Tarifbindung unterhalb des Weißwurstäquators – Mal eben das Entgelt durch Änderungskündigung senken? Nur wenn sonst die Finger (so richtig) gehoben werden müssten – BAG 2 AZR 783/16 – Ne, ich gliedere Dich nicht ein. Und Geld bekommst´auch nicht – Erhängen, Erschießen und auch noch Ertränken?? – 5 AZR 815/16 – Bei der Hitze: „Zum Unwohl?“ Bier darf nicht mit der Angabe „bekömmlich“ beworben werden – BGH I ZR 252/16 – Wie oft darf die Agentur sperren? BSG -B 11 AL 2/17 R – 1.666,-€ für den Anwalt oder nicht? Oder: Wann muss der Arbeitgeber die Kosten des BR-Anwalts tragen – BAG 7 ABR 34/16 – Auflösungsantrag nach § 9 KSchG – Erst rechtskräftige Stattgabe lässt Pflicht zur Arbeitsleistung entfallen – also ich würde den Anwalt verklagen – BAG – 2 AZR 86/17 – Der schlaue Azubi – oder das perfekte Timing bei der Kündigung BAG 6 AZR 50/17 – Facebook ist nichts für jedermann – oder die „meckernde Ziege“ kontra Meinungsfreiheit LAG Sachsen Urteil vom 27.02.2018 Az.: 1 Sa 515/17 – Da brauche ich schon mehr Zeit – oder die unwirksame Verdachtskündigung LAG Schleswig-Holstein Urteil v. 21.03.2018 Az. 3 Sa 398/17 – Göttin Diana und die entblößten Brüste – bei der Polizei wollen wir so etwas nicht ArbG – 58 Ga 4429/18 – „Du sollst nicht anfassen die BV“ – LAG Hamburg – 7 Sa 84/17 – Wer 21 Tage krank war, wird nicht übernommen

Und hier bloggen wir J

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Heute: Der rotzfreche Anwalt

Tarifbindung unterhalb des Weißwurstäquators

In Bayern werden nur noch 53 Prozent aller Beschäftigten durch einen Tarifvertrag geschützt. Damit ist der Freistaat das Schlusslicht unter den westdeutschen Bundesländern, die im Durchschnitt nach wie vor eine Tarifbindung von 59 Prozent aufweisen. Lediglich in Ostdeutschland liegt die Tarifbindung zumeist noch niedriger. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie über „Tarifverträge und Tarifflucht in Bayern“ des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung auf der Grundlage von Daten des IAB-Betriebspanels aus dem Jahr 2016.

Mal eben das Entgelt durch Änderungskündigung senken? Nur wenn sonst die Finger (so richtig) gehoben werden müssten – BAG 2 AZR 783/16

Die beklagte Hellenische Republik (vulgo Griechenland) wollte durch ein Gesetz – „Schutz der nationalen Wirtschaft – Dringende Maßnahmen zur Überwindung der Finanzkrise“ – nach Vorgabe der EU die Gehälter der staatlichen Angestellten senken. Daher sprach sie gegenüber unserem in Deutschland für die Beklagte tätigen  Kläger eine Änderungskündigung aus. Der alte Vertrag wurde außerordentlich gekündigt und ein neuer unter Kürzung des Monatsbrutto´s um 310,-€, Wegfall der Jahressonderzahlung sowie der automatischen jährlichen Entgelterhöhung angeboten. Nachdem das Gericht die Anwendbarkeit dt. Rechts bejaht hatte, kam die Frage nach der Berechtigung der Änderungskündigung. Dazu muss man wissen: Die Änderungskündigung ist an sich eine normale Kündigung, die verhaltens-, personen- oder betriebsbedingt gerechtfertigt werden muss. Das neue Angebot muss verhältnismäßig sein. Demnach kam nur eine betriebsbedingte Änderungskündigung in Betracht. Für eine außerordentliche Änderungskündigung muss die alsbaldige Änderung der Arbeitsbedingungen unabweisbar notwendig und die geänderten Arbeitsbedingungen müssen dem Mitarbeiter zumutbar sein. Verträge sind einzuhalten! Auch ist allgemein anerkannt, dass Geldmangel den Schuldner nicht entlastet. Dem Arbeitgeber ist es auch im Insolvenzfall regelmäßig zuzumuten, die ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten. Selbst die ordentliche Änderungskündigung kommt nur in Betracht, wenn „bei Aufrechterhaltung der bisherigen Personalstruktur weitere, betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstünden, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließung des Betriebes führen“. Das setzt das Bestehen eines umfassenden Sanierungsplans voraus, der alle gegenüber der beabsichtigten

