Nicht ausgelastet – Fehler über Fehler – ArbG Düsseldorf 2 BV 286/16 – Rennquad vs Lamborghini reloaded – LAG Düsseldorf 13 As 746/16 – Macht´s doch einfach richtig – Zuständigkeit des GBR´s – BAG 1 ABR 43/14 – Mach´s doch einfach richtig II – nochmals zum BEM BAG 1 ABR 14/14 – Mach nur einen Plan und er wird scheitern – Mitbestimmung beim Dienstplan Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern 2 TaBVGa 5/15 – Mindestlohn steigt zum 1.1.2017 auf 8,84 Euro – Koalitionsausschuss einigt sich über Eckpunkte für ein Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit – Meldung des BMFSFJ vom 7.10.2016 – und Banker brauchen weniger Schutz – Entfernung von Arbeitnehmern wegen Störung des Betriebsfriedens, § 104 BetrVG – LAG Berlin-Brandenburg – 10 TaBV 367/16 – Ein bisschen was geht immer – Drogenkonsum außerhalb der Arbeitszeit und Kündigung? – BAG – 6 AZR 471/15 – Der Befristungstrick: Mache nur ein Projekt und Du hast nen´ Sachgrund? – BAG 7 AZR 545/14 – Die Kirsche auf der Torte oder: Betriebliche Übung für Rentner – ArbG Köln Aktenzeichen: 11 Ca 3589/16

„In der Jugend Sozialist, sonst kein Herz, im Alter Kapitalist, sonst kein Verstand“.

Er hat´s auf jeden Fall verstanden, der Joschka Fischer 😉

http://www.jfandc.de

Nicht ausgelastet

sind unsere Richterkollegen der bundesdeutschen Gerichte. Lasst uns jetzt nicht über die Ebene der Amts- und Arbeitsgerichte sprechen (Einstiegsgehalt je nach Bundesland um die 4tsd mtl, Anfang, Mitte 40 etwa 5tsd). Denn da ist´s mitunter tatsächlich Hard work für short money. Ein Bundesrichter bekommt nach der Bundesbesoldungsordnung kärgliche bis 120.000,-EURO. Es gibt keine festen „Arbeits- oder Dienstzeiten“. Sie gestalten im Rahmen der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung des Richteramts und zur Sicherstellung der Erreichbarkeit ihren Arbeitseinsatz grundsätzlich selbst….. Auf die Anfrage der Grünen im Bundestag, was denn da so nebenher geht: neben einzelnen Verdienstgranaten – ein BGH Richter setzte 2010 – 2016 1,8!!! Millionen, ein weiterer beim BFH knapp eine Millionen um. Fast alle gehen einer Nebentätigkeit nach. Beim BFH 57 von 59, beim BAG 34 von 38 Richtern usw! Sicher, die Nebentätigkeit steckt oftmals in wissenschaftlichen Buch- und Kommentarbeiträgen. Eng wird´s nur, wenn BFH-Richter im edlen Adlon oder BAG-Richter vor den Herren Kollegen der Großkanzleien für teuer Geld Vorträge halten. Wie war das mit der Hand, die…..;-).

Fehler über Fehler – ArbG Düsseldorf 2 BV 286/16

Ein Jahr noch, aber wir schwingen uns mal so langsam ein….. Schon im letzten NL ging´s a.E. um ein Wahlthema wegen des Listennamens. Hier nun ein ausgesucht schlauer Wahlvorstand (WV), dessen Fehler man sich unproblematisch merken kann. Vorab sei noch gesagt: der WV schläft immer zwei Wochen nach Bekanntgabe des Ergebnisses schlecht, weil so lange die Anfechtungsfrist läuft. Danach kann die Wahl nur noch angegangen werden, wenn sie sogar nichtig ist. Nichtig ist eine Wahl immer dann, wenn die Verstöße so schwerwiegend sind, dass nicht einmal der äußere Anschein einer wirksamen BR-Wahl gegeben ist.

Das brauchte es hier nicht. Unsere Helden des WV´s hatten das Ergebnis nicht bekannt gegeben, womit die Zweiwochenfrist gar nicht lief…. und die Fehler?

Das Wahlausschreiben enthielt unterschiedliche Angaben zur Zahl der zu wählenden BR-Mitglieder, dann wurde Briefwahl angeordnet, gleichzeitig aber auch ein Termin für die Stimmabgabe festgelegt. Schließlich wurden die Unterlagen für die Wahl nicht versandt….. jeder Fehler für sich allein hätte gereicht.

