Bewerbungsgangster – oder aus S….. Bonbons machen – BAG 8 AZR 470/14 – Nix mit Mitbestimmung bei der Wochenendtruppe– LAG Hamm 13 TaBVGa 8/16 – Probe trotz „erfolgter Probe“?  BAG 6 AZR 396/15 – Gib mir mein GELD – Fahrtzeiten für BR-Arbeit = Entgelt?   BAG 7 AZR 255/14 – Die lieben Kollegen oder: richtig einladen – BFH VI R 24/15 – Wie komme ich an mein Geld? Betriebsrat und Entgelt (-erhöhung) – BAG 7 AZR 972/13 – Neugewählter Betriebsrat – Kein Ausschluss eines Betriebsratsmitglieds wegen in abgelaufener Amtszeit begangener grober Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten – BAG – 7 ABR 14/15 – Wie weit darf man gehen? Oder: Mitbestimmung extrem? BAG 1 ABR 22/14

Und wenn es das nächste Mal Streit bei der Verhandlung, Sitzung oder vor Gericht gibt:

„Halt Du Dich da raus, weil ich bin ein lila Einhorn und voll stark“.

Lilou Grundmann, 3 Jahre

Ich hab´ mich sofort raus gehalten…

Hinweis in eigener Sache –

Auf unserer Seite finden sich künftig in lockerer Folge (natürlich interessante) unter „Aktuelles“ rechtliche Beiträge zur aktuellen Arbeitsrechtswelt in gewohnt lockerer Spreche. Den Anfang macht ein Beitrag zur Abgrenzung Privat- und Berufsleben. Oder auch: „Die Facebookfalle“. Kann, was ich da tue, dort zu sehen ist, mir beruflich „auf die Füße fallen“. Ein sehr erhellender Beitrag.

Lesen und Feedback geben:

www.team-arbeitsrecht.com

Bewerbungsgangster – oder aus S….. Bonbons machen – BAG 8 AZR 470/14

Der Kläger, ANWALT, z Ztpkt der Bewerbung 59 Jahre alt, hat eine eigene Kanzlei, bewarb sich auf eine Stellenanzeige einer größeren Sozietät. In dieser hieß es u.a.:

„Zur Verstärkung unseres Teams suchen wir einen Rechtsanwalt (m/w) mit 0-2 Jahren Berufserfahrung für die Bereiche…..“

Nach seiner Ablehnung machte er geltend:

  • Angemessene Entschädigung iHv 10.000,-€
  • Schadensersatz iHv 50.000,-€
  • Anwaltsgebühren – für die Tätigkeit in SEINER/DIESER SACHE 1.761,06€

= 61.761,08€…..

denn die Behandlung seiner Bewerbung sei ein offensichtlicher Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG. Das Arbeitsgericht und das LAG wissen die Klage unseres „AGG-Hoppers“ aus folgenden Gründen ab:

  1. Der Kläger hatte gar nicht die erforderliche Qualifikation. Es wurden zwei Prädikatsexamen verlangt. Der Kläger hatte nicht eines.
  2. Erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung. Denn erstens ging der Kläger in seiner Bewerbung nur formelhaft und nicht konkret auf die Stelle ein und zweitens hatte er im Jahr der Bewerbung bereits 13!!! Klagen wegen abgelehnter Bewerbungen erhoben, was für einen Rechtsmissbrauch durch den Kläger sprach.

Find´ ich gut – soweit. ABER das BAG stärkte dem Vogel den Rücken und entschied, dass das LAG nochmals neu verhandeln müsse. Hä!!!!???

Gründe:

Mit einem unfassbaren Geschwurbel fegt das BAG Punkt 1 hinweg: „Denn auch Bewerber, welche die auf der zu besetzenden Stelle auszuübenden Tätigkeiten grundsätzlich verrichten können, ohne aber jede Voraussetzung des Anforderungsprofils zu erfüllen, bedürfen des Schutzes vor Diskriminierung, weil gerade Anforderungsprofile in Stellenanzeigen häufig Qualifikationen benennen, deren Vorhandensein sich der Arbeitgeber für den Idealfall zwar wünsche, die aber keinesfalls zwingende Voraussetzung einer erfolgreichen Bewerbung seien“…….

