Aufhebung Reloaded: Wichtige Neuerung der Agentur für Arbeit – Ach Günther (Verheugen) – seufz – Nochmals: Personalgespräch trotz Krankheit 10 AZR 596/15 – Selbstverständliches kurz angemerkt – BAG 10 AZR 419/15 – Mumientage für den Kellner?? – BAG 9 AZR 123/16 – „Just for you“ – Umziehen und Wege im Betrieb zu bezahlen? BAG- 5 AZR 168/16 – Wie ist das eigentlich? Betrieblein wechsle dich und tüss Betriebsratsamt – BAG 7 ABR 55/14 – Spät, aber nicht zu spät – wann greift der Schutz Schwerbehinderter? – BAG 2 AZR 700/15 – Du sollst dich nicht lustig machen! – Ironie im Zeugnis – LAG Hamm 12 TA 475/16 – Die geile Idee: Mitverschulden des Dienstherrn bei Falschbetan-kung eines Dienstfahrzeugs? BVerwG 2 C 22.16 – Kein Geld für die zweite Staffel – Wiederheirat und RENTE – 3 AZR 297/15 – Meine oder Deine?? Betriebsratszuständigkeit des Entleiherbetriebsrats für Leiharbeitnehmer? BAG 7 ABR 2/15 – Was ist ein Chickensexer!!! – Sozialgericht Osnabrück – S 1 R 618/13

IN EIGENER SACHE:

Fortan mühen wir uns – so die Idee – einmal monatlich einen Podcast zu betriebsverfassungs- oder / und arbeitsrechtlichen Themen zu platzieren. Diesen Monat: Der Sozialplan!
Vorgetragen von Christoph – intern: The german Barry White…. Ich hab´ halt das Rauchen aufgegeben ;-).
Anzuhören auf unserer Seite Team-Arbeitsrecht oder auf der App.
Have fun.

Podcast

Aufhebung Reloaded: Wichtige Neuerung – Geschäftsanweisung zu § 159 SGB III Stand 12/2016

Ich sag x: grob die Hälfte der Anwaltskollegen macht´s falsch. Wenn der Mitarbeiter einen Aufhebungsvertrag unterschreibt, droht eine Sperre durch die Agentur für Arbeit nach 159 I SGB III. Grund: wer an der Vertragsbeendigung Schuld hat oder mitwirkt, darf zur Strafe nicht der Versichertengemeinschaft zur Last fallen und erhält einen Abzug bei der Anspruchsdauer. Sperre bedeutet tatsächlich = KÜRZUNG der Anspruchsdauer um…….? NEIN, nicht drei Monate, sondern ¼ der Anspruchsdauer, mindestens aber 12 Wochen.
Das bedeutet bei Älteren, die bis zu 24 Monate Anspruch haben eine Kürzung um bis zu 6 Monaten. Kann man die Sperre vermeiden??? Ja, aber wie? Und jetzt kommt´s: die obige irrende Hälfte sagt: „ Es reicht aus, wenn Du im Aufheber schreibst: ….. (wird geschlossen) zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung“. NEIN, reicht nicht. Bisher verlangte die Agentur nach ihrer Geschäftsanweisung zu 159 SGB III Stand 12/2013

1. Bei Betriebsbedingter Aufhebung
Inaussichtstellen einer betriebsbedingten Kündigung
Einhaltung der Kündigungsfrist
Abfindung nicht unter 0,25 und nicht mehr als 0,5
2. Bei Personenbedingte Aufhebung
Nachweis, dass Tätigkeit nicht mehr aussübbar ist, durch ärztliches Attest
3. Arbeitsgerichtlicher Vergleich

NEU: die Abfindungsleistung darf nicht mehr als 0,5, darf aber auch 0 ausmachen. Damit ist der „alte Rechtszustand erreicht. Wichtig ist nur, dass wir nicht über 0,5 kommen. Das lässt sich aber vermeiden, indem man einfach die angebotene Abfindung so lange in eine spätere Beendigung einpreist, bis man bei 0,5 landet ).

