Dr. Grundmann – Newsletter vom 28. Januar 2016
Einleitung zu 2016…. oder: I would prefer not to
Tuste mehr, kriegste mehr – Mehrvergütung für (vertraglich nicht geschuldete) höherwertige Tätigkeit BAG 5 AZR 874/12 – Schöner Versuch: Mehrmaliges Vertreterhandeln bei nur einmaliger Vorlage der Vollmachtsurkunde BAG – 6 AZR 492/14 – Anrechnung eines Praktikums auf die Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis? Ne! BAG – 6 AZR 844/14 – BAG zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten in einer Betriebsrentenordnung BAG 3 AZR 575/14 – Der EuGH hat´s vor gemacht: Abfindungsregelung in Sozialplan unterliegt AGG – Ein pauschaliertes Berechnungssystem für Schwerbehinderte kann eine Diskriminierung darstellen BAG – 1 AZR 938/13 – Schöner Versuch II: Hätt´man sich denken können: Weiterbeschäftigungspflicht bei betriebsbedingter Kündigung und Erstreckung auf im Ausland gelegene Arbeitsplätze BAG – 2 AZR 3/14 – Schöner Versuch III – Zugang einer Kündigung, Keine Verpflichtung zur sonntäglichen Briefkastenleerung – LAG Schleswig-Holstein 2 Sa 149/15 – Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Schwerbehindertenvertretung aufgrund Abmahnung gegenüber einem Mitglied der Vertretung ist Beschlussverfahren einschlägig LAG Nürnberg 2 Ta 132/15 – Furchtbare BEM 😉 Arbeitsgericht Berlin 28 Ca 9065/15
UNFASSBAR und lesenswerter Schluss: Die Ver.di Oper – Kein Ruhmesblatt oder wie man Arbeitnehmern NICHT hilft.
Einleitung zu 2016…. oder: I would prefer not to
Ja, großes Kino – „Jeder Mensch ist ein anderes Land“ – oder Schopenhauer: „Bei gleicher Umgebung lebt doch jeder in einer anderen Welt“.
Und so spricht der Betriebsrat vom Verlust von Arbeitsplätzen und die andere Seite von „Anpassungen“ mit „eingestellter Flughöhe, bei der auf Sicht geflogen wird“. Und wenn man dann „eingeschwungen ist“ (hier verstehen nur noch golfspielende Betriebsräte aus dem Außendienst keinen „Bahnhof“), kann man „Fahrt aufnehmen“ und die Sache kann endlich „fliegen“. Bullshit-Bingooooooo (https://de.wikipedia.org/wiki/Buzzword-Bingo)
And now to something (not) completly different: „Sapere aude“ oder frei übersetzt: „Versuchs mal mit dem Kopf“. Wenn man Kant in ganzen Sätzen bemüht = „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbst verschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen.“
Könne das bitte alle Beteiligte in 2016 versuchen?? Bewusst sage ich: „alle Beteiligte“. „Oh Herr, schmeiß Hirn vom Himmel“. Dann nehmt das mal als Vorsatz, um ihn schwungvoll spätestens im Februar zu brechen.
Tuste mehr, kriegste mehr – Mehrvergütung für (vertraglich nicht geschuldete) höherwertige Tätigkeit – BAG 5 AZR 874/12
In Anlehnung an Überstundenleistung ohne Vereinbarung… Ihr erinnert Euch? Leistet der Arbeitnehmer Überstunden, ohne dass eine Vereinbarung dazu besteht, ist wegen des Fehlens einer Regelung § 612 BGB heran zu ziehen und zu prüfen, ob für diese Entgelt (üblicherweise) zu leisten ist. Die Frage lautet: Fließt hier üblicherweise Geld?? Das hängt dann von der konkreten Vertragsebene des Mitarbeiters und der Höhe des bereits geleisteten Entgelts ab.