Zur Fortbildung – UNSERE WAHL-APP – erreichbar über www.team-arbeitsrecht.de oder im Appstore unter Team Arbeitsrecht

Rennquad vs Lamborghini reloaded – LAG Düsseldorf 13 As 746/16

 

Ihr erinnert Euch? Der Sportwagenverkäufer ohne Führerschein, der ein Rennquad mit Hochgeschwindigkeit durch Düsseldorf führte, um den ihm gerade entwendeten Lamborghini zurück zu holen… Der hatte in der ersten Instanz keinen Erfolg. Aber in der zweiten mittelprächtig schon. Denn hier gab es nun einen Vergleich auf fristgerechte Beendigung und die Zahlung offener Forderungen (Provision). Tja, klagen lohnt (fast) immer.

Macht´s doch einfach richtig – Zuständigkeit des GBR´s _ BAG 1 ABR 43/14

Dabei ist es doch so einfach: § 50 BetrVG regelt zwingend die Zuständigkeitsab-grenzung BR – GBR. Danach ist der GBR nur zuständig, wenn mehrere oder alle Betriebe betroffen sind UND – so die Rechtsprechungserklärung – ein NICHTREGELNKÖNNEN bei den BR´s besteht (technische oder rechtliche Gründe). Wann ist das der Fall? Auf jeden Fall nicht stumpf nur, weil der Arbeitgeber es einheitlich will. Es muss vielmehr logisch zwingende Gründe dafür geben, dass es keinen Sinn macht, dass an sich vorrangig dem BR zustehende Recht auch auf der Eben auszuüben. Worum ging es? GBR und Arbeitgeber hatten eine Betriebsordnung geregelt, nach der Mitarbeiter bereist früher als in dem nach § 5 Ab. I S. 2 Entgeltfortzahlungsgesetz festgelegtem Zeitpunkt (drei Tage) einen Krankenschein vorzulegen hatten (Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). Das fanden 2 von 29! Betriebsratsgremien dov und klagten auf Feststellung der Unwirksamkeit. Was sagt das BAG? Simpel, aber schön: Bei freiwilligen Leistungen kann der Arbeitgeber über das OB und das WIE entscheiden und kann daher selber bestimmen, ob er betriebsübergreifend regeln möchte = GBR.

Unterliegt bereits das OB der Mitbestimmung – wie hier -, können weder Zweckmäßigkeitserwägungen noch der bloße Wunsch des Arbeitgebers die Zuständigkeit des GBR´s begründen.

Übrigens: die Erste Instanz hatte die Klage des BR´s abgewiesen…. unfassbar!! Und noch besser: Erste und Zweite Instanz hatten die übrigen 27 BR nicht an dem Verfahren beteiligt, obgleich diese ebenfalls von Geltung oder Nichtgeltung der GBV betroffen gewesen wären – hat erst das BAG gerichtet.

Mach´s doch einfach richtig II – nochmals zum BEM BAG 1 ABR 14/14

Lies zunächst § 84 SGB IX danach hat der BR ein Recht, mit dem Arbeitgeber die Möglichkeiten des Betrieblichen Eingliederungsmanagements zu „klären“. Eine Möglichkeit der Erzwingung genereller Verfahrensregeln besteht nicht. Auch unterliegt die Umsetzung konkreter Maßnahmen im Anschluss daran nicht der Mitbestimmung. Es geht lediglich um Unterrichtung und Beratung mit dem Ziel, eben diese „Möglichkeiten“ eine bestehende Arbeitsunfähigkeit zu überwinden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen, und eine möglichst dauerhafte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu fördern,         zu sehen, zu besprechen, zu beraten (BAG, sehr schön: „Etablierung eines unverstellten, verlaufs- und ergebnisoffenen Suchprozesses“). Aus diesem Grund kann auch nicht ein bestimmtes Gremium zur Behandlung von BEM-Fragen erzwungen werden. Letztlich noch für alle „Fürsorglichen“: die Entscheidung, ob der BR im Gespräch „über die Möglichkeiten“ dabei ist oder nicht, obliegt IMMER NOCH dem Betroffenen. Selbst durch ein Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und BR kann dem Mitarbeiter das Zugegensein des BR nicht gegen seinen Willen „aufgedrängt“ werden.

I.E. erschöpft sich die Mitbestimmung in der Festlegung eines Klärungsprozesses durch generelle Verfahrensregelungen.