Ach Günther (Verheugen) – seufz

Aus der Reihe: „……. im Alter musst Du Kapitalist sein, sonst hast Du keinen Verstand“. Unter Mitwirkung von Steinbrück, Fischer, Schröder u.a.
Der Günther: ehemals Herausgeber des SPD-Magazins Vorwärts, tritt gerne auch auf der aus seiner Sicht ehedem „dunklen Seite der Macht“ auf:

http://www.european-experience.de/deutsch/Unser-Angebot

• „Briefing für Führungskräfte in öffentlichen und privaten Institutionen oder im einzelnen Unternehmen
• Management-Intensivkurse mit Experten aus den europäischen Institutionen
• Hintergrundanalysen und Strategieempfehlungen in europapolitischen und anderen politischen Angelegenheiten
• Unterstützung bei europabezogener Öffentlichkeitsarbeit (Reden, Auftritte in Medien, Publikationen)
• Konfliktmediation
• Vorträge bei Konferenzen, Seminaren und anderen Veranstaltungen von
• Unternehmen und Institutionen“.
FOR THE LOVE OF THE MONEY 😉

Na ja, die Schwarzen tun´s erst Recht, aber jedenfalls behaupten sie nicht, den Geknechteten der Erde selbstlos zu dienen…..
Ach: die Unterstützung der Dt. Börse für die Fusion mit Der Börse London durch J. Fischer hat nix gebracht. Hoffentlich war die Bezahlung nicht auf Erfolgsbasis vereinbart;-). Meine Kollegen von Linklaters erhielten für Beratung 31 Millionen und Fischer – man traut´s sich kaum zu sagen – lächerliche kleine 150tsd. …..
But Money für nothing. Na? Im nächsten Leben gieriger Anwalt oder „ich-tu´s-für-jeden-gieriger-Berater“ werden.

Nochmals: Personalgespräch trotz Krankheit 10 AZR 596/15

Hatten wir schon besprochen. Die Botschaft: neeee, ist der Mitarbeiter krank, gibt’s kein Personalgespräch. Das schreiben so auch alle…Nur der Findige – in diesem Fall der Kollege Dr. Ritter aus Berlin – weist (in einem Beitrag DER Fachzeitschrift für Arbeitsrecht) auf folgendes hin: je nach Lage der Umstände kann gleichwohl eine „Kommunikationsaufnahmeverpflichtung“ bestehen. Zumindest nicht wirklich unzutreffend formuliert er nach genauer Sichtung, dass es eine Fallgruppenbildung mit „abnehmender Eingriffsintensität“ gibt. Ich nehme mal seine Begrifflichkeiten.

1. Trotz Krankheit Face to Face bei Unverzichtbarkeit aus betrieblichen Gründen und Nichtbeeinträchtigung der Genesung.
2. Trotz Krankheit Skype oder Ear to Ear aus betrieblichen Gründen. Dafür sind nach Ansicht des Herrn Dr. Ritter die Voraussetzungen geringer, da wegen der fehlenden Notwendigkeit, die Wohnung zu verlassen keine starke Beeinträchtigung droht.
3. Word to word sind die Anforderungen sehr gering, da die Antwort nicht „im Stress des Augenblicks während eines konkreten Telefonats oder Skypens, sondern nach Ermessen des Erkrankten in einem unter Beachtung einer arbeitgeberseitigen angemessenen Fristsetzung zu beachtende Zeitraum gerechtfertigt werden kann“.

Das Problem ist: bislang sah das BAG den Arbeitnehmer in der Pflicht, auch einer „unbilligen“ arbeitgeberseitigen Weisung Folge leisten zu müssen. Also auch einer solchen, die sich erst nach juristischer Prüfung als unangemessen erweist: folge ich einer (unwirksamen) Anweisung nicht, kann ich mit Recht abgemahnt werden. Das LAG Düsseldorf – konntet Ihr im Newsletter lesen – hat das erst kürzlich anders entscheiden und nun harren wir des BAG`s.