Änderungskündigung milderen Mittel (zunächst) ausschöpft. Ein zur außerordentlichen Änderungskündigung berechtigender Grund liegt deshalb nur vor, wenn die Änderung der Arbeitsbedingungen für den Arbeitgeber das Ziel hat, der konkreten Gefahr einer Insolvenz zu begegnen. In einer existenzbedrohenden Lage kann der Arbeitgeber auch von seinen ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern einen Sanierungsbeitrag verlangen. Dafür muss er darlegen, dass die Sanierung mit den Eingriffen steht und fällt.

ACHTUNG, Wiedervorlage: Wie sagte noch gleich … Wenn die Musik aufhört zu spielen oder maW die fetten Jahre sind vorbei. Wir werden uns sicherlich alsbald in der Praxis wieder häufiger mit der bbÄK befassen dürfen. 

Ne, ich gliedere Dich nicht ein. Und Geld bekommst´auch nicht – 5 AZR 815/16

Von März 2007 bis Mai 2009 war der klagende Lehrer arbeitsunfähig erkrankt. Die behandelnde Ärztin empfahl zunächst eine Wiedereingliederung von drei Stunden täglich, ab Oktober 2009 attestierte der Hausarzt volle Einsatzfähigkeit bei „normalen schulischen Rahmenbedingungen“. Das beklaget Land weigerte sich. In der Folge klagte der Herr Kollege auf Annahmeverzugslohn für den Zeitraum 11/09 – 9/11 iHv 81.501,49€. Hilfsweise klagte er auf Schadensersatz. Denn selbst wenn weiterhin Arbeitsunfähigkeit bestanden habe, habe die Beklagte durch Verweigerung der Wiedereingliederung die Herstellung der Arbeitsfähigkeit verhindert. Der Anspruch auf Lohn wegen Annahmeverzug setzt voraus, dass der Arbeitgeber die angebotene Leistung nicht annimmt. Es muss so angeboten werden, wie die Leistung zu bewirken ist. Das Angebot eines Wiedereingliederungsverhältnisses (§ 74 SGB V) reicht nach Ansicht des BAG dafür NICHT AUS. Das sei ein Vertragsverhältnis eigener Art, das nicht auf einen Leistungsaustausch, sondern durch den Rehabilitationszweck gekennzeichnet sei. Der Anwalt habe wiederholt (lediglich ) auf eine Beschäftigung im Rahmen eines Wiedereingliederungsverhältnisses bestanden. Er hätte mit gebotener Deutlichkeit davon Abstand nehmen und seine vertraglich geschuldete Leistung anbieten müssen. Hätte er das mal gemacht.

Immerhin ein guter Streitwert

Und was war mit dem Schadensersatz wegen Verweigerung der Eingliederung?? Eine solche kann nun der Schwerbehinderte oder Gleichgestellte verlangen, 81 IV 1 SGB IX. Nicht Behinderte fallen nicht in dessen Schutzbereich. Für sie gilt das Prinzip der beiderseitigen Freiwilligkeit. Nichtabschluss durch den Arbeitgeber ist keine Verletzung der Fürsorgepflicht. Der letzte Satz ist schon ein wenig überraschend, auch wenn ich dem Kläger keine 81k hätte geben wollen. 