Verdammt! Doch: ich will doch die Quali, weil ich die auf der Stelle brauche. „Nein, glaub mir“, sagt das BAG, das kannst Du nicht ernst meinen. Wir wissen das besser als Du, dass Du jemanden einstellen willst, in Deinem Unternehmen, mit Deinem Geld.

Wir hier in Erfurt haben zwar nie wirklich gearbeitet, sind nach der Uni lecker in die Richterschaft, haben uns schön aus dem echten (Arbeits-)Leben verabschiedet, weil das irgendwie so unsicher ist, was da draußen passieren kann… Aber wir wissen gaaaanz genau, dass der Stellenausschreiber es an sich (nie) ernst meint mit dem, was er da verlangt. Jetzt stelle Dir das mal vor: Du sitzt da als 1a Kanzlei, willst nen 1a Mitarbeiter und die sagen Dir. „Nein, wir wissen doch alle, dass das nicht ernst gemeint ist“. Boah, denen muss volles Programm die Kinnlade runter geknallt sein…. Dann geht’s weiter. Also Punkt 1 EGAL.

Also rechtsmissbräuchlich – zu Punkt 2 – ist ja nicht jedes Verhalten…. Da gelten schon „strenge Anforderungen“, die der Beklagte beweisen müsse. Es bedarf des Vorliegens eines subjektiven und objektiven Elements. Das oberflächliche Bewerbungsschreiben sei kein Indiz, denn auch oberflächliche (unkonkrete und klar schlechte) Bewerbungen seinen nun mal Bewerbungen…. Und jetzt kommt der Kracher: auch der Umstand, dass der Kläger im laufenden Jahr 16!!! Entschädigungsklagen unabhängig vom nachgefragten Rechtsgebiet, der Kanzlei oder dem Einsatzort bei Kanzleien, in denen stets Berufseinsteiger oder Anwälte mit erster Berufserfahrung gesucht wurden, auf jeweils 60tsd EURO erhoben habe, lasse – NICHT – WAS??? – nicht den Schluss zu, dass der Kläger systematisch und zielgerichtet vorgegangen sei. Vielmehr könne es ihm mit den Bewerbungen um die jeweilige Stelle auch ernst gewesen sein. Stimmt, und dass der Russe (sorry) pro Kopf und Jahr

Der in Anspruch genommene muss den „Vollbeweise“ führen, dass andere als in § 1 AGG genannte Gründe zur ungünstigeren Behandlung geführt haben…

Außer Acht blieb dann auch der Umstand, dass der Kolleg eine laufende Kanzlei mit vielen Einzelmandaten hatte. Das hätte natürlich Zeit gebraucht, diese abzuwickeln. Aber das hätte der Kläger ja auch machen können, nachdem man ihn genommen hätte… Nun muss das LAG – das wie oben gesagt ja so „lebensfremd“ entschieden hat – nochmals ran….unfasssssbar.

Nix mit Mitbestimmung bei der Wochenendtruppe – LAG Hamm 13 TaBVGa 8/16

Der Arbeitgeber setzte am Wochenende, an dem keine Mitarbeiter im Betrieb tätig waren, portugiesische Mitarbeiter aus einer Konzerntochter ein. Der Betriebsrat begehrte Mitbestimmung. NEIN, so das LAG. Denn der Betriebsrat sei für den Regelbetrieb, der unter der Woche stattfinde zuständig. Aufgrund der Unternehmerentscheidung, die Betriebsanlagen am Wochenende durch Mitarbeiter einer Konzerntochter nutzen zu lassen, entstehe ein neuer Betrieb mit anderen Arbeitnehmern, für die der gewählte Betriebsrat nicht zuständig sei und das stelle auch keine Betriebsänderung dar. Mangels aktueller oder auch nur beabsichtigter Zusammenarbeit der Portugiesen mit der „unter-der-Woche-Belegschaft, liege auch keine „Eingliederung“ vor. Es bestünde auch keine Umgehung rechtlicher Beteiligungstatbestände vor, da die Firma sich durch den Abschluss des Werkvertrages im Rahmen unternehmerischer Freiheit legal verhalten habe. …..

Verflixt: so ist es. Denn das Gesetz steht nur da entgegen, wo es regelt…. Es ist kein Lückenfüller für alles unangebrachte, ungerechte und verwerfliche Tun.