Und das ist auch schon die Entscheidung des 10ten Senats – 10 AZR 330/16: er sieht´s wie das LAG.
Der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts möchte die Auffassung vertreten, dass der Arbeitnehmer im Anwendungsbereich des § 106 GewO eine unbillige Weisung des Arbeitgebers auch dann nicht befolgen muss, wenn keine dementsprechende rechtskräftige Entscheidung der Gerichte für Arbeitssachen vorliegt.
Der Zehnte Senat möchte deshalb nach § 45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG wissen, ob der Fünfte Senat an seiner Rechtsauffassung festhält.
Wenn die sich einig sind, wird´s künftig wie durch das LAG vorab entschieden generell so sein. Also nochmals kurz abwarten.

Also einer der Leitsätze des BAG zur „komm-gefälligst-trotz-Krankheit-Entscheidung“ lautet: „wenn der Arbeitnehmer über Informationen zu wichtigen betrieblichen Abläufen oder Vorgängen verfügt, ohne deren Weitergabe dem Arbeitgeber die Fortführung der Geschäfte erheblich erschwert oder unmöglich wäre“. Damit halten wir fest: wird das behauptet, kommt´s je nach Wichtigkeit zur Pflicht
• Auge in Auge
• Ohr zu Ohr oder
• Schreibe zu Schreibe.

Selbstverständliches kurz angemerkt – BAG 10 AZR 419/15

Wie macht man es richtig? Man schreibt es auf. Nein: der Arbeitsvertrag muss nicht schriftlich sein. Weder braucht es das für die Begründung noch für die Änderung. Aber wie ermittelt man den tatsächlichen Inhalt, wenn es nicht schriftlich fixiert ist? In unserem Fall war der Arbeitnehmer über Jahre als Cutter beschäftigt worden. Seine Inanspruchnahme schwankte über die Monate, über drei Jahre. Er bemühte das Arbeitsgericht, um festgestellt zu bekommen, welchen Umfang seine monatliche Arbeitsleistung hat. Das BAG, wie auch die Vorinstanzen, entschieden:
Haben die Vertragsparteien einen Arbeitsvertrag ohne ausdrückliche Willenserklärungen zu seinem näheren Inhalt geschlossen, kann in Ermangelung anderer Anknüpfungspunkte für die Bestimmung der regelmäßigen vertraglichen Arbeitszeit auf das gelebte Rechtsverhältnis als Ausdruck des wirklichen Parteiwillens abgestellt werden, auch wenn dem tatsächlichen Verhalten nicht notwendig ein bestimmter rechtsgeschäftlicher Erklärungswert in Bezug auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zukommt.

Mumientage für den Kellner?? – BAG 9 AZR 123/16

Geklaut aus der Pharmabranche. Spaßeshalber nennt man dort die freien Extratage für die Älteren so – ho ho ho. Wie dem auch sei. Auch in anderen betrieblichen, tariflichen Regelungen gibt es Besserstellungen für die Älteren, gerade im Hinblick auf Urlaubstage. In „unserem“ Tarifvertrag gab es eine Staffel von bis 25 Jahre = 23 Tage bis 50 Jahre = 27 Tage ab 50 = 30 Tage. Dem 45jährigen Kläger standen nach dem Tarifvertrag 27 Tage zu. Er hielt die Regelung des TV für einen Verstoß gegen das AGG und verlangte direkt die 30 Tage. Und? Die Tarifnorm verstößt gegen § 3 I AGG. Ein Mitarbeiter darf nicht wegen des Alters schlechter gestellt werden. Das erlaubt eine unterschiedliche Behandlung nach § 10 AGG, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Das ist der Fall, wenn die Mittel es erlauben, das mit der unterschiedlichen Behandlung verfolgte Ziel zu erreichen, ohne zu einer übermäßigen Belastung der legitimen Interessen derjenigen Arbeitnehmer zu führen, die wegen ihres Alters benachteiligt werden und die Maßnahme nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist. Dazu reicht kein bloßer Hinweis auf die Schutzbedürftigkeit Älterer. Der Arbeitgeber verwies auf die stärkere Belastung im Gewerbe und das mit dem Alter einhergehende gesteigerte Erholungsbedürfnis. Nein, sagt das BAG