Bei der Hitze: „Zum Unwohl?“ Bier darf nicht mit der Angabe „bekömmlich“ beworben werden – BGH I ZR 252/16

Die Beklagte betreibt eine Brauerei im Allgäu. Sie verwendet seit über 80 Jahren Jahren für ihre Biere den Werbeslogan „Wohl bekomm´s!“. In ihrem Internetauftritt warb sie für bestimmte Biersorten mit 5,1 %, 2,9 % und 4,4 % unter Verwendung des Begriffs „bekömmlich“. Der klagende Verbraucherschutzverband, hält die Werbeaussage „bekömmlich“ für eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel, die bei alkoholischen Getränken mit mehr als 1,2 Volumenprozent unzulässig sei. Er hat die Beklagte auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen.

Das Landgericht gab der Klage statt. Der Bundesgerichtshof wies die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten zurück.

Der Bundesgerichtshof entschieden, dass bei alkoholischen Getränken mit mehr als 1,2 Volumenprozent gesundheitsbezogene Angaben nicht nur in der Etikettierung der Produkte, sondern auch in der Werbung für diese Getränke verboten sind. Eine „gesundheitsbezogene Angabe“ liegt vor, wenn mit der Angabe eine Verbesserung des Gesundheitszustands dank des Verzehrs eines Lebensmittels versprochen wird. Eine Angabe ist aber auch dann gesundheitsbezogen, wenn mit ihr zum Ausdruck gebracht wird, der Verzehr des Lebensmittels habe auf die Gesundheit keine schädlichen Auswirkungen, die in anderen Fällen mit dem Verzehr eines solchen Lebensmittels verbunden sein können. Der Begriff „bekömmlich“ wird durch die angesprochenen Verkehrskreise als „gesund“, „zuträglich“ und „leicht verdaulich“ verstanden. Er bringt bei einer Verwendung für Lebensmittel zum Ausdruck, dass dieses im Verdauungssystem gut aufgenommen und – auch bei dauerhaftem Konsum – gut vertragen wird. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wird dieser Begriff auch im Zusammenhang der beanstandeten Werbung so verstanden. Der Werbung lässt sich nicht entnehmen, dass mit dem Begriff „bekömmlich“ nur der Geschmack des Bieres beschrieben werden soll.

Erhängen, Erschießen und auch noch Ertränken?? Wie oft darf die Agentur sperren? BSG – B 11 AL 2/17 R –

  • 159 SGB III – Ruhen bei Sperrzeit

(1) 1 Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. 2 Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn […]

  1. die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),

Der in Radeburg/Sachsen lebende Kläger, zuletzt als sog. Beikoch tätig, erhielt von der Bundesagentur für Arbeit am 29. November 2011 zwei Vermittlungsvorschläge als Beikoch in einem Hotel im Schwarzwald und als Koch in einem Gasthaus in Sonthofen/Bayern. Ein weiteres Angebot als Beikoch in einem Klinikum in Meißen-Radebeul übersandte die Beklagte am 30. November 2011 per Post. Am 16. Januar 2012 teilte der Kläger mit, sich auf keine der Stellen beworben zu haben. Mit drei Bescheiden stellte die Beklagte den Eintritt einer dreiwöchigen, einer sechswöchigen und einer zwölfwöchigen Sperrzeit fest.

Das Bundessozialgericht klärte, dass bei mehreren Beschäftigungsangeboten, die in einem so engen zeitlichen Zusammenhang unterbreitet werden, von einem einheitlich zu betrachtenden Lebenssachverhalt auszugehen ist. Bewirbt sich der Arbeitslose in einer solchen Situation nicht, muss dies als einheitliches versicherungswidriges Verhalten gewertet werden. Ein einziges versicherungswidriges Verhalten darf jedoch nicht mehrfach sanktioniert werden. 