Probe trotz „erfolgter Probe“? BAG 6 AZR 396/15

Wo taucht die Probezeit auf? Als echter Begriff in § 622 Abs. 3 BGB. In der Probezeit – maximal bis zu sechs Monaten – kann die Kündigungsfrist auf zwei Wochen abgekürzt werden. Und die Probezeit kann eine Befristung nach § 14 TzBfG rechtfertigen. Und dann gibt’s da noch die Probezeit nach § 20 BBiG, die zwischen mindestens einem und maximal vier Monaten dauern kann. Innerhalb derer ist die Kündigung ohne Gründe möglich. Bekannt ist das Problem der Verlängerung der Probezeit: ja, die gibt’s. War der Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum während der Probezeit erkrankt, war ja nix mit Erproben. Dann kann durchaus um diesen Zeitraum verlängert werden. NEIN, kein fester Maßstab, aber es muss sich natürlich um einen erheblichen Krankheitszeitraum > sechs Wochen – handeln. In unserem Sonderfall hatte der Auszubildende bei einem anderen Ausbilder schon 29 Monate Ausbildung absolviert und wechselte nun zum – späteren Beklagten. Im Vertrag war vereinbart: „Wird die Ausbildung während der Probezeit um mehr als ein Drittel dieser Zeit unterbrochen, verlängert sich die Probezeit um den Zeitraum der Unterbrechung“.

Beginn war 1.1. – bis zum 30.4. war der Kläger sieben Wochen wegen Krankheit arbeitsunfähig – den ganzen April wegen einer Verletzung beim Fußball. Der Beklagte kündigte „in der Probezeit“. Das BAG, anders als das LAG, sah darin keine Benachteiligung zugunsten des Auszubildenden, § 25 BBiG. Denn erstens habe er auch die Möglichkeit, länger ohne Grund aussteigen zu können und andererseits erhalte er eine weiter Chance, weil der Arbeitgeber sonst bei Erkrankung gehalten wäre, schnell innerhalb der vier Monate zu beenden. Schlau war es – merkt man an der Prüfung des BAG´s – die Verlängerung daran zu knüpfen, dass die Probezeit mindestens um ein Drittel unterbrochen werden muss. Darin sah das BAG noch keine unangemessene Benachteiligung. Damit landen wir bei dem Punkt, den ich oben ansprach: es muss sich schon um einen erheblichen Unterbrechungszeitraum handeln. Hätte die Klausel bei jedem Unterbrechungstag gegriffen, wäre dem Arbeitgeber die Klausel „um die Ohren geflogen“.

Gib mir mein GELD – Fahrtzeiten für BR-Arbeit = Entgeltzahlung?   BAG 7 AZR 255/14

Also der Fall ist schon besonders: der Kläger ist BR in einem Verein, der Menschen mit Behinderung unterstützt. Assistenten unterstützen während der Schulzeit und teilweise auch auf dem Weg zu Schule diese Kunden. Der BR setzt sich fast vollständig aus solchen Assistenten zusammen. Während er Schulferien werden in den ersten drei Wochen durch alle Assistenten Überstunden durch Freizeitausgleich abgebaut, die weiteren drei Wochen werden nicht vergütet, aber durch die Aufteilung des Gehalts erfolgt auch in dieser Zeit eine anteilige Zahlung.

In der o.g. arbeitsfreien Zeit war die Klägerin bei zwei Sitzungen dabei. Die Sitzungen dauerten 13,5, die Fahrtzeiten 3 Stunden, womit die Klägerin einen Freizeitausgleich von 16,5 Stunden begehrte, die ihr verweigert wurden.  Voll klasse Fall, weil die Frage längst mal geklärt werden musste, voll unschöner Streitwert (16,5 x 13,45€ = 221,92€) – in der Revision ging es dann nur noch um die FAHRTZEIT (3 x 40,35€). Uns Anwälten geht´s oftmals nur um die Ehre – lol.