1. Knüpft die Regelung an das Alter an, ohne dabei die im Gewerbe verbrachte Beschäftigungszeit zu berücksichtigen. MaW: für denjenigen, der erst mit 51 überhaupt anfängt zu arbeiten, passt das „Verschleissargument“ des Gewerbes nicht.
2. Auch gebe es keinen Erfahrungssatz: „Größeres Alter = größerer Erholungsbedarf“. Die Abnahme körperlicher Fähigkeiten, die auch altersbedingt sein kann, bedeutet nicht, dass diese unabhängig vom Berufsbild zu einem im bestimmten Umfang erhöhten Erholungsbedarf führt, das zudem an bestimmten Altersstufen festgemacht werden könnte. Und selbst wenn, wird nicht nach den Belastungen der unterschiedlichen Berufsgruppen differenziert – Kellner, Köche, Empfang, Diätassistent, Verwaltung.
3. Das letzte Argument war sodann: die Pflege des äußeren Erscheinungsbildes erfordert mit zunehmenden Alter einen höheren Urlaubsanspruch. Aber das machte aus Sicht des BAG nur Sinn, wenn ein direkter Kundenkontakt bestünde.

Nach alledem: Regelung unwirksam = alle haben 30 Tage!

„Just for you“ – Umziehen und Wege im Betrieb zu bezahlen? BAG- 5 AZR 168/16

Der Arbeitgeber stellt Hygienebekleidung, die im Betrieb an – und abzulegen ist und nicht mit nach Hause genommen werden darf. Der Kläger musste an einer Abgabestelle nach Betreten des Betriebs die Kleidung an der Agabestelle abholen, diese im Umkleideraum anlegen und anschließend an der Pforte zur Erfassung der Anwesenheit erstmals einstempeln. Danach ging´s zum Betriebsgebäude, wo ein zweiter Stempelvorgang erfolgte. Ab dann lief die Arbeitszeit. Bei Schichtende lief es in umgekehrter Reihenfolge ab. Der Kläger begehrt nun für den Zeitraum 1.1.2011-31.12.2014 für insgesamt 737 Arbeitstage eine Bezahlung für Umkleiden und innerbetriebliche Wegezeiten = 6.219,57 €……..

Das BAG gab ihm Recht:
Die gesetzliche Vergütungspflicht knüpft an die Leistung der versprochenen Dienste an. Zu den versprochenen Diensten zählt nicht nur die eigentliche Leistung, sondern jede vom Arbeitgeber im Gegenseitigkeitsverhältnis sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammen hängt. Der Arbeitgeber verspricht die Vergütung für alle Dienste, die er dem Arbeitnehmer aufgrund seines arbeitsvertraglich vermittelten Weisungsrechts abverlangt. Arbeit als Leistung der versprochenen Dienste iSd § 611 BGB ist jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient. Das An- und Ablegen der Dienstkleidung soweit das Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Dienstwege ist Teil der vergütungspflichtigen Arbeitsleistung. Soweit weder im Arbeits- noch im Tarifvertrag eine gesonderte Vergütungsregelung getroffen wurde, ist die Leistung zu bezahlen.

Wie ist das eigentlich? Betrieblein wechsle dich und tüss Betriebsratsamt – BAG 7 ABR 55/14