Der zu entscheidende Fall geht in die gleiche Richtung: Der Arbeitnehmer schuldet nur die vereinbarte Tätigkeit. Für die erhält er das „passende“ Entgelt. Leistet er aber eine höherwertige Tätigkeit als nach dem Vertrage vereinbart, so kann er nach 612 BGB eine zusätzliche Vergütung verlangen, wenn die höherwertige Tätigkeit den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Das ist im zu entscheidenden Fall die Vergütung gewesen, die der Vertretene üblicherweise beim Arbeitgeber zu erhalten hat. Hier vertrat der Referatsleiter den Abteilungsleiter. Man beachte: die Vorinstanzen hatten abgewiesen – BAG sagt nun klarstellend: § 612 erfasst neben der quantitativen auch die qualitative Mehrleistung. Also stand ihm eine höhere Vergütung zu. ACHTUNG: Tarifverträge können auch ungünstigere Regelungen, gebunden an eine festgelegte Höherwertigkeit und einen bestimmten Zeitumfang der Leistungserbringung enthalten.
Schöner Versuch: Mehrmaliges Vertreterhandeln bei nur einmaliger Vorlage der Vollmachtsurkunde BAG – 6 AZR 492/14 –
Alter (billiger, aber erlaubter) Anwaltstrick, den auch der BR nutzen kann: Bei der Abgabe einer einseitigen Erklärung – Kündigung von Arbeitsvertrag oder Betriebsvereinbarung – kann der Erklärungsempfänger, der Arbeitnehmer oder Betriebsrat, dem Erklärenden entgegen halten: „zeige mir doch mal die schriftliche Vollmachts(urkunde)“. Kann er das nicht, ist die Erklärung, also Kündigung, unwirksam. Das ist immer voll klasse, wenn dadurch die Einhaltung einer (Erklärungs-) Frist platzt. Beispiel: Arbeitgeber, vertreten durch den Personalleiter, kündigt eine BV am letztmöglichen Termin zum Jahresende. Wird vom BR das Bestehen einer Vollmacht bestritten und gelingt es nicht mehr noch am selbigen Tage eine bei zu bringen, ist diese Kündigung „um´s Eck“. Gerade bei der Kündigung von Arbeitsverträgen denkt der Arbeitgeber – nach schmachvoller Erfahrung – oftmals doch daran. Aber: die Vollmacht erstreckt sich regelmäßig nur auf die eine Kündigung. Muss nochmals gekündigt werden, weil die erste „wackelt“, müsste neu bevollmächtigt werden. Anders natürlich, wenn die Vollmacht erkennbare Folgekündigungen umfasst. Dann muss nicht für jeden Fall neu vorgelegt werden.
Der Erklärungsempfänger ist i.S.v § 174 S. 2 BGB von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt, wenn eine früher vorgelegte, den Anforderungen des § 174 S. 1 BGB genügende Vollmacht sich auch auf das später vorgenommene einseitige Rechtsgeschäft erstreckt, etwa auf eine Folgekündigung, sofern dem Erklärungsempfänger nicht zwischenzeitlich vom Vollmachtgeber das Erlöschen der Vollmacht angezeigt worden ist. Dann reicht halt einmal „sehen“.
Anrechnung eines Praktikums auf die Probezeit im Berufsausbildungs-verhältnis? Ne! – BAG – 6 AZR 844/14 –
Wir wissen: Während der Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis kann sich jede Seite ohne Schwierigkeit von dem Vertrag lösen. Ist die Probezeit abgelaufen, ist´s für den Arbeitgeber nur möglich, auf dem Wege der außerordentlichen Kündigung(AOK) aus dem Vertrag herauszukommen. Wenn der spätere Auszubildende ein Praktikum gemacht hat, zählt die Zeit damit zur Probezeit?? In unserem Fall wäre durch die Hinzurechnung die Probezeit zu Ende gewesen und der Arbeitgeber hätte nur noch außerordentlich kündigen können. Was sagt das BAG: Die Dauer eines vorausgegangenen Praktikums ist nicht auf die Probezeit in einem folgenden Berufsausbildungsverhältnis anzurechnen. Auf den Inhalt und die Zielsetzung des Praktikums kommt es nicht an.
Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 20 S. 1 BBiG. Durch die zwingende Anordnung einer Probezeit zu Beginn des Berufsausbildungsverhältnisses soll beiden Vertragspartnern ausreichend Gelegenheit gegeben werden, die für die Ausbildung im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen, was nur unter den Bedingungen des Berufsausbildungsverhältnisses mitsamt seiner spezifischen Pflichten – anders als im Praktikum – möglich ist. Damit kam der Arbeitgeber ohne AOK aus der Sacher heraus. Gleiches dürfte für die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes gelten (greift nach sechs Monaten Beschäftigungsdauer), wenn dem echten Arbeitsverhältnis ein Praktikum voran ging.
BAG zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten in einer Betriebsrentenordnung – BAG 3 AZR 575/14 –
Eine unterschiedliche Behandlung von Arbeitern und Angestellten ist rechtmäßig, wenn mit der Anknüpfung an den Statusunterschied gleichzeitig auf einen Lebenssachverhalt abgestellt wird, der geeignet ist, die Ungleichbehandlung sachlich zu rechtfertigen.
Eine Versorgungsordnung, in der Arbeiter und Angestellte zu unterschiedlichen Versorgungsgruppen zugeordnet werden, stellt als solche zumindest dann keinen Verstoß gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz dar, wenn sie die Zuordnung an die bei Erlass der Versorgungsordnung geltenden unterschiedlichen Vergütungssysteme der Beschäftigungsgruppen anknüpft.
Auch hinsichtlich der konkreten Zuordnung ist eine unzulässige Benachteiligung der Arbeiter zumindest dann nicht gegeben, wenn die Zuordnung anhand der von den Arbeitern durchschnittlich erreichbaren Vergütung vorgenommen wird.
Was soll man dem noch hinzufügen……..
Der EuGH hats vor gemacht: Abfindungsregelung in Sozialplan unterliegt AGG – Ein pauschaliertes Berechnungssystem für Schwerbehinderte kann eine Diskriminierung darstellen – BAG – 1 AZR 938/13 –
Differenziert ein Sozialplan für die Berechnung einer Abfindung zwischen unterschiedlichen Arbeitnehmergruppen, so sind dabei die Diskriminierungsverbote des AGG zu beachten. Eine unmittelbar an das Merkmal der Behinderung knüpfende Bemessung einer Sozialplanabfindung ist daher unwirksam, wenn sie schwerbehinderte Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern, die in gleicher Weise wie sie von einem sozialplanpflichtigen Arbeitsplatzverlust betroffen sind, schlechter stellt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn für Arbeitnehmer, die wegen einer Schwerbehinderung rentenberechtigt sind, ein pauschalierter Abfindungsbetrag vorgesehen ist, während diesen nach der für nicht behinderte Arbeitnehmer geltenden Berechnungsformel ein höherer Betrag zustehen würde. Es ist also unerheblich, dass der Renteneintritt früher voll erfolgen kann. Es ist bei der Berechnung der Abfindungsleistung dennoch auf den „normalen“ Renteneintritt ohne Schwerbehinderung abzustellen. Damit vollzieht das BAG eine Entscheidung des EuGH nach, die bereits vor drei Jahren ergangen ist. Hier hatte es klar geheißen: Darf die Abfindung nicht mehr betragen als bis zum vollen Renteneintritt noch verdient worden wäre, so gilt auch für Schwerbehinderte der Eintritt, der ohne Schwerbehinderung gegolten hätte.