Mach nur einen Plan und er wird scheitern – Mitbestimmung beim Dienstplan Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern 2 TaBVGa 5/15

In einer Klinik für Reha-Maßnahmen wurden die maßgebenden Arbeitszeiten durch bereichsbezogene Dienstpläne mit unterschiedlichen Vorlaufzeiten festgelegt. Im Bereich des Pflegedienstes wurde dem Betriebsrat zu Beginn des Vormonats vor dem Einsatzmonat von der Arbeitgeberin ein Dienstplan vorgelegt. Sofern der Betriebsrat bis zum 10. des Vormonats dem Plan nicht widersprochen hatte, wurde er von der Arbeitgeberin als verbindlich angesehen und Bereich ausgehängt.

Dem Betriebsrat war der Entwurf des Dienstplans für den Monat April 2015 Anfang März 2015 zugeleitet worden. Bis zum 10. März äußerte sich der Betriebsrat nicht dazu. Mit Beschluss vom 13. März verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung. Trotz der verweigerten Zustimmung, versuchte die Arbeitgeberin den Dienstplan für die betroffenen Arbeitnehmer durch Aushang verbindlich zu machen. Nach diesem Dienstplan wurde auch tatsächlich gearbeitet. Der Betriebsrat sah hier sein Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung der Lage der Arbeitszeit (gem. § 87 Absatz 1 Nr. 2 BetrVG) als verletzt an.

  • 87 Absatz 1 Nr. 2 BetrVG verlangt eine durch Beschluss des Gremiums herbeigeführte Zustimmung des Betriebsrats zu jedem Dienstplan, mit dem die Arbeitgeberin die Arbeitszeit der davon betroffenen Arbeitnehmer verbindlich festlegen will. Davon kann allenfalls im Rahmen einer Betriebsvereinbarung, in der Grundsätze der Dienstplanung geregelt sind, in engen Grenzen abgewichen werden.

Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, dem Betriebsrat eine Frist zur Zustimmung zu setzten, bei deren Verstreichen er von einer Zustimmung ausgehen kann. Aus dem bloßen Unterlassen einer Äußerung des Betriebsrats zu dem Dienstplanentwurf kann nicht auf Zustimmung geschlossen werden.

Mindestlohn steigt zum 1.1.2017 auf 8,84 Euro

Pressemitteilung des BMAS vom 26.10.2016

Das Bundeskabinett hat am 26.10.2016 die Mindestlohnanpassungsverordnung beschlossen. Diese sieht vor, dass der gesetzliche Mindestlohn (§ 1 MiLoG) zum 1.1.2017 auf 8,84 Euro je Zeitstunde ansteigt. Die Anpassung beruht auf dem Beschluss der Mindestlohnkommission vom 28.6.2017.

Koalitionsausschuss einigt sich über Eckpunkte für ein Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit – Meldung des BMFSFJ vom 7.10.2016 – und Banker brauchen weniger Schutz

Der Koalitionsausschuss hat sich am 6.10.2016 auf Eckpunkte für ein Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit geeinigt. Danach erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten einen individuellen Auskunftsanspruch gegen den Arbeitgeber, um zu erfahren, wie sie im Vergleich zu anderen bezahlt werden. In tarifgebundenen Unternehmen soll der Auskunftsanspruch durch den Betriebsrat wahrgenommen werden können. In Unternehmen mit mindestens 500 Beschäftigten wird darüber hinaus ein Prüfverfahren eingeführt. Für Kapitalgesellschaften wird dieses durch eine Berichtspflicht über Maßnahmen zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit ergänzt.

Das Gesetz soll im Sommer 2017 verabschiedet werden. Nach Inkrafttreten ist eine Evaluation im Hinblick auf die Wirksamkeit, die Reichweite und den mit dem Gesetzt verbundenen Erfüllungsaufwand geplant.

Und da kritisiert schon – nicht ganz zu Unrecht – die „Neue Richtervereinigung“

  • bei Tarifverträgen soll vermutet werden, dass Gehaltsunterschiede angemessen sind,
  • der individuelle Auskunftsanspruch besteht nur in Betrieben mit mehr als 200 AN (wieso nicht zumindest auf Unternehmen abstellen),
  • der Betriebsrat wird überfordert, weil er in tarifgebundenen Unternehmen die Auskunft erteilen soll,
  • ein betriebliches Überprüfungsverfahren ist für die Arbeitgeber freiwillig,
  • es sollte eine Verbandsklage durch Gewerkschaft ermöglicht werden, damit der einzelne nicht im Feuer steht.

Und wo wir schon bei Neuerungen sind: in Fachkreisen der Banken und Jurakollegen wird diskutiert, ob man den Kündigungsschutz nicht an einer Jahresleistung festmachen soll. Etwa ab 300tsd p.a. kein Kündigungsschutz (evtl. verknüpft mit einer automatischen Abfindungsregelung). Konkreter Anlass: Brexit – aufgrund dessen auch ein massiver Zustrom englischer Banker nach FaM gesehen wird – die spinnen doch.