Ja, wie ist das eigentlich, wenn ein Betriebsratsmitglied (BR) innerhalb des Unternehmens den Betrieb wechselt? Das Amt ist betriebsbezogen. Verlässt der BR dauerhaft den Betrieb, verliert er auch sein Amt. Kurzfristige oder auch längere Einsätze – wo auch immer – lassen das Amt unberührt. Wichtig ist nur: die Rückkehr ist geplant. SO hatten wir schon einen Mandanten, der während des Amtes über ein Jahr in Argentinien arbeitete und sein Amt nicht verlor. Obendrein ließ er sich in den Aufsichtsrat wählen… zu den Reisekosten sage ich jetzt nichts;-).
Da der Amtsverlust durch dauerhafte Versetzung durchaus ein großes Versetzungsinteresse des Arbeitgebers auslösen könnte, schiebt das BetrVG dem einen Riegel vor. Eine Versetzung ohne Zustimmung des Betroffenen bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Betriebsrats. Fehlt diese, muss der Arbeitgeber sein Heil im sog Zustimmungsersetzungsverfahren vor dem Arbeitsgericht suchen, § 103 BetrVG. Welche Abwägungen vorzunehmen sind, welchen Einfluss eine sog Namensliste hat und ob eine vorläufige Versetzung nach § 100 auch hier möglich ist, hatte das BAG zu klären. Das Verfahren nach § 103 läuft zunächst genauso ab wie das Anhörungsverfahren nach § 99 BetrVG. Der Arbeitgeber hat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen über die geplante Versetzung zu unterrichten. Dem Betriebsrat muss es aufgrund der überlassenen Unterlagen und Informationen möglich sein zu prüfen, ob ein Zustimmungsverweigerungsrund gegeben ist. Sodann prüft das Arbeitsgericht, ob ein „dringender betrieblicher Grund“ für eine Versetzung besteht. Ein dringender betrieblicher Grund, der einer Weiterbeschäftigung im Ausgangsbetrieb entgegensteht, ist gegeben, wenn die Arbeitskraft des Mandatsträgers im Beschäftigungsbetrieb nicht mehr gefordert ist. Arbeitgeber muss keine Arbeitsplätze erhalten. Seine Entscheidung muss nicht aus dringenden wirtschaftlichen Gründen geboten sein. Ausdrücklich: „die unternehmerische Entscheidung (ist) bis zur Grenze der offensichtlichen Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür frei“. Allerdings ist zu prüfen, ob für die Kontinuität der Mandatsführung eine weniger einschneidende Maßnahme als die daraus resultierende Versetzung in Betracht kommt. Aufgrund der Schutzfunktion des § 103 BetrVG heraus ist der Arbeitgeber in besonderem Maße verpflichtet, die Versetzung nach Möglichkeit durch geeignete andere Maßnahmen zu vermeiden. Besteht eine zumutbare Möglichkeit, den Mandatsträger im Ursprungsbetrieb sinnvoll zu beschäftigen, wird er diesen entsprechend weiter einzusetzen haben. Erst wenn sämtliche denkbaren Alternativen ausscheiden, kann die Versetzung aus dringenden betrieblichen Grünen möglich sein. Der Arbeitgeber muss aber grundsätzlich keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten neu schaffen, um eine Versetzung zu vermeiden.
Darüber hinaus noch wichtig: Die Verweigerungsgründe aus § 99 BetrVG ziehen auch. UND: selbst wenn es bei einer Betriebsänderung eine Namensliste für die Zuordnung zu Betrieben gibt, begründet das keine Vermutungswirkung für die Richtigkeit. Das gilt NUR für die Namensliste bei Kündigungen.

Spät, aber nicht zu spät – wann greift der Schutz Schwerbehinderter? – BAG 2 AZR 700/15

Die Kündigung eines Schwerbehinderten Menschen bedarf gem. §§ 85, 91 Abs. 1 SGB IX der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Ohne eine solche ist sie wegen eines Gesetzesverstoßes unwirksam, § 134 BGB.
Hat der schwerbehinderte Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits einen Bescheid über seine Schwerbehinderteneigenschaft erhalten oder wenigstens – wie im zu entscheidenden Fall – rechtzeitig einen entsprechenden Antrag beim Versorgungsamt gestellt, steht ihm der Sonderkündigungsschutz nach §§ 85 ff. SGB IX auch dann zu, wenn der Arbeitgeber von der Schwerbehinderteneigenschaft oder der Antragstellung keine Kenntnis hatte. Allerdings unterliegt das Recht des Arbeitnehmers, sich nachträglich auf eine Schwerbehinderung zu berufen und die Zustimmungsbedürftigkeit der Kündigung geltend zu machen, der Verwirkung (§ 242 BGB). Diese ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr wahrnehmen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.
Dies ist mit Blick auf den Sonderkündigungsschutz eines Arbeitnehmers nach §§ 85 ff. SGB IX der Fall, wenn der Arbeitgeber von der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch keine Kenntnis hatte und der Arbeitnehmer sich nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach Zugang der Kündigung gegenüber dem Arbeitgeber auf seine bereits festgestellte oder zur Feststellung beantragte Schwerbehinderteneigenschaft beruft.