Also: Die BR-Tätigkeit und die Fahrten erfolgten in der „arbeitsfreien Zeit“. Das lies sich aber zunächst durch die Besonderheiten des Betriebes rechtfertigen. Die Schließung für sechs Wochen ist ein betrieblich gesetzter Grund. Fällt BR-Arbeit auch in der Phase an, wird aus betrieblichen Gründen außerhalb der Arbeitszeit BR-Arbeit geleistet. Insoweit waren 13,5 Stunden unstreitig – aus meiner Sicht zu leisten. Spannend ist die Frage der „Extrafahrtzeit“. Was sagen die Instanzen? Das ArbG hat nur die Sitzung zahlen wollen, das LAG Bremen wollte beide Zeiten bezahlt wissen, das BAG sagt nun: Die Sitzung selber muss nach dem Lohnausfallprinzip“ vergütet werden. Für die Fahrtzeiten zieht das BAG nun folgenden Vergleich: „Zur Wahrnehmung von BR-Tätigkeit erforderliche Fahrtzeiten können dann, wenn entsprechende Fahrtzeiten von Arbeitnehmern im Zusammenhang mit der Erfüllung der Arbeitspflicht nicht vergütungspflichtig sind, keinen Anspruch auf Freizeitausgleich nach 37 III BetrVG und keinen Vergütungsanspruch nach 37 III 3 auslösen.

Wegezeiten zur Betriebsstätte sind ausschließlich der „Privatsphäre“ zuzuordnen. Ansonsten könnte – festhalten – der BR durch Wahl des Wohnortes die Kosten steuern…. dadurch entstehe kein Nachteil, denn die für die Sitzung aufgewendete Zeit werde ja durch Freizeitausgleich kompensiert. Ääääh, ja, die, aber die EXTRAFAHRTZEIT??? Ja, ja, und das BetrVG sehe aufgrund des Ehrenamtsprinzips keinen Anspruch für ein Freizeitopfer. Durch das Ehrenamt dürften keine zusätzlichen Vergütungsansprüche erworben werden.

Ich fasse es nicht – dann bleibe ich als BR doch lieber zuhause…… weil selbst wenn ich an vier Sitzungen teilnehme und dabei 8 Stunden von Vater, Mutter weg bin, sehe ich dafür keinen Ausgleich? Ich mache das doch nicht, um mir Extrazeit raus zu holen, ich möchte nur für mein Engagement einen 1: 1 Ausgleich. Denn für mein Tun habe ich ja allenfalls das Lob des Herrn zu erwarten, nicht mehr. Das degradiert doch den BR, der sich rein hängt, zum selbstlosen Pfosten. Es geht hier nicht um die Roten oder Weißen Funken im Karneval, sondern um Freizeitopfer für die Sache, für die Kollegen. Jetzt mal runter gechilled: so übel die Entscheidung ist: sie kann nur gelten für die Betriebsfahrten. Sind wir zum GBR, KBR oder zur Schulung unterwegs, sieht´s wieder ganz anders aus.

Aber nochmals: wie sachfremd ist denn so eine Entscheidung…..

Die lieben Kollegen oder: richtig einladen – BFH VI R 24/15

Nicht direkt Arbeitsrecht, aber nah dran. Da lädt der Finanzbeamte die Kollegen zum Umtrunk wegen seines 40jährigen Dienstjubiläums ein, legt dafür knapp 833,-€. Und was machen die Kollegen mit seiner Steuererklärung: die streichen ihm die Aufwendungen. Es handele sich nicht um Werbungskosten. Das sah dann in letzter Instanz der BFH anders: ein Umtrunk anlässlich eines Dienstjubiläums sei grundsätzlich ein berufsbezogenes Ereignis, was für die Abzugsfähigkeit spricht. Dann kommt es aber darauf an: werden nur ausgesuchte KollegInnen eingeladen oder wird die Einladung allgemein ausgesprochen. Nur im letzteren Fall beste eine berufliche Veranlassung. Das war hier gegeben. Alle durften kommen. Weiterhin sprach dafür, dass die Fete in den Räumen des Finanzamtes und während der Arbeitszeit – 11-13.00 – statt fand.

ALSO: Offiziell alle einladen, inoffiziell klären, dass das nicht so gemeint ist, das Ganze in der Arbeitszeit und schon ist der Abzug da.