1.666,-€ für den Anwalt oder nicht? Oder: Wann muss der Arbeitgeber die Kosten des BR-Anwalts tragen – BAG 7 ABR 34/16

Die Betriebsratswahl war angefochten worden. In erster und zweiter Instanz war die Anfechtung erfolgreich. Das Gericht lies den Gang zum BAG nicht zu, wogegen der Herr Kollege eine sog. Nichtzulassungsbeschwerde einlegte, welche er nicht weiter begründete. Warum macht der das? Er wollte mit der bloßen Einlegung der Beschwerde erreichen, dass der erledigte BR bis zur Neuwahl im Amt bleibt. Mit Rechtskraft der Entscheidung des LAG war der BR weg vom Fenster. Die (sinnlose) Beschwerde, sollte das hinaus zögern. Denn es war klar, dass das BAG den Fall nicht verhandeln würde.

Auf jeden Fall wollte der Herr Anwalt für seine Beschwerde die o.g. Gebühr abgreifen. Das sah der Arbeitgeber als Adressat der Rechnung anders. Er hielt den Aufwand für nicht erforderlich iSd. § 40 BetrVG. Der Anwalt klagte und alle drei Instanzen sagten NEIN. Warum? Einfach:

Die Kostentragungspflicht besteht nicht, wenn die Rechtsverfolgung des Betriebsrats offensichtlich aussichtslos ist. Das ist der Fall, wenn die Rechtslage unzweifelhaft ist und zu einem Unterliegen des Betriebsrats führen muss. Der Arbeitgeber hat daher die Kosten eines vom BR mit der Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde beauftragten Anwalts nicht zu tragen, die unzweifelhaft zurückzuweisen ist, weil Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde offensichtlich nicht bestehen.

Dass mit der Einlegung des Rechtsmittels der Eintritt der Rechtskraft und damit für die Dauer der Wahl eine betriebsratslose Zeit eintritt, macht die rechtlich sinnlose Durchführung nicht erforderlich. Das BAG sieht also einen klaren Unterscheid zwischen taktisch möglicherweise sinnvoll und rechtlich klar erfolglos.

Der Kollege fand die Idee sicher charming u taktisch schlau, rechtlich zwingt sie aber Arbeitgeber auf keinen Fall zur Kostentragung. 

Der schlaue Azubi – oder das perfekte Timing bei der Kündigung Bundesarbeitsgericht Urteil vom 22.2.2018 Az. 6 AZR 50/17

Was macht man, wenn man seinen Ausbildungsberuf oder seinen Ausbildenden nicht so wirklich mag? Ganz einfach. Man kündigt. So auch unser Auszubildender zum Elektroniker. Dieser begann am 01. August 2015 seine Ausbildung, die am 31.01.2019 enden sollte.  Mit Schreiben vom 04. Januar 2016 kündigte er sein Ausbildungsverhältnis zum 29. Februar 2016. Seine neue Ausbildung begann am 01. März 2016. Passt also. Der Ausbildende sah das aber nicht so gerne und berief sich auf die Frist des § 22 Abs. 2 Nr. BBiG. Danach kann ein Ausbildungsverhältnis mit einer Frist von 4 Wochen gekündigt werden. Demnach hätte das Ausbildungsverhältnis bereits am 02. Februar 2016 geendet. Die Sache ging bis zum Bundesarbeitsgericht. Dies musste sich also mit der Frage beschäftigen, ob die Frist in § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG zwingend ist und nicht überschritten werden darf. Nehmen wir die Antwort vorweg. Die Frist ist nicht zwingend.

„§ 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG legt keine zwingende Kündigungsfrist fest, die vom Auszubildenden nicht überschritten werden darf. Deshalb darf der Auszubildende bei einer Berufswechselkündigung das Ausbildungsverhältnis zu dem von ihm beabsichtigten Zeitpunkt der Aufgabe der Berufsausbildung auch mit einer längeren als der gesetzlich normierten Frist von vier Wochen kündigen.“

Fazit: Wer nahtlos von einem zum anderen Ausbildungsverhältnis hoppen will, hat es jetzt leicht. Einfach immer schon mal ne neue Ausbildungsstelle such und dann passen kündigen.