Entfernung von Arbeitnehmern wegen Störung des Betriebsfriedens, § 104 BetrVG – LAG Berlin-Brandenburg – 10 TaBV 367/16

Jetzt kommt so richtig Jura. Da gibt’s diesen rumprollenden, pöbelnden, Frauen- und überhaupt menschenfeindlichen Teamleiter D. Bohlen, der soeben einer Mitarbeiterin, die ihm nicht schnell genug regierte zurief: „kannst´ auch noch wat anderes als Nagelpflege“. Jetzt ist´s soweit denkt sich der BR-Vorsitzende: Tagesordnungspunkt der kommenden Sitzung „Entfernung des den Betriebsfrieden störenden Mitarbeiters D. Bohlen nach § 104 BetrVG“.

Spannendes Thema, denn fast jeder hat einen oder mehrere Bohlen oder Bohlinas im Betrieb, deren pures Erscheinen schon Pickel und / oder Sodbrennen erzeugt.

Und da schein der „104“ doch ne große Hilfe sein zu können.

Jetzt kommt´s halt darauf an: was ist eine Störung des Betriebsfriedens?? All zu niederschwellig darf es nicht sein. Ansonsten könnte der BR durch erzieherisches Wirken „den Laden frei machen“. Aber wie hoch sind denn nun tatsächlich die Hürden? „schwierig“, sagt das LAG BB. Denn was ist eine Störung des Betriebsfriedens?? Hier war folgendes passiert:

Der Störer (Beteiligter zu 3) ist bei der Arbeitgeberin als Vorarbeiter beschäftigt. In seinem Objekt werden ca. 20-30 Arbeitnehmer der Arbeitgeberin eingesetzt. Neben dem Beteiligten zu 3) sind ein weiterer Vorarbeiter sowie hierarchisch vorgesetzt ein Objektleiter tätig. Es obliegt dem Beteiligten zu 3), die Arbeitnehmer bei der Ausführung dieser Arbeiten anzuleiten, auszuwählen und deren Ausführung zu überwachen sowie in gewissem Umfang selbst Leistungen zu erbringen.

Die Arbeitnehmer der Arbeitgeberin müssen sich beim Betreten des Objektes M. in Zutrittslisten beim dortigen Wach- bzw. Pförtnerdienst eintragen. Im Objekt waren vor der Einleitung dieses Verfahrens die Arbeitnehmer N., T. und Y. eingesetzt, welche sich beim Betriebsrat über den Objektleiter und die Vorarbeiter beschwert hatten. Im Anschluss an ein daraufhin mit den Betroffenen geführten Gespräch, in welchem es auch um Manipulationsvorwürfe hinsichtlich der Arbeitszeiteinteilung ging, wies die Arbeitgeberin den Objektleiter und die Vorarbeiter an, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Objekt M. künftig gemäß den gesetzlichen Vorgaben unter Beachtung des Arbeitszeitgesetzes einzusetzen. Zwischenzeitlich sind die drei Arbeitnehmer aus dem Unternehmen der Arbeitgeberin ausgeschieden.

Am 16. Oktober 2014 unterzeichnete der Beteiligte zu 3) die Abnahmeprotokolle für eine produktionsbegleitende Reinigung der Mühle und Rösterei und der Hallenbodenreinigung der Rösterei. Am 24. April 2015 war der Arbeitnehmer B. von 14.00 Uhr bis 22.00 Uhr und am 25. April 2015 erneut von 06.00 Uhr bis 14.00 Uhr eingesetzt. Im Betrieb existiert eine Unterschriftenliste, in welche sich die Arbeitnehmer der Arbeitgeberin für eine Versetzung der drei Beschwerdeführer N., T. und Y. aus dem Objekt ausgesprochen haben sollen.