Wie komme ich an mein Geld? Betriebsrat und Entgelt (-erhöhung) – BAG 7 AZR 972/13

Nach 37IV darf das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung des Amts nicht geringer bemessen werden als das Entgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Vergleichbar sind Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt der Amtsübernahme ähnliche, im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten ausgeführt haben wie der Amtsträger und dafür in gleicher Weise fachlich und persönlich qualifiziert waren. Üblich ist eine Entwicklung, die vergleichbare Arbeitnehmer bei der Berücksichtigung der normalen betrieblichen und personellen Entwicklung in beruflicher Hinsicht genommen haben. Die Übertragung höherwertiger Tätigkeit ist nur dann betriebsüblich, wenn diese dem Betriebsratsmitglied nach den betriebsüblichen Gepflogenheiten hätte übertragen werden müssen oder die Mehrzahl der vergleichbaren Arbeitnehmer einen solchen Aufstieg erreicht.

Für das Betriebsratsmitglied können nicht unerhebliche Schwierigkeiten bestehen, diese Anspruchsvoraussetzungen schlüssig darzulegen, weil es keinen vollständigen Überblick über die ihm vergleichbaren Arbeitnehmer und deren Gehaltsentwicklung hat. Kann das Betriebsratsmitglied das Bestehen eines Anspruchs auf Gehaltsanpassung nur prüfen, wenn es Auskunft über die Gehaltsentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung erhält, kommt daher ein Anspruch auf Auskunft nach §§ 611, 242 BGB iVm § 37 IV BetrVG in Betracht. Dies gilt für die Gehaltshöhe vergleichbarer Arbeitnehmer, deren Kenntnis sich dem betroffenen Betriebsratsmitglied entzieht und über die der Arbeitgeber unschwer Auskunft erteilen kann.

Verlangt das Betriebsratsmitglied vom Arbeitgeber Auskünfte, um eine betriebsübliche Beförderungspraxis als Voraussetzung einer entsprechenden Gehaltssteigerung darlegen zu können, als das BR-Mitglied unter Berücksichtigung der ihm zugänglichen Tatsachen vorzutragen, mit welchem Arbeitnehmer es aus seiner Sicht vergleichbar ist und aus welchen Umständen zu schließen ist, dass die Mehrzahl der mit ihm vergleichbaren Arbeitnehmer die behauptete Beförderung erfahren hat. Verfügt das BR-Mitglied etwa wegen der Größe des Betriebes und der Vielzahl vergleichbarer Arbeitnehmer nicht über ausreichende Erkenntnismöglichkeiten, kann es genügen, Referenzfälle darzulegen, aus denen sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine betriebsübliche Beförderungspraxis in dem Zeitraum seiner Zugehörigkeit zum Betriebsrat schließen lässt. Die abstrakte – gleichsam „ins Blaue“ zielende – Behauptung einer Beförderungspraxis ohne jeden konkreten Beispielfall genügt dafür nicht. Anderenfalls würde die Darlegungs- und Beweislast unzulässig in ihr Gegenteil verkehrt werden.

Neugewählter Betriebsrat – Kein Ausschluss eines Betriebsratsmitglieds wegen in abgelaufener Amtszeit begangener grober Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten – BAG – 7 ABR 14/15 –

Ein Betriebsratsmitglied kann nach der Neuwahl des Betriebsrats nicht wegen einer in der abgelaufenen Amtszeit begangenen groben Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten nach § 23 Abs. 1 BetrVG aus dem neu gewählten Betriebsrat ausgeschlossen werden.