Als Maßstab für die Rechtzeitigkeit der Geltendmachung ist von der Drei-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG auszugehen. Binnen dieser Frist muss der Arbeitnehmer entscheiden, ob er gegen die Kündigung vorgehen will. Dieser Zeitraum steht ihm deshalb grundsätzlich auch für die Entscheidung zur Verfügung, ob er sich auf eine dem Arbeitgeber noch nicht bekannte Schwerbehinderteneigenschaft berufen möchte. Hinzuzurechnen ist die Zeitspanne, innerhalb derer er den Zugang der Mitteilung über den bestehenden Sonderkündigungsschutz beim Arbeitgeber zu bewirken hat. Ein Berufen auf den Sonderkündigungsschutz innerhalb dieses Zeitraums ist regelmäßig nicht als illoyal verspätet anzusehen. Hierbei darf es dem Arbeitnehmer auch nicht zum Nachteil gereichen, wenn er – etwa zu Beweiszwecken – eine schriftliche Information wählt. Mit diesen Grundsätzen ist keine starre Grenze von drei Wochen, innerhalb derer der Arbeitgeber informiert sein müsste, zu vereinbaren. Welche Zeitspanne noch als angemessen anzusehen ist, um den Zugang der Information über das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen für das Eingreifen des besonderen Kündigungsschutzes nach § 85 SGB IX beim Arbeitgeber zu bewirken, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Der Kläger hat den Sonderkündigungsschutz nicht verwirkt. Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten hat sie die Mitteilung des Klägers über seine Antragstellung am 6. September, und damit am 22. Tag nach dem Zugang der Kündigung vom 13. August erhalten. Die Beklagte hatte demnach von den möglicherweise den Sonderkündigungsschutz begründenden Umständen bereits am Tag nach Ablauf der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG Kenntnis.

Du sollst dich nicht lustig machen! – Ironie im Zeugnis – LAG Hamm 12 TA 475/16

Ein Arbeitszeugnis darf nicht so formuliert sein, dass es beim Leser einen boshaften Gesamteindruck hinterlässt. Die Formulierung „Wenn es eine bessere Note als ‚sehr gut’ geben würde, würden wir ihn damit beurteilen“, zieht das Zeugnis ins Lächerliche. Erst recht dann, wenn ein Bedauern des Ausscheidens – sog. „Bedauernsformel“ a.E: des Zeugnisses, augenfällig fehlt (a.E. hieß es „das Verlassen wird zur Kenntnis genommen…“).
Zwischen dem Arbeitnehmer und der Arbeitgeberin kam es nach Ablauf des Beschäftigungsverhältnisses zum Rechtsstreit. Die Parteien schlossen einen gerichtlichen Vergleich, in dem u.a. festgelegt wurde, dass die Arbeitgeberin dem Beschäftigten ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis erteilt. Der Arbeitnehmer konnte dafür einen Entwurf vorlegen, von dem die Arbeitgeberin nur aus wichtigem Grund abweichen darf.
Der Beschäftigte übersandte der Arbeitgeberin daraufhin einen Entwurf für das Zeugnis, von dem diese allerdings in einigen Punkten sprachlich durch Synonyme und Steigerungen abwich. Aus

„…seiner sehr guten Auffassungsgabe“ in „…seiner extrem guten Auffassungsgabe“,
„…war Herr F immer…“ in „…war Herr F selbstverständlich immer…“