Der Betriebsrat behauptet, nach den Angaben der drei Beschwerdeführer sei es im Objekt zu umfangreichen Arbeitszeitmanipulationen gekommen, wobei dem Kunden Leistungen abgerechnet worden sein, welche tatsächlich nicht erbracht worden sein. Die von den Arbeitnehmern erbrachten Arbeitsstunden seien zum Teil nicht vollständig abgerechnet worden. Auf der anderen Seite sei der Arbeitgeberin vorgetäuscht worden, dass für andere Arbeitnehmer mehr Lohn zu bezahlen wäre. Die Beschäftigten seien vom Beteiligten zu 3) unter Androhung von Versetzungen oder der Nichtverlängerung befristeter Arbeitsverträge dazu gedrängt worden, vom Betriebsrat nicht genehmigte Überstunden zu machen. Ferner habe der Beteiligte zu 3) die Beschäftigten bei Auftragsmangel nach Hause geschickt und hierbei von ihnen verlangt, dies als Urlaub zu akzeptieren. In der Folge seien diejenigen Arbeitnehmer, welche sich gegen eine solche Behandlung gewendet hätten, noch stärker bei den Diensteinteilungen etwa durch Entzug von Arbeitsstunden, Einteilung zu ungünstigen Zeiten und zu schwierigen Arbeiten sanktioniert worden, was die betroffenen Arbeitnehmer als Mobbing erlebt hätten. Der Beteiligte zu 3) habe auch wiederholt Mitarbeiter, insbesondere die drei Beschwerdeführer, im Urlaub oder während der Arbeitsunfähigkeit zu Hause angerufen und von ihnen verlangt, dass sie zur Arbeit erscheinen sollten. Der Betriebsrat behauptet weiter, bei einem für einzelne Monate durchgeführten Abgleich zwischen den Anwesenheitslisten und den vom Kunden geführten Zugangsprotokollen habe er kontinuierliche Abweichungen festgestellt. Nach den Unterlagen wären in erheblichem Umfang Arbeitszeiten für Arbeitnehmer angefallen, welche gar nicht im Objekt anwesend gewesen seien. Der Beteiligte zu 3) habe teilweise Unterschriften auf den Zutrittslisten gefälscht, z.B. im Dezember 2014 und im Januar 2015, was der Objektleiter in einem anderen gerichtlichen Verfahren auch eingeräumt habe. Die in den Abnahmeprotokollen vom 16. Oktober 2014 angegebenen Leistungen habe der Beteiligte zu 3) nicht ausgeführt. Entweder habe er diese von anderen Beschäftigten ausführen und für sich abrechnen lassen oder er habe den Kunden die Arbeitsleistungen vorgetäuscht. Auch auf dem für den 15. Oktober 2014 erstellten Abnahmeprotokoll habe der Beteiligten zu 3) fälschlich unterschrieben. Darüber hinaus seien für den Sohn des Beteiligten zu 3) schon seit 2011 Arbeitsstunden abgerechnet worden, obwohl dem Betriebsrat dessen Einstellung erst 2013 mitgeteilt worden sei. Es liege daher die Vermutung nahe, dass die von anderen Mitarbeitern erbrachten Leistungen nicht gegenüber diesen, sondern stattdessen auf Veranlassung des Beteiligten zu 3) über seinen nicht im Betrieb beschäftigten Sohn abgerechnet worden seien. Schließlich habe der Beteiligte zu 3) bei der Diensteinteilung die gesetzlichen Ruhezeiten nicht eingehalten. Die Arbeitszeiten von Herrn B. am 24. und 25. April 2015 seien unter Aufsicht des Beteiligten zu 3) geleistet worden.

Der Beteiligte zu 3) habe sich des Weiteren gegenüber den anderen Mitarbeitern negativ über die drei Beschwerdeführer geäußert und die anderen Mitarbeiter aufgefordert, diese Mitarbeiter zu meiden. So sei er auf Initiative des Objektleiters mit einer Unterschriftenliste gegen die betroffenen Mitarbeiter durch den Betrieb gegangen und habe die Mitarbeiter unter Androhung negativer Konsequenzen zur Unterschrift aufgefordert. Durch die geschilderten Vorfälle sei ein erheblicher finanzieller Schaden für die Arbeitgeberin entstanden, welcher auch Auswirkungen auf die Belegschaft habe. So sei die Beschäftigung der Arbeitnehmer gefährdet, weil die gegenüber dem Kunden begangenen Manipulationen die Vertragsbeziehung zur Arbeitgeberin negativ beeinflussen würden. Die Gesundheit der Arbeitnehmer sei durch die übermäßige Arbeitsbelastung und die weiteren negativen Einwirkungen auf die Arbeitnehmer beeinträchtigt bzw. ernstlich gefährdet. Die Stimmung der Mitarbeiter in dem Kundenobjekt sei von Angst und Anspannung geprägt. Die Belegschaft fühle sich von dem Beteiligten zu 3) bedroht.

Ob dieser – streitige – Sachverhalt zutrifft und die unbillige Behandlung gegebenenfalls grob im Sinne des § 104 Satz 1 BetrVG war, bedarf aber nur der Aufklärung durch das Gericht, wenn dadurch der Betriebsfrieden betroffen wäre und zwar nicht nur irgendwie, sondern ernstlich. Es genügt weder die Störung des Betriebes bzw. der Abläufe im Betrieb oder die Gefährdung des Friedens im Betrieb, sondern der Frieden im Betrieb muss konkret betroffen sein. Weitgehend ungeklärt ist in der Rechtsprechung aber, was den Betriebsfrieden auch im Rahmen des § 104 BetrVG konkret ausmacht und wann eine Störung dessen als „ernstlich“ zu qualifizieren ist.