Facebook ist nichts für jedermann – oder die „meckernde Ziege“ kontra Meinungsfreiheit LAG Sachsen 1 Sa 515/17

Auf die Meinungsfreiheit beruft sich ja jeder. Im Arbeitsrecht scheint das ja so das Hauptargument zu sein, und zwar immer dann, wenn der Arbeitnehmer mit beleidigenden und rassistischen Äußerungen konfrontiert wird. Doch wie lag der Fall?

Ein Straßenbahnfahrer aus Sachsen veröffentlichte auf Facebook unter seinem Namen und neben seinem Bild in Straßenbahndienstkleidung das Bild einer meckernden Ziege mit einer Sprechblase mit den Worten „Achmed, ich bin schwanger“. Darüber berichtete sogar die lokale Presse in ihrer Ausgabe vom 20. Dezember 2016 unter der Überschrift „Straßenbahnfahrer ein Rassist?“. Der Arbeitgeber hörte daraufhin den Betriebsrat zur beabsichtigten fristlosen, hilfsweise zur ordentlichen Kündigung an. In seiner Stellungnahme stimmte der Betriebsrat sowohl der fristlosen, als auch der hilfsweisen ordentlichen Kündigung zu.

Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage. Er hielt die Kündigung für unwirksam.

Bei dem Bild mit der schwangeren Ziege und der Sprechblase handele es sich schlichtweg um eine satirisch verbrämte Anspielung auf das Gedicht von Jan Böhmermann. Verfassungsfeindliche oder gar volksverhetzende Tendenzen bestünden nicht. Eine Volksverhetzung scheitere schon daran, dass der Name Achmed keiner bestimmten Bevölkerungsgruppe zuzuordnen sei.

Dies sah das LAG Sachsen aber nun mal gar nicht so. Und ordnete den Namen Achmed einer ursprünglich arabischen und heute vielfach in der Türkei benutzten Namen zu. Auch bei der Ziege verstand das LAG keinen Spaß und machte aus der Kombination des Namens Achmed und dem Bild der Ziege einen türkischen Mann, der Geschlechtsverkehr mit Tieren, hier also mit einer Ziege hat. Die Ziege steht platzhalterisch für die türkische Frau, die für tierischen Nachwuchs sorgt.

Eine solche die Würde des Menschen infrage stellende Schmähkritik ist nach Auffassung des Gerichts eben nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Ergebnis: Kündigung wirksam

Fazit: Eigentlich noch schlimmer als der Facebook-Typ mit der dämlichen Scheiße für Mindestlohn minus 20%. Darüber konnte man zumindest noch schmunzeln.

Da brauche ich schon mehr Zeit – oder die unwirksame Verdachtskündigung LAG Schleswig-Holstein – 3 Sa 398/17

Für diesen Fall brauchen wir ein paar Hintergrundinformationen. Es streitet sich ein Entwicklungsingenieur mit seiner Arbeitgeberin. Und das nicht zum ersten Mal. Mehrfach schon stritt man vor dem Landesarbeitsgericht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Im vom Landesarbeitsgericht nunmehr entschiedenen Fall ging es neben einer Versetzung und einer Änderungskündigung um eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 12. August 2016, die u.a. mit dem Verdacht von Straftaten begründet wurde. Im Zuge der im Rechtsstreit ebenfalls streitigen Versetzung des Klägers aus der Entwicklungsabteilung in den Außendienst erhielt der Kläger von der Beklagten im Juni 2016 ein Laptop ausgehändigt. Er war seitdem durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Nachdem der Kläger größere Datenmengen über das Laptop heruntergeladen hatte, verlangte die Beklagte das Laptop heraus. Am 3. August 2016 übersandte der Kläger der Beklagten ein anderes Laptop. Ob dies versehentlich erfolgte, ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls gab die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 4. August 2016, in dessen Briefkasten frühestens am Abend eingegangen, Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 8. August 2016, 13:00 Uhr. Als die Frist verstrichen war, brachte die Beklagte die außerordentliche Verdachtskündigung auf den Weg.

