtete Gesamtkonzept eingepasst. – wir reden nicht von späteren Anpassungen. Denn geht’s wieder gut, bleibt´s trotzdem wech….

Das Kartell der Dummen (Schienenkartell) – LAG Düsseldorf 14 Sa 800/15

Vorbemerkung: Unser Mann hatte geklagt (wohl Kündigungsschutz). Nun begehrt der Arbeitgeber widerklagend im Gegenzug Schadensersatz. Das wird gerne mal gemacht, um den Kläger unter Druck zu setzen und damit einen Vergleich zu erzwingen oder gar eine Klagerücknahme. Denn erstens kriegt man „Bammel“ und zweitens: egal, ob man die Widerklage abwehren kann oder nicht, die Kosten der Rechtsverteidigung muss unser Kläger in der Ersten Instanz selber tragen…..

Der Arbeitgeber verlangte widerklagend von unserem Kläger (Leiter eines von zehn Verkaufsbüros) 300tsd EURO Schadensersatz. Er selber war zu einer Geldbuße von 88 Millionen verurteilt worden, weil er mit anderen Anbietern Preisabsprachen zulasten der Kunden getroffen hatte. Und das wollte er nun zum Teil wieder rein holen, indem er behauptete, dass sich der Kläger an rechtswidrigen Kartellabsprachen aktiv beteiligt und dadurch seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt habe. Die Widerklage scheiterte bereit daran, dass die vom Arbeitgeber benannten Zeugen keine Beteiligung bestätigen konnten und – noch schärfer – andere von ihrem Recht zur Aussageverweigerung Gebrauch machten, weil die Gefahr eigener Strafverfolgung bestand…. Aber das LAG setzte noch Einen drauf`: im Übrigen scheiterte der Anspruch auch, weil ein erhebliches Mitverschulden des Arbeitgebers bestanden habe. Dieser habe das kartellrechtswidrige Absprachesystem geschaffen. Er habe das den Arbeitnehmern auf einer Tagung nahe gebracht. Hier wurde in Anwesenheit der Geschäftsführer und Vorstände die entsprechende Strategie „mit dem nötigen Nachdruck“ vermittelt. Also selbst wenn unser Mann beteiligt gewesen wäre, wäre sein Tatbetrag im Verhältnis zum Arbeitgeber nur äußerst gering. Schöne Entscheidung. Ähnlich hat das ArbG München gegen die Kündigung einen Vertriebsmitarbeiters im Nahen Osten durch den Siemenskonzern entschieden. Voll Entsetzten musste hier gekündigt werden, weil der Kerl bestochen hatte. Dabei hatte Siemens die

Bestechung selber als (länderabhängige) Kernkompetenz angesehen. Denn der CFO hatte die Mitarbeiter zur Bestechung angehalten…….Die Kündigung verstieß gegen Treu und Glauben, 242 BGB – ArbG München 13 Ca 17197/07

Die Retourkutsche mit der Mithaftung – BAG 8 AZR 116/14

Sagte ich es nicht eben: durch Widerklage wird gerne ein gewisser (Vergleichs-) Druck erzeugt. Der Kläger war für die Festlegung von Arbeitszeitwerten für die im Dienste der Unternehmung arbeitenden Heimarbeiter zuständig. Nachdem unser Kläger mit dem Arbeitgeber wegen der Kündigung einer Zusatzvereinbarung über die Zahlung einer Mehrarbeitspauschale vor dem Arbeitsgericht zu Beginn des Februars gestritten hatte, gab es am 24.2. eine Rüge wegen ungenauen Arbeitens und die Leistungsbeurteilung wurde gesenkt. Am 3.6. gabs ne Abmahnung. Am. 9.6. wurde nach Kündigungsandrohung, in deren Folge zunächst eine Aufhebung vereinbart wurde, die der Kläger wegen „widerrechtlicher Drohung“ erfolgreich anfocht und damit beseitigte.

Am 23.10 wurde der Kläger zu dem Vorwurf angehört, er habe Vorgabezeiten, und damit den Verdienst der Leiharbeitnehmer, zu hoch angesetzt. Am 10.2. des Folgejahres wurde er „im Umfang des ersichtlichen Teilschadens“ iHv.

381.174,93 EURO auf Schadensersatz in Anspruch genommen….. Inzwischen gab´s zwei Kündigungen, die der Arbeitnehmer erfolgreich überstand. Das Arbeitsgericht wies den Schadensersatzanspruch ab, das LAG gab diesem in einem geringen Umfange (20tsd) statt, das BAG wies zur erneuten Prüfung an das LAG zurück. Wesentlich sind dabei die für Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers aufgestellten Grundsätze:

1. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Arbeitnehmer vorwerfbar seine Pflichten verletzt hat, liegt beim Arbeitgeber.. Das gilt sowohl für die Pflichtverletzung als auch das Vertretenmüssen (Verschulden)

2. Der Anspruch auf Schadensersatz sowie dessen Umfang sind weiter davon abhängig, inwieweit der Schaden vorwiegend vom Schädiger oder vom Geschädigten verursacht worden ist. Dabei kann es auf ein Organisationsdefizit beim Arbeitgeber im Hinblick auf die Mitarbeiterführungs- und Kontrollaufgaben des Vorgesetzten des Schädigers ankommen.