Im Jahre 1982 bestätigte es die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung eines Arbeitnehmers vom November 1979, der mit einer auf seinem Arbeitsanzug angehefteten 12 bis 15 cm großen Plakette mit einer Karikatur des Bayerischen Ministerpräsidenten und damaligen Kanzlerkandidaten der CDU/CSU Franz Josef Strauß erschien, wobei dieser von zwei Querstrichen durchkreuzt und mit der Aufschrift „Strauß – nein danke“ versehen war. Der Begriff des Betriebsfriedens sei abhängig und werde bestimmt von der Summe aller derjenigen Faktoren, die – unter Einschluss des Betriebsinhabers (Arbeitgebers) – das Zusammenleben und Zusammenwirken der in einem Betrieb tätigen Betriebsangehörigen ermöglichen, erleichtern oder auch nur erträglich machen würden. Der Betriebsfrieden als ein die Gemeinschaft aller Betriebsangehörigen umschließender Zustand sei daher immer dann gestört, wenn das störende Ereignis einen kollektiven Bezug aufweise, auch wenn davon unmittelbar nur wenige Arbeitnehmer betroffen seien. Um eine Störung des Betriebsfriedens anzunehmen, sei es nicht erforderlich, dass die gesamte oder die Mehrheit der Belegschaft oder ganze Betriebsabteilungen über einen Vorgang im Betrieb in Unruhe geraten, in Empörung ausbrechen oder ihren Unmut in spontanen Kundgebungen äußern würden.

Im Jahre 2004 sah das BAG eine Zustimmungsverweigerung eines Betriebsrates im Rahmen des § 99 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG nicht als erheblich an, da die Belegschaft eines Betriebs nicht vor jedem ihr missliebigen, den Betriebsfrieden störenden neuen Mitglied zu schützen sei, sondern nur vor solchen, die voraussichtlich den Betriebsfrieden durch ein vom Gesetz ausdrücklich missbilligtes Verhalten stören würden. Das seien aber nur Gesetzesverstöße und Verstöße gegen die Grundsätze des § 75 Abs. 1 BetrVG. Zwar habe der in diesem Fall zur Einstellung vorgesehene Arbeitnehmer im Rahmen eines früheren Arbeitsverhältnisses im selben Betrieb als Wachleiter einem anderen Arbeitnehmer Unterlagen im Zusammenhang mit geplanten Veränderungen von Leitungsstrukturen entwendet und diese inklusive psychologischer Beurteilungen von Mitarbeitern und Bewerbern kopiert an die übrigen Wachleiter verschickt. Dies sei mit der Verletzung des Persönlichkeitsrechts auch ein Gesetzesverstoß nicht jedoch eine Straftat oder ein Verstoß gegen die Grundsätze des § 75 Abs. 1 BetrVG gewesen.

Trotz der vorstehend beschriebenen diversen Definitionen ist es bis heute nicht gelungen, einen geeigneten eindeutigen Maßstab für die Definition des Betriebsfriedens zu finden. Der auf Recht, Sitte und Moral begründeten Zustand der Harmonie und des Ausgleichs im Zusammenleben und Zusammenwirken aller in einem Betrieb tätigen Menschen ist vielleicht erstrebenswert, aber doch eher eine Utopie. Sachgerecht erscheint eher eine Orientierung an § 2 ArbSchG. Denn danach ist die Belegschaft nicht nur vor Unfällen bei der Arbeit sondern auch vor arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren zu schützen. Nach § 4 Nr. 1 ArbSchG ist die Arbeit so zu gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und die psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird. § 4 Nr. 4 ArbSchG beschreibt, dass nicht nur Technik, Arbeitsorganisation und Umwelt erheblichen Einfluss auf die Arbeitsgestaltung haben, sondern auch sonstige Arbeitsbedingungen und soziale Beziehungen. Deshalb dürfte es im Rahmen des § 104 BetrVG erforderlich sein, dass durch Verhaltensweisen des betroffenen „Täters“ die physische oder die psychische Gesundheit der Belegschaft oder zumindest von Teilen der Belegschaft betroffen ist. Das kann auch durch eine ungerechte (unbillige) Behandlung geschehen. Ernstlich ist eine Störung zunächst, wenn sie in ihrer Intensität erheblich oder gravierend war. Im Rahmen des § 104 BetrVG gehört aber weiter dazu, dass die Störung des Betriebsfriedens noch andauert bzw. eine konkrete Wiederholungsgefahr nicht nur der „Täter“-Handlung, sondern gerade der Störung des Betriebsfriedens besteht. Da die drei Arbeitnehmer N., T. und Y. mittlerweile alle den Betrieb verlassen haben, müsste es aufgrund von Tatsachen ersichtlich sein, dass durch das Verhalten des Beteiligten zu 3), und zwar durch dessen gesetzwidriges oder gegen die Grundsätze des § 75 BetrVG verstoßendes Verhalten auch zukünftig weiter der Betriebsfrieden gestört wird.