Hauptanteilseignerin der Arbeitgeberin ist die R AG. In der Vergangenheit gab es Überlegungen zu einer Veräußerung der Gesellschaftsanteile durch die R AG. In einem Gespräch am 21. Januar 2014 informierte der Geschäftsführer der Arbeitgeberin den Betriebsratsvorsitzenden und den damaligen stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden über Planungen der R AG, Gesellschaftsanteile der Arbeitgeberin zu verkaufen. Dabei wurde unter Hinweis auf die absolute Vertraulichkeit der Information u.a. die Fa. G als Kaufinteressentin genannt. Darüber setzte der Betriebsratsvorsitzende während der Betriebsratssitzung vom 29. Januar 2014, an der auch der Beteiligte zu 2. teilnahm, die übrigen Betriebsratsmitglieder unter Hinweis auf die strenge Vertraulichkeit der Information in Kenntnis. Im Rahmen einer Mitgliederversammlung der ver.di-Betriebsgruppe am 17. Februar 2014 brachte der Beteiligte zu 2. einen möglichen Verkauf von Gesellschaftsanteilen der Arbeitgeberin durch die R AG zur Sprache. Der ebenfalls anwesende Betriebsratsvorsitzende wies ihn dabei auf seine Verschwiegenheitspflicht hin. Am 20. Februar 2014 fand im Betrieb der Arbeitgeberin eine Betriebsversammlung statt, anlässlich derer sich die Kandidaten für die anstehende Betriebsratswahl, u.a. der Beteiligte zu 2., vorstellten. Zu Beginn der Rede des Beteiligten zu 2. wies der Betriebsratsvorsitzende diesen auf seine Verschwiegenheitspflicht hin. Gleichwohl brachte der Beteiligte zu 2. in seiner Rede einen möglichen Verkauf von Gesellschaftsanteilen durch die R AG an die Fa. G zur Sprache. Mit ihrem am 25. März 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Arbeitgeberin den Ausschluss des Beteiligten zu 2. aus dem Betriebsrat begehrt. Am 15./16. April 2014 fand die Wahl eines neuen Betriebsrats statt. Der Beteiligte zu 2. wurde dabei erneut als Betriebsratsmitglied gewählt.

Die Arbeitgeberin hat geltend gemacht, der Beteiligte zu 2. sei gemäß § 23 Abs. 1 BetrVG wegen einer groben Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten aus dem Betriebsrat auszuschließen. Ihr Rechtsschutzbedürfnis für den Ausschließungsantrag bleibe auch nach der Neuwahl des Betriebsrats bestehen. Der Beteiligte zu 2. habe auf der Mitgliederversammlung der ver.di-Betriebsgruppe am 17. Februar 2014 und auf der Betriebsversammlung am 20. Februar 2014 vertrauliche Informationen über den geplanten Anteilsverkauf öffentlich bekannt gemacht und dadurch seine Geheimhaltungspflicht zum Zweck der eigenen Wahlwerbung verletzt. Auf diese Indiskretion sei eine anschließende Presseberichterstattung über die geplanten Anteilsverkäufe zurückzuführen, wodurch der Verhandlungsprozess erheblich gestört worden sei. Dies wirke sich belastend auf die neue Amtszeit aus und rechtfertige auch den Ausschluss aus dem neu gewählten Betriebsrat.