Diese Frist hielt das LAG Schleswig-Holstein dann aber für etwas knapp. Insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass sich unser Ingenieur bisher sowohl gerichtlich, als auch außergerichtlich stets von einem Anwalt vertreten ließ. Dieser wurde aber von der Arbeitgeberin erst gar nicht informiert. Was ehrlich gesagt, ein Unding ist. Und gerade mal zwei Tage zur Stellungnahme waren dann doch wohl auch etwas knapp. Auch schon deshalb, weil die Arbeitgeberin wusste, dass der Arbeitnehmer arbeitsunfähig krank war und laut LAG Schleswig-Holstein also damit rechnen musste, dass sich dieser eben nicht durchgängig zu Hause aufhält.

Mmmmhhh. Bis dahin mag ja alles noch nachvollziehbar sein. Aber dass man damit rechnen muss, dass arbeitsunfähig Erkrankte nicht durchgängig zu Hause sind…

Göttin Diana und die entblößten Brüste – bei der Polizei wollen wir so etwas nicht ArbG – 58 Ga 4429/18

So etwas geht natürlich nicht, sagen wir schnell. Doch worum geht es eigentlich. Im vorliegenden Fall wollte ein Bewerber für den Zentralen Objektschutz der Berliner Polizei im Wege einer einstweiligen Verfügung vor dem Arbeitsgericht die anderweitige Besetzung der Stelle verhindern. Hintergrund ist, dass der Polizeipräsident in Berlin den Bewerber aufgrund seiner Tätowierung an seinem Unterarm ablehnte. Die Tätowierung zeigte die Göttin Diana mit entblößten Brüsten. Doch wer ist eigentlich die Göttin Diana. Diana ist in der römischen Mythologie die Göttin der Jagd, des Mondes und der Geburt, Beschützerin der Frauen und Mädchen. Also durchaus positiv besetzt. Problem waren nur die entblößten Brüste. Das Arbeitsgericht Berlin Az. 58 GA 4429/18 Pressemitteilung vom 03.04.2018 musste nun prüfen, ob die Ablehnung des Bewerbers zu Recht erfolgte, ob also die Berliner Polizei bei ihrer Beurteilung Ermessensfehler begangen hat. Die konnte das Arbeitsgericht Berlin nicht erkennen. Das Tattoo auf dem Arm eines Mitarbeiters des Polizeipräsidenten könne von den Bürgerinnen und Bürgern als sexistisch wahrgenommen werden. Auch wenn die Berliner Polizei ihre Einstellungspraxis, was Tätowierungen anbelangt, zuletzt gelockert hat, sofern diese mit den Anforderungen an das Auftreten und die Neutralität der Dienstkräfte in der Öffentlichkeit vereinbar sind.

Fazit: Wer sich für ein bestimmtes Tattoo entscheidet, sollte frühzeitig überlegen, ob dies der weiteren beruflichen Entwicklung ggf. im Wege steht…..