Schöner Versuch II: Hätt´ man sich denken können: Weiterbeschäftigungspflicht bei betriebsbedingter Kündigung und Erstreckung auf im Ausland gelegene Arbeitsplätze – BAG – 2 AZR 3/14 –
Die Idee war nicht dumm, denn schließlich leben wir in einem Europa (fast) ohne Grenzen. Und darum ging es: Die türkische Bank hatte ihren Geschäftsbetrieb in Deutschland eingestellt. Der Kläger verlangte nun eine Weiterbeschäftigung in Istanbul (nicht Deutschland ;-)). Der Grundsatz des Kündigungsrechts ist: wird einem Mitarbeiter im Betrieb gekündigt, hat er nach dem Kündigungsschutzgesetz einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung auf einem FREIEN ARBEITSPLATZ in einem anderen Betrieb des Unternehmens. Also liegt der Gedanke nahe, dass davon auch freie Plätze in einem Betrieb des Unternehmens in einem anderen Land erfasst werden. Musst Du in Aachen gehen, kannst Du in Brüssel weiter machen, gehst Du in Ismaning, gehst Du nach Istanbul. ABER. Die aus § 1 Abs. 2 S. 2 und S. 3 KSchG folgende Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer zur Vermeidung einer Beendigungskündigung an einem anderen – freien – Arbeitsplatz zu beschäftigen, erstreckt sich grundsätzlich nicht auf Arbeitsplätze in einem im Ausland gelegenen Betrieb oder Betriebsteil des Unternehmens.
Eine über die Vorgaben des KSchG hinausgehende „Selbstbindung“ des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in einem im Ausland gelegenen Betrieb des Unternehmens mag sich im Einzelfall aus § 241 BGB, aus § 242 BGB oder aus einem Verzicht auf den Ausspruch einer Beendigungskündigung ergeben können. Beispielsweise, weil eine wirksame Versetzungsklausel mit Erstreckung auf ausländische Betriebe vereinbart wurde. Ansonsten gilt: am Deutschen Recht kann nur der Deutsche sowohl genesen als auch leiden… Übrigens: Wie will man denn den Anspruch im Nachbarland nach dt. Recht durchsetzen???
Schöner Versuch III – Zugang einer Kündigung – Keine Verpflichtung zur sonntäglichen Briefkastenleerung – LAG Schleswig-Holstein – 2 Sa 149/15 –
Auch hier wieder: ein Tag weiter und die Sache sieht ganz anders aus. Während der Probezeit, die im typischen Falle sechs Monate dauert, gibt es keinen Kündigungsschutz. Der Arbeitgeber – geschieht oft genug – nutzt diese voll aus, um am letzten Tag zu kündigen. Unschön, aber Recht. Die Kündigung muss, um wirksam zu sein, dem Mitarbeiter zugehen. D.h. sie muss in seinen „Machtbereich gelangen und für ihn muss die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestehen. Eine Kündigung geht erst dann dem Arbeitnehmer zu, wenn von ihm die Kenntnisnahme erwartet werden kann. Der Arbeitnehmer ist regelmäßig nicht zur sonntäglichen Leerung des Briefkastens verpflichtet. Bei sonntäglichem Einwurf geht eine Erklärung daher erst zur üblichen Leerungszeit am folgenden Werktag zu. Dies gilt selbst dann, wenn am betreffenden Sonntag die Probezeit abläuft und bekannt ist, dass der Arbeitgeber auch sonntags arbeitet.
Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Schwerbehindertenvertretung aufgrund Abmahnung gegenüber einem Mitglied der Vertretung – Arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren einschlägig – LAG Nürnberg – 2 Ta 132/15
Es ist „anerkannt, dass auch solche Rechtsstreitigkeiten zwischen Schwerbehindertenvertretung und Arbeitgeber im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zu verfolgen sind, die die Aufgaben und Befugnisse der Schwerbehindertenvertretung als solche zum Gegenstand haben, auch insoweit als sie die persönlichen Befugnisse und Pflichten der Vertrauenspersonen betrifft, wenn sie ihre Grundlage auch im Amt als Vertrauensperson der Schwerbehinderten haben (Schwab/Weth/ Walker, ArbGG, 4. Aufl., § 2a ArbGG, Rn 99). Deshalb sind Streitigkeiten um die Freistellung eines Mitglieds der Schwerbehindertenvertretung nach § 96 Abs. 4 SGB IX ebenso im Beschlussverfahren zu entscheiden (LAG Nürnberg vom 22.10.2007 – 6 Ta 155/07; LAG Sachsen vom 13.04.2010 – 2 TaBV 23/09) wie um die Kostentragung der Schwerbehindertenvertretung nach § 96 Abs. 8 SGB IX (BAG vom 30.03.2010 – 7 AZR 32/09)“. In die gleiche Richtung muss es bei der Abmahnung eins BR´s gehen. Der Charme: nicht selber klagen müssen. Das Gremium machts.