Der Vortrag des Betriebsrates beinhaltet nicht nur keine Namen, sondern abgesehen von der allgemein beschriebenen Drohung mit Nachteilen für den Fall der Nichtunterzeichnung der Unterschriftenliste zur Entfernung der drei Beschwerdeführer keinen konkreten Sachvortrag. Selbst wenn man dieses – streitige – Verhalten als ausreichenden Sachvortrag für eine nachhaltige Störung des Betriebsfriedens ansehen würde, sind die drei Arbeitnehmer, gegen die sich die Unterschriftenliste richtete ausgeschieden. Dass durch eine vergleichbare Handlung auch weitere Arbeitnehmer angegriffen werden würden, ist weder dem Vortrag des Betriebsrates noch irgendwelchen sonstigen Umständen zu entnehmen. Fortdauernde oder bevorstehende psychische oder physische Belastungen durch gesetzwidriges oder gegen die Grundsätze des § 75 Abs. 1 BetrVG verstoßendes Verhalten des Beteiligten zu 3) waren nicht ersichtlich.

Das vom Betriebsrat behauptete Klima der Angst und Einschüchterung war durch keinerlei Tatsache über die drei Arbeitnehmerbeschwerden hinaus auch nur ansatzweise beschrieben. Insofern wäre dazu mit der Vernehmung der Belegschaft gegebenenfalls erst ein Rahmen geschaffen worden. Das ist aber nicht der Sinn des Untersuchungsgrundsatzes, sondern eine Ermittlung ins Blaue hinein.

Ein bisschen was geht immer – Drogenkonsum außerhalb der Arbeitszeit und Kündigung? – BAG – 6 AZR 471/15 –

Das hatten wir doch schon: auch Verhalten außerhalb der Arbeitszeit / Freizeitverhalten kann eine Kündigung – hier sogar eine außerordentliche Kündigung begründen (?).

Ein Berufskraftfahrer darf seine Fahrtüchtigkeit nicht durch die Einnahme von Substanzen wie Amphetamin oder Methamphetamin („Crystal Meth“) gefährden.

Zur Fortbildung evtl. in die Serie „Breaking Bad“ reinschauen.

Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung kann die außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Droge vor oder während der Arbeitszeit konsumiert wurde. Jetzt aber mal genauer:

Unser Mann, war am Vorabend des Drogentests noch munter mit dem großen Wagen unterwegs. Am Folgetag ergab ein „Wischtest“, dass da obiges „eingeworfen“ wurde. Und die Herren in blau / schwarz nahmen dem Jungen den Führerschein weg. Der meldete für den Folgetag beim Arbeitgeber: „ich finde meinen Führerschein nicht, die Polizei hat mir deswegen verboten zu fahren (argh)“!

Auf Drängen des Arbeitgebers wurde dann doch eine Folgetour gefahren und im anschließenden Telefonat gestand der Mitarbeiter den positiven Drogentest.

Nach Kündigung wandelte das Arbeitsgericht die außerordentliche in eine ordentliche, in der Berufung wurde das ArbG zugunsten des Arbeitnehmers bestätigt und nun das BAG:

Es ist eine Nebenpflicht des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Diese Pflicht dient Schutz und Förderung des Vertragszwecks. Aus ihr leitet sich die allgemeine Pflicht des Arbeitnehmers ab, den Arbeitgeber iRd Zumutbaren unaufgefordert und rechtzeitig über Umstände zu informieren, die einer Erfüllung der Arbeitspflicht entgegenstehen. Deshalb hat ein Arbeitnehmer den Verlust seiner Fahrerlaubnis unverzüglich mitzuteilen, wenn er diese für die Erbringung seiner Arbeitsleistung benötigt. Zu den Nebenpflichten gehört auch die Schadensabwendungspflicht, nach welcher der Arbeitnehmer gehalten ist, drohende Schäden vom Arbeitgeber abzuwenden oder zu beseitigen, soweit ihm dies möglich und zumutbar ist. In diesem Zusammenhang damit steht die Verpflichtung des Arbeitnehmers, bemerkbar oder voraussehbare Schäden oder Gefahren dem Arbeitgeber unverzüglich anzuzeigen. Verstößt der Arbeitnehmer zumindest bedingt vorsätzlich, liegt darin eine erhebliche Pflichtverletzung, die zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt. Also war nicht das Sniffen das Problem, sondern die wahrheitswidrige (Nicht) Mitteilung über den Führerscheinentzug und dessen Hintergrund.