„Du sollst nicht anfassen die BV“ – LAG Hamburg – 7 Sa 84/17 –

Der Verzicht auf Rechte aus einer Gesamtbetriebsvereinbarung ohne Zustimmung des Gesamtbetriebsrats ist wirksam, sofern die in einem Aufhebungsvertrag zugesagte betriebliche Altersversorgung günstiger ist als nach den betrieblichen Regelungen. Sieht eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung vor, dass die dort geregelte Gesamtversorgung entsprechend der Entwicklung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung steigen soll, und ist gleichzeitig zugunsten der Arbeitgeberin ein Anpassungsvorbehalt vorgesehen, wonach etwas anderes beschlossen werden darf, sofern die grundsätzlich vorgesehene Steigerung „für nicht vertretbar“ gehalten wird, so erfordert das Gebrauchmachen dieses Anpassungsvorbehalts das Vorliegen hinreichender wirtschaftlicher Gründe. Ist nach der Gesamtbetriebsvereinbarung die Erhöhung der Gesamtversorgungsbezüge geregelt, so verstößt die Entscheidung der Arbeitgeberin, nur einen Bestandteil der Gesamtversorgungsbezüge zu erhöhen, gegen die Verteilungsgrundsätze der Gesamtbetriebsvereinbarung und ist damit unwirksam. Gleichzeitig verstößt die Arbeitgeberin gegen das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, da sich das Mitbestimmungsrecht in Bezug auf die Verteilungsgrundsätze auch auf ausgeschiedene Mitarbeiter erstreckt.

Wer 21 Tage krank war, wird nicht übernommen

Die Deutsche Post nennt es „verantwortungsbewusste“ Personalpolitik, einige Politiker halten es hingegen für „sittenwidrig“ und kritisieren das Entfristungskonzept des Konzerns. Ich halte es für eine (leider) rechtlich mögliche Ausnutzung des Befristungsrechts….. Will die Politik unedle Motive der Arbeitgeber rechtlich ausschließen, muss sie an das Gesetz ran.

Die Niederlassungsleiter haben von der Konzernspitze ein sogenanntes Entfristungskonzept erhalten, nach welchem

  • ein Mitarbeiter in zwei Jahren nicht häufiger als sechsmal krank gewesen sein oder nicht mehr als 20 Krankheitstage angehäuft haben darf,
  • höchstens zwei selbstverschuldete Kfz-Unfälle mit einem maximalen Schaden von 5.000 Euro verursachen darf und
  • der Mitarbeiter darf in drei Monaten nicht mehr als 30 Stunden länger für seine Touren gebraucht haben als vorgesehen.

Ein Sprecher der Deutschen Post sprach aber von einer „verantwortungsbewussten“ Entfristungspolitik: „Die Kriterien berücksichtigen ausgewogen, nachvollziehbar und an objektiven Merkmalen orientiert die Interessen des Unternehmens, der Kunden und natürlich der Beschäftigten selbst und bewegen sich im Übrigen im geltenden rechtlichen Rahmen.“ Innerhalb des letzten Jahres habe die Post rund 9.000 befristete Arbeitsverhältnisse in unbefristete überführt. Die Gesamtzahl der befristete Verträge wollte der Konzern auf Anfrage nicht mitteilen.

„Diese Kriterien sind völlig menschenverachtend und ­sittenwidrig, und das bei einem Unternehmen, an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt ist“, sagt Beate Müller-Gemmeke, Grünen-Sprecherin für Arbeitnehmerrechte. Auch Peter Weiß (CDU), arbeitsmarktpolitischer Sprecher und Vorsitzender der Arbeitnehmergruppe der Union, kritisierte die Entfristungspolitik der Post: „So ein Kriterienkatalog, wie er vorliegt, ist ein Quatsch und der Personalabteilung eines Großunternehmens unwürdig.“

Sicher, sicher……. mag ja alles sein. Aber die Regelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes stellen die Begründung eines unbefristeten Vertrages in das Belieben der Parteien. Beide können sich aus mehr oder weniger „edlen Motive“ für eine Fortsetzung entscheiden. Wir sind hoffentlich weit davon entfernt, einen negativen Gesinnungskatalog für eine unrechte, doch eine Fristsetzung erzwingende Ablehnung anzuwenden. Das nennt sich Vertragsfreiheit…

Good Night & Good Luck

Ihr / Euer

Dr. Stephan Grundmann