Der Kläger war der Ansicht, dass die Arbeitgeberin ihrer Verpflichtung aus dem Vergleich nicht nachgekommen ist und verlangt eine Berichtigung des Zeugnisses.
Beide Instanzen gaben dem Beschäftigten Recht. Das erteilte Zeugnis erwecke beim Leser einen spöttischen ironischen Gesamteindruck und ziehe den Zeugnistext ins Lächerliche. Sinn und Zweck eines Arbeitszeugnisses sei es, einem potenziellen Arbeitgeber ein möglichst wahres Urteil über die Leistung und das Verhalten im Arbeitsverhältnis zu geben. Das würde das Zeugnis aber nichts leisten. Aufgrund der vielen Stellen mit gesteigerten Formulierungen würde der unbefangene Leser erkennen, dass die Formulierungen nicht ernstlich gemeint sind.
Das werde besonders durch die abschließende Leistungsbeurteilung „Wenn es eine bessere Note als ‚sehr gut’ geben würde, würden wir ihn damit beurteilen“ deutlich. Diese Formulierung in Verbindung mit der Bedauernsformel am Ende des Zeugnisses mache die Ironie deutlich. Wäre der Arbeitnehmer tatsächlich so gut gewesen, wäre das Ausscheiden ein Verlust gewesen.

Die geile Idee: Mitverschulden des Dienstherrn bei Falschbetankung eines Dienstfahrzeugs? BVerwG 2 C 22.16

Die erste Frage zu unseren Fall lautet: haftet der Arbeitnehmer, wenn er einen Firmen-Pkw oder den überlassenen Leihwagen falsch betankt? Ja, denn ein solches Verhalten ist regelmäßig grob fahrlässig. Warum? Weil man sich kundig machen muss, bevor man den Rüssel rein hängt! Was ist das denn für eine Frage?? Also an sich volle Haftung. Nun hatte aber der Kollege eine klasse Idee: Der Arbeitgeber sei aufgrund seiner „Fürsorgepflicht“ gehalten, Maßnahmen (wie z.B. den Einbau eines Tankadapters) zu ergreifen, um eine Falschbetankung des Dienstfahrzeugs durch den Mitarbeiter zu verhindern. Ohne viele Worte: nein, ist er nicht. Daher ist im Falle eines durch eine Falschbetankung des Fahrzeugs verursachten Schadens dieser nicht wegen eines mitwirkenden Verschuldens des Dienstherrn zu reduzieren.

Kein Geld für die zweite Staffel – Wiederheirat und RENTE – 3 AZR 297/15

Noch mal schnell ckecken, ob die Wiederholung lohnt! Denn: Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Klausel, mit der nur der „jetzigen“ Ehefrau des Arbeitnehmers eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt ist, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen. Diese Einschränkung der Zusage ist daher nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.
Bei vor dem 1. Januar 2002 – also bevor eine AGB-Kontrolle gesetzlich vorgesehen war – erteilten Versorgungszusagen ist eine ergänzende Vertragsauslegung geboten. Rechte aus einer solchen Versorgungszusage können danach lediglich dann geltend gemacht werden, wenn die Ehe bereits während des Arbeitsverhältnisses bestand.

Meine oder Deine?? Betriebsratszuständigkeit des Entleiherbetriebsrats für Leiharbeitnehmer? BAG 7 ABR 2/15