Furchtbare BEM 😉 – Arbeitsgericht Berlin – 28 Ca 9065/15
Was wir bisher wissen: Der Arbeitgeber muss bei einer Krankheitsdauer von mehr als sechs Wochen am Stück oder zusammen gerechnet innerhalb eines Jahres ein Betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen (§ 84 SGB IX). Hierzu hat der Arbeitgeber im Rahmen eines organisierten Suchprozesses zu prüfen, ob und ggfls in welcher Weise der Arbeitnehmer (wieder) beschäftigt werden kann. Dazu gehören iR eines organisierten Suchprozesses:
- Gespräch Arbeitgeber – Arbeitnehmer
- u.U. Einbeziehung externen Sachverstandes
- evtl. stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Model
- (Hinweis: https://de.wikipedia.org/wiki/Hamburger_Modell_(Rehabilitation)
- und anspruchsvoll: eine Prüfung, ob eine Änderung von Anlagen, Maschinen und Geräten, Umgestaltung Arbeitsplatz / Arbeitsumfeld
- Arbeitsorganisation
- Arbeitszeit
Ansonsten kann die Kündigung unwirksam sein. Im entschiedenen Fall war ein Arbeitnehmer über ein Jahr wegen einer Tumorerkrankung arbeitsunfähig. Der Arbeitgeber hatte – davon ausgehend, dass er nicht zurückkehren werde – gekündigt. Weit gefehlt, denn der Arbeitgeber hatte nicht geprüft, warum der Arbeitnehmer auf dem bisherigen Arbeitsplatz nicht mehr weiter beschäftigt werden kann. Auch habe er nicht geprüft, warum ein Einsatz nach leidensgerechter Anpassung und Veränderung des bisherigen Arbeitsplatzes oder eine Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz mit einer anderen Beschäftigung nicht möglich war.
U N F A S S B A R – da gönnt sich der 45-köpfige Betriebsrat, der vollständig frei gestellt ist (ich widerhole: VOLLSTÄNDIG frei gestellt ist) mittels BV die Position eines sogenannten Kommunikationsbeauftragten. NEBEN dem vollständig frei gestellten BR (45 x Vollzeit…) Betriebsrat, wurden 500 Kommunikationsbeauftragte festgelegt, die auf jeweils 25 Arbeitnehmer kamen und insgesamt kraft BV ein Stundenkontingent von 25.000 Stunden pro Jahr erhielten. Im Rahmen einer Sitzung luden die IG Metall und der „IG-Metall Betriebsrat“ die Kommunikationsbeauftragten zu einer Sitzung ein. Tagespunkt: „Mitgliederentwicklung / Werbung“. Alle Beauftragte waren Vertrauensleute der IG-Metall, die mit der Metaller Mehrheit im BR gewählt wurden. Irgendwie fühlten sich die NICHTMETALLER wohl veräppelt, weil wieder einmal Arbeitgeber und Gewerkschaft an den anderen betrieblichen Mitspielern vorbei eine Begünstigungsregelung für die Gewerkschaft geschaffen hatten (das Ganze spielet sich übrigens in Stuttgart ab….). Sie – die Nichtmetallerfraktion – stellte vor dem Arbeitsgericht den Antrag, die Vereinbarung für unwirksam zu erklären, insbesondere weil die Einführung der Position nicht erforderlich sei (Überversorgung), weiterhin, weil sie der Ansicht war, zumindest verhältnismäßig berücksichtigt werden zu müssen und weil die Position an die Gewerkschaftszugehörigkeit gebunden war.