3. Sind nach Vorkommnissen in der Vergangenheit keine entsprechenden Kontrollmaßnahmen durch den Arbeitgeber oder auf seiner Seite dafür Verantwortliche ergriffen worden, ist dieses zu seinen Lasten zu berücksichtigen.

Die Botschaft lautet: selbst wenn der Arbeitnehmer nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung (Mittlere Fahrlässigkeit anteilig, grobe Fahrlässigkeit voll) haften müsste, kann das „Organisationsverschulden des Arbeitgebers so erheblich sein, dass der Anspruch gegen Null läuft.

Das muss sich nun die zweite Instanz nochmals anschauen…… Und: das läuft jetzt fast FÜNF Jahre UND hoffentlich ist der rechtsschutzversichert.

Eine Botschaft noch? Ja: Unser Mann sah sich ins Unrecht gestellt und klagte. Die Folge: ganz viel Klage des Arbeitgebers……. Merke: Geld erleichtert klagen….

In zwei Jahren geht’s wieder los – Die (wenig pfiffige) Wahlbeeinflussung durch den Arbeitgeber – LAG Hessen 9 TaBV 44/15

Eine fehlerhafte Wahl ist anfechtbar. Das nicht nur wegen der fehlenden Einhaltung von Formalia – und das sind Viele…, nein, auch wegen anderer Verstöße, die auch sonstige demokratische Wahlen angreifbar machen. Der klassische Fall der Dritte-Welt-Wahl ist die direkte Beeinflussung durch die Machthaber. Und da hat sich eine Deutsche Unternehmung wohl schon ein wenig wie Putin verhalten. Ja, die Pharmaunternehmung Mundipharma aus Limburg. Da hat sich doch tatsächlich die Personalleitung mit einer Gruppe von Mitarbeitern im Vorfeld der Wahl getroffen, um zur Opposition gegen bestimmte Wahlkandidaten aufzurufen., die bereits im BR waren. Dabei wurde auch die Arbeit des bisherigen BR einseitig geschildert und angegriffen. Das passt ins Bild. Bei Mundipharma wurde auch die neue Vorsitzende massiv rechtlich verfolgt, weil sie wohl ein bisschen öfter auf die Mitbestimmung pochte??

Lies: http://www.fr-online.de/wirtschaft/mundipharma-pharmakonzern-stellt-betriebsrat-kalt-,1472780,31534990.html

Jedenfalls ist die Wahl wegen Verletzung der Neutralitätspflicht durch das LAG für unwirksam erklärt worden. Aber der Witz dabei: da die Sache in die Revision zum BAG geht, ist die Entscheidung nicht rechtskräftig und das Gremium bleibt noch bis zu dieser Entscheidung – so Ende 2016 – im Amt.

Dem Arbeitgeber ist zur raten: entweder an´s Gesetz halten – dafür ist´s ja da oder sich zwei Staffeln „House of Cards“ besorgen, um von Kevin Spacey zu lernen, wie man richtig Intrigen schmiedet, ohne erwischt zu werden;-).

Der Cayenne für den Teamleiter oder: Betriebsrat fährt mit – Mitbestimmung bei Dienstwagen? – LAG Hamm – Az. 13 TaBV 86/13

Die Rechtsprechung ging bisher davon aus, dass sowohl die Überlassung als auch der Modalitäten der Dienstwagennutzung mitbestimmungsfrei sind. Dies gilt auch bei Privatnutzung. Diese soll nur ein Annex zu der (mitbestimmungsfreien) Fahrzeugüberlassung zur dienstlichen Nutzung (hä?). MaW: wir können´s zwar nicht wirklich gut rechtfertigen, aber wir machen das jetzt mal so, weil wir´s so sehen wollen…… Andere sahen hier schon immer ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Denn die Privatnutzung eines Dienstwagens stellt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) einen sog. vermögenswerten Vorteil und damit ein Entgelt dar, womit ein Fall der „betrieblichen Lohngestaltung“ nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vorliegt. Das BAG hat dazu bislang noch nicht entschieden.

In dem zu entscheidenden Fall hatte die Arbeitgeberin ohne Beteiligung des BR zwei Arbeitnehmern einen Dienstwagen überlassen, den diese nach den zugrundeliegenden Überlassungsvereinbarungen auch privat nutzen durften. Der Betriebsrat sah hierin eine Verletzung seines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG und beantragte bei dem Arbeitsgericht, es ohne seine Zustimmung oder einen diese ersetzenden Beschluss der Einigungsstelle zu unterlassen, Arbeitnehmern Dienstwagen zur Privatnutzung zu überlassen. Das Arbeitsgericht gab dem Antrag statt.