Im Falle der Arbeitnehmerüberlassung ist die Arbeitgeberstellung aufgespalten. Der zum Verleiher in arbeitsvertraglicher Beziehung stehende Arbeitnehmer ist in den Betrieb des Entleihers eingegliedert. In derartigen Fällen der aufgespaltenen Arbeitgeberstellung bedarf es daher einer differenzierten Beurteilung der betriebsverfassungsrechtlichen Zuordnung von Arbeitnehmern. Diese hat zum einen zu beachten, dass der Gesetzgeber die betriebsverfassungsrechtliche Behandlung des drittbezogenen Personaleinsatzes bereits zu einem nicht unbeträchtlichen Umfang teils im BetrVG, teils in anderen Gesetzen geregelt hat. Zum anderen gilt es zu berücksichtigen, dass im BetrVG in ganz unterschiedlichem Zusammenhang auf den Arbeitnehmer abgestellt wird. Die Zuständigkeit bei der Wahrnehmung von Mitbestimmungsrechten in Bezug auf Leiharbeitnehmer richtet sich nach dem Gegenstand des geltend gemachten Mitbestimmungsrechtsund der darauf bezogenen Entscheidungsmacht des jeweiligen Arbeitgebers. Für die Mitbestimmung ist grundsätzlich der Betriebsrat des Verleiherbetriebes zuständig (wenn es da keinen gibt, eben keiner). Von dem konkreten Normzweck der jeweiligen betriebsverfassungsrechtlichen Vorschrift hängt es ab, inwieweit davon abweichende Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte für den Betrieb der Arbeitgeberin als Entleiherin gebildeten Betriebsrats bestehen. In Fragen der Arbeitszeit ist Gegenstand des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG das Interesse der Arbeitnehmer an der Lage ihrer Arbeitszeit und damit zugleich der freien Zeit für ihre private Lebensgestaltung. Soweit die Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb tätig sind, begründet dieser Normzweck die Zuständigkeit des dortigen Betriebsrats, weil dem Entleiher das Weisungsrecht in Bezug auf die Leiharbeitnehmer zusteht und er befugt ist, seinen Betrieb zu organisieren und innerhalb seiner Betriebsorganisation anstelle des Vertragsarbeitgebers Beginn und Ende der Arbeitszeit auch für die Leiharbeitnehmer festzulegen.

Der Chickensexer – Sozialgericht Osnabrück – S 1 R 618/13 –

Das wäre doch „die Frage“ für Hoegger oder von in „Alles nichts oder“ gewesen.
Aber anders als man denkt: Das Sozialgericht Osnabrück klärt auf: ein Chickensexer ist jemand, der Eintagsküken nach Geschlecht sortiert. Und was hat das SG Osnabrück damit zu schaffen?
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Zuge von bundesweiten Ermittlungen gegen asiatische Kükensortierunternehmen war es im Jahre 2005 zu Ermittlungen des Hauptzollamtes Osnabrück gegen einen japanischen Kükensortierer aus dem Landkreis Osnabrück wegen des Verdachts der Vorenthaltung von Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung gekommen. Der seit den 1960er Jahren in Europa als Kükensortierer tätige, inzwischen 78jährige Japaner hatte seit Anfang der 1970er Jahre im Namen einer jap. Unternehmung Kükensortierer aus Japan und anderen asiatischen Ländern nach Deutschland eingeladen und war gemeinsam mit ihnen in verschiedenen Geflügelzuchtbetrieben tätig. Sozialversicherungsbeiträge wurden hierfür nicht entrichtet. Der zuständige Rentenversicherungsträger machte im Jahre 2012, gestützt auf die Ergebnisse der Zollverwaltung, gegenüber dem japanischen Kükensortierer eine Beitragsnachforderung von mehr als 261.000 Euro für die Jahre 2001 bis 2005 geltend, einschließlich Säumniszuschlägen von mehr als 56.000 Euro.
Das Sozialgericht Osnabrück wies die gegen die Beitragsnachforderung gerichtete Klage des Kükensortierers ab. Schon nach den mit den Sortierern geschlossenen Arbeitsverträgen, die zur Visumserteilung und gegenüber der Ausländerbehörde vorgelegt wurden, bestand ein umfangreiches Weisungsrecht gegenüber den Kükensortierern gehabt. Die Tätigkeit und Arbeitszeit der Kükensortierer sei in hohem Maße in die Betriebsabläufe der Geflügelzuchtbetriebe eingegliedert, so dass eine abhängige Beschäftigung und keine selbstständige Tätigkeit vorliege.
Evtl. werden wir dann demnächst auch mit einer Erklärung zu dem Begriff des Chickenchasers beglückt – wer weiß…

Good Night & Good Luck

Ihr, Euer
Dr. Stephan Grundmann