Tja, alle drei Instanzen der Arbeitsgerichtsbarkeit halfen den 45 Freigestellten. Sie hielten die Position rechtlich für möglich, die Frage der Erforderlichkeit ginge die Minderheit nichts an. Es sei Sache des Arbeitgebers, sich dagegen zu wehren, wenn er denn meine. Spielt er mit, gehe das die Minderheit nichts an. Eine Beteiligung der Minderheit bei den zu bestellenden Personen sei nicht geboten, denn es gelte im BetrVG grdsl. das Mehrheitsprinzip. (Nicht entscheidungserhebliche ) Bedenken hatte das BAG nur (ein wenig), weil die Bestellung von der Gewerkschaftszugehörigkeit abhängig gemacht worden war.
EINE U N F A S S B A R E Entscheidung. Der Arbeitgeber bückt sich für die Gewerkschaft zulasten der anderen. Ist das typisch? Ja, jedenfalls im Bereich der IG-Metall. Auch den Helden der Arbeitervertretung ist die Arroganz der Macht nicht fremd. Und das segnet das BAG noch ab…. tststs.
Die Ver.di Oper – Kein Ruhmesblatt oder wie man Arbeitnehmern NICHT hilft.
Das Opel-Werk wurde am 5. Dezember 2014 geschlossen. Von den zuletzt 3600 Mitarbeitern durften damals nur 300 in andere Opel-Werke wechseln, weitere 700 kamen in einem neuen Opel-Warenverteilzentrum in Bochum unter.
Für die letztlich entlassenen 2600 Ex-Opelaner finanziert der Autokonzern bis Ende nächsten Jahres eine Transfergesellschaft, in der sie weiterbezahlt, umgeschult und bei der Suche nach neuen Jobs unterstützt werden. Die Gesellschaft hat bislang 102 Opelaner in feste Jobs vermittelt (ob das deren Zutun zu danken ist, weiß man nicht). 91 lassen ihren Transfer-Vertrag ruhen. Einige von ihnen haben eine Festanstellung in Aussicht, aber sind noch unsicher. Weitere 157 bezahlt die Transfergesellschaft, obwohl sie schon an Qualifizierungsmaßnahmen in externen Unternehmen teilnehmen.
„Keine großartige Erfolgsbilanz“, sagt die Bochumer IG-Metall-Chefin Eva Kerkemeier und spricht von einer „Überforderung der Transfergesellschaft aufgrund der hohen Zahl“. Äh, Moment: die Transfergesellschaft ist also ohne Zutun der großen IGM so richtig schlecht und per se überfordert ausgewählt worden???? Wer hat seinen Job nicht gemacht? IG Metall, BR, Anwalt, alle??? „Oh Herr, schmeiß…“.
Und wo wir gerade bei Ruhmesblatt und „Herr, schmeiß ….“sind: ver.di bestreikt zum gefühlt hundertsten Male Amazon.
Nach welchem Motto machen die das??? „Steter Tropfen höhlt die Amazon“ oder „So lange wir weiter machen merkt keiner, dass wir an sich am Popo sind“ oder „die Gewerkschaft ist schlauer als die nicht streikwilligen Mitarbeiter und macht so lange weiter bis alle was merken“ oder orientiert sich jetzt Links an Rechts mit merkelesken Sätzen wie „wir schaffen das“. Ich weiß nur, dass bislang ne Menge Gewerkschaftsbeiträge umsonst waren und ich einfach mal direkt bei der ver.di anfrage. Irgendwie ist Amazon für die ver.di marketingtechnisch ein Berliner Flughafen, eine Hamburger Oper oder ein eisbergknutschender Passagierdampfer….. Jedenfalls hat man bewusst den 6.1. gewählt, denn da gab´s im Süden der Republik ohnehin nicht viel zu streiken….(„HEILIGDREIKÖNIG“).
Good Night & Good Luck
Ihr / Euer
Dr. Stephan Grundmann