Das LAG Hamm wies auch die Beschwerde der Arbeitgeberin zurück. Vorliegend habe die Arbeitgeberin das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG dadurch verletzt, dass sie Arbeitnehmern einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung überlassen habe, ohne die Zustimmung des Betriebsrats oder einen die Zustimmung ersetzenden Spruch der Einigungsstelle einzuholen. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in „Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderungen“ mitzubestimmen (geht doch ;-)). Fragen der betrieblichen Lohngestaltung seien alle vermögenswerten Arbeitgeberleistungen, bei denen die Bemessung nach bestimmten Grundsätzen oder einem System erfolge. Mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG seien damit im Ergebnis alle Formen der Vergütung, die der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern mit Blick auf die Arbeitsleistung gewähre. Das BAG hatte zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bereits entschieden, dass die Überlassung eines Dienstwagens auch zur privaten Nutzung einen geldwerten Vorteil und zusätzliche Gegenleistung darstelle. Die Arbeitgeberin legte hiergegen Rechtsbeschwerde beim BAG ein.

Entscheidet das BAG, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht, bleibt des Weiteren unklar, wie weit das Mitbestimmungsrecht reicht. Denn der Streit ging nur um das „Ob“. Dien Inhalte klärt ein Gericht nicht nebenher – oder anders gesagt: nachdem di „Ja“ zur `Mitbestimmung gesagt haben, werden wir die nächsten zehn Jahre eine Tüte voll Einzelfallentscheidungen durchkauen müssen, um ein vollständiges Bild zu bekommen. Das wird wieder mal ne´ super Entscheidung. Angenommen, es bleibt dabei – also Mitbestimmung. Was kann ich denn dann mitbestimmen??? Vorstellbar ist m.E. (nur), dass es um die gerechte Verteilung von Dienstwagen gehen wird, dass also die vom Arbeitgeber erlaubte Nutzung nur mit nachvollziehbaren Gründen auf bestimmte Personen beschränkt werden darf und dass bei verschiedenen, zur Verfügung gestellten Fahrzeugklassen mit entschieden wird, nach welchen Kriterien welche Klasse wem zugeteilt wird. Aber: schauen wir mal.

Kein Schwein (darf (m)ich anrufen) ruft mich an – ArbG München – 9 BVGa 52/15

Sehr zum Missvergnügen intelligenter – t´schuldigung und vorsichtiger ausgedrückt – reflektierender Menschen hatte sich das LAG Rheinland-Pfalz zur Handynutzung am Arbeitsplatz ausgelassen (6 TaBV 33/09). Es hieß dort: KEINE MITBESTIMMUNG BEI VERBOT DURCH DEN ARBEITGEBER. Völlig gegensätzlich nun das ArbG München: KLAR, Mitbestimmung!! Denn hier geht’s doch nicht um das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten, sondern um die betriebliche Ordnung und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb. Acht tatsächlich;-)? Und nun? Tja, zwei unterschiedliche Kulturen, zwei unterschiedliche Entscheidungen – lol. Nein. So lange das BAG nichts dazu gesagt hat, ist es nicht abschlie0ßend geklärt. Und das ist jedenfalls erst mal besser, als mit der einzig bisher ergangenen (Fehl-) Entscheidung des KAG Rh-Pf leben zu müssen. Denn nun kann man bei der innerbetrieblichen Diskussion auch die wunderbaren Argumente des ArbG München setzen und beide Seiten müssen im vernünftigen Kompromiss eine Lösung finden. Denn wie ein Streit ausgeht, wissen wir nicht. Tor A oder B? Na? Da sind ob der Unsicherheit beide bereit aufeinander zu zugehen.

„Bisschen speckig ist nicht schlimm“ oder Kündigung von Bigfoot 7 Ca 4616/15

Zu schwer, um auf eine für 150kg zugelassene Leiter zu klettern, verlegte Platten zerbrechen unter seinem Gewicht, Trittstuf eines Lkw´s mit Übergewicht abgebrochen, Fahrersitz ebenso zerstört. Man kann nicht in Dreierkolonne zur Arbeit fahren, weil nur noch zwei in den Sprinter passen. Auto kann er nicht sicher führen, weil zu nah am Lenkrad. Baugrubenkannte bricht ab, wenn er zu nahe heran kommt und Arbeitskleidung nicht zu bekommen. Der Hartmut war schon knapp 30 Jahre bei dem Garten-Landschaftsbauer tätig und wog ebenso knapp 200 KG. Den Vergleichsvorschlag des Arbeitsgerichts, doch 20 Kilo abzunehmen, wollte Hartmut nicht, hatte er schon sinnlos mittels Therapie versucht. Egal, denn im Ergebnis gab das ArbG gab Hartmut Recht. Denn dem Arbeitgeber sei es nicht gelungen, konkret nachzuweisen, dass Hartmut seine Arbeit nicht mehr verrichten könne.

Tja, nicht jeder, der einem nicht mehr so recht rein passt, muss weichen.

Good night & good luck

Ihr / Euer

Dr. Stephan Grundmann