Der Befristungstrick: Mache nur ein Projekt und Du hast nen Sachgrund? – BAG 7 AZR 545/14

Der Arbeitgeber war die Kommune, sprich das JOBCENTER, bei dem unser Kläger befristet beschäftigt war. Für ein Modellprojekt „Bürgerarbeit“ wurde mit eben diesem Grund – Projekt – nach § 14 I S.2 Nr. 1 TzBfG – befristet eingestellt. Am Ende sah das der Kläger anders und meinte, es habe sich um eine Daueraufgabe gehandelt, für die nicht nur ein „Vorübergehender Bedarf“ bestanden habe. Vermittlung sei schließlich Daueraufgabe. Lässt sich hören. Denn tatsächlich – s.o. – Sachgrund an nur ein „vorübergehender Bedarf“ sein. Ein solcher kann durch einen eben vorübergehenden Anstieg des Beschäftigungsbedarfs wegen gestiegenen Arbeitsvolumens oder durch die Übernahme eines Projekts oder einer Zusatzaufgabe, für deren Erledigung das Stammpersonal nicht ausreicht, entstehen.

Bei der Projektaufgabe muss es sich um vorübergehende, gegenüber den Daueraufgaben des Arbeitgebers abgrenzbare Zusatzaufgabe handeln. Dies ist nicht der Fall bei Tätigkeiten, die der Arbeitgeber im Rahmen den von ihm verfolgten Betriebszweck dauerhaft wahrnimmt oder zu deren Durchführung er verpflichtet ist. Deshalb kann der Arbeitgeber einen Sachgrund nicht dadurch herbeiführen, dass er im Wesentlichen unveränderte Daueraufgaben in organisatorisch eigenständige Projekte aufteilt. Wird für ein solches Projekt befristet, muss bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu erwarten sein (Prognose), dass die im Rahmen des Projektes durchgeführten Aufgaben nicht dauerhaft anfallen. In unserem Fall konnte das Jobcenter argumentieren – jedenfalls aus Sicht des BAG erfolgreich, was das LAG zuvor NICHT so gesehen hatte -, dass es sich um ein gesetzlich nicht vorgesehenes und teilweise durch Drittmittel finanziertes Zusatzprogramm zur Vermittlung von Langzeitarbeitslosen handelt. Vor allem die zweite Phase des Projekts beruhe auf einem andren methodischen Ansatz, indem zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten auf sog „Bürgerarbeitsplätzen“ geschaffen wurden. Das reichte dem BAG – MIST.

Die Kirsche auf der Torte oder: Betriebliche Übung für Rentner – ArbG Köln Aktenzeichen: 11 Ca 3589/16

Das Arbeitsgericht Köln hat die Klagen mehrerer Betriebsrentner eines Kölner Nahrungsmittelherstellers abgewiesen, die von ihrem ehemaligen Arbeitgeber wie in den Vorjahren eine Marzipantorte und ein Weihnachtsgeld in Höhe von 105,00 EUR verlangten.

Die Kläger machten geltend, dass alle Betriebsrentner in den letzten Jahren diese Leistungen erhalten hätten und damit eine betriebliche Übung entstanden sei, die einen Anspruch auch für die Zukunft begründe.

Dem folgte das Arbeitsgericht nicht. Eine betriebliche Übung sei zum einen deshalb nicht entstanden, weil nicht alle Betriebsrentner in der Vergangenheit das Weihnachtsgeld und die Torte erhalten hätten. Zum anderen habe der Arbeitgeber mit den jeweils gleichzeitig übermittelten Weihnachtsschreiben deutlich gemacht, dass die Leistungen immer nur für das aktuelle Jahr gewährt werden.

Die Rentner hätten deshalb nicht davon ausgehen dürfen, auch in den Folgejahren in den Genuss einer Marzipantorte und des Weihnachtsgeldes zu kommen.

Das Urteil ist rechtskräftig, da die Berufung nicht zugelassen wurde – Streitwert zu niedrig;-).

Good Night & Good Luck

Ihr, Euer

Dr. Stephan Grundmann