  1. Gemäß § 23 Abs. 1 BetrVG kann ua. der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen. Eine grobe Verletzung der gesetzlichen Pflichten kann zum Ausschluss des Betriebsratsmitglieds führen, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände die weitere Amtsausübung des Betriebsratsmitglieds untragbar erscheint. Allerdings kann eine Pflichtverletzung, die während einer vorangegangenen Amtszeit des Betriebsrats begangen wurde, den Ausschluss des Betriebsratsmitglieds aus dem neu gewählten Betriebsrat nicht rechtfertigen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Pflichtverletzung aus einer vorangegangen Amtszeit Auswirkungen auf die neue Amtszeit haben kann. Das ergibt die Auslegung des § 23 Abs. 1 BetrVG. Der Wortlaut des § 23 Abs. 1 BetrVG lässt offen, ob eine Pflichtverletzung aus einer vorherigen Amtsperiode zum Ausschluss des erneut gewählten Betriebsratsmitglieds aus dem neu gewählten Gremium führen kann. Gegen die Möglichkeit, den Ausschluss eines Betriebsratsmitglieds nach § 23 Abs. 1 BetrVG auf eine in der abgelaufenen Amtszeit begangene Pflichtverletzung zu stützen, sprechen systematische Erwägungen. Der Betriebsrat besteht nur für die Dauer seiner Amtszeit. Er ist – anders als der Gesamtbetriebsrat und der Konzernbetriebsrat – keine Dauereinrichtung. Das Gesetz geht vielmehr von dem jeweils amtierenden Betriebsrat aus.  Sowohl § 24 BetrVG als auch § 23 BetrVG unterfallen dem Zweiten Abschnitt des Gesetzes „Amtszeit des Betriebsrats“. Das macht deutlich, dass das Gesetz die Mitgliedschaft eng an das jeweilige für die Dauer seiner Amtszeit bestehende Betriebsratsgremium bindet. Ein Antrag auf Auflösung des Betriebsrats nach § 23 Abs. 1 BetrVG kommt nur für den jeweils amtierenden Betriebsrat in Betracht. Nach Ablauf der Amtszeit ist diese nicht mehr möglich. Ein Auflösungsverfahren kann auch nicht gegen den neuen Betriebsrat fortgeführt werden, weil der neue Betriebsrat auch bei Personenidentität mit dem alten Betriebsrat nicht identisch ist. Ein Auflösungsantrag nach § 23 Abs. 1 BetrVG kann daher nur auf Pflichtverletzungen gestützt werden, die der jeweils amtierende Betriebsrat während der laufenden Amtszeit begangen hat. Daher kann auch ein nach § 23 Abs. 1 BetrVG rechtskräftig aus dem Betriebsrat ausgeschlossenes Betriebsratsmitglied unmittelbar erneut zum Betriebsratsmitglied gewählt werden. Das zeigt, dass das Gesetz die Konsequenzen betriebsverfassungsrechtlicher Pflichtverletzungen auf die jeweilige Amtsperiode begrenzt. Bei einer rechtskräftigen Entscheidung noch während der vorherigen Amtsperiode könnte das ausgeschlossene Betriebsratsmitglied sofort erneut zum Betriebsratsmitglied gewählt werden. Wird das Ausschlussverfahren hingegen erst in der neuen Amtszeit rechtskräftig beendet, würde auch das neue Amt enden. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein solches von Zufälligkeiten abhängiges Ergebnis vom Gesetz beabsichtigt ist. Sinn und Zweck des § 23 Abs. 1 BetrVG gebieten keine andere Sichtweise. Die Vorschrift soll ein Mindestmaß gesetzmäßigen Verhaltens des Betriebsrats und seiner Mitglieder im Rahmen der betriebsverfassungsmäßigen Ordnung für die Zukunft sicherstellen Dieser Regelungszweck erfordert nicht, auch groben Pflichtverletzungen aus der abgelaufenen Amtszeit mit einem Ausschluss aus dem neu gewählten Gremium zu begegnen. Das Gesetz nimmt – wie § 8 BetrVG verdeutlicht – vielmehr hin, dass vergangene Pflichtverletzungen ohne Auswirkung auf die Mitgliedschaft im Betriebsrat bleiben können. Damit wird die verfahrensrechtliche Position des Arbeitgebers oder anderer Antragsberechtigter im Ausschließungsverfahren nach § 23 Abs. 1 BetrVG nicht unzumutbar verkürzt. Zwar kann der Fall eintreten, dass grobe Pflichtverletzungen eines Betriebsratsmitglieds nicht zur Ausschließung aus dem Betriebsrat führen, weil während der Amtszeit wegen Zeitablaufs keine rechtskräftige Entscheidung über einen Ausschließungsantrag ergeht, etwa dann, wenn die Pflichtverletzung erst gegen Ende der Amtszeit begangen wird. Eine am Ende der Amtsperiode begangene Pflichtverletzung bliebe auch nicht weitgehend sanktionslos, wenn der Ausschluss nach § 23 Abs. 1 BetrVG auf in der laufenden Amtsperiode begangene Pflichtverletzungen beschränkt ist (so aber HWGNRH-Huke 9. Aufl. § 23 Rn. 19). Pflichtverletzungen aus vergangenen Amtsperioden können bei Wiederholungsverhalten in die Beurteilung, ob die weitere Amtsausübung des Betriebsratsmitglieds unter Berücksichtigung aller Umstände untragbar erscheint, einbezogen werden. Die Verletzung der Geheimhaltungspflicht kann auf Antrag des Verletzten nach § 120 BetrVG als Straftat geahndet werden. Danach ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Beteiligte zu 2. sei wegen grober Verletzung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten gemäß § 23 Abs. 1 BetrVG aus dem im Jahr 2014 gewählten Betriebsrat auszuschließen, rechtsfehlerhaft. Da die zur Begründung des Ausschließungsantrags herangezogenen Geheimhaltungspflichtverletzungen nicht in der laufenden Amtsperiode des 2014 gewählten Betriebsrats begangen wurden, können sie gemäß § 23 Abs. 1 BetrVG einen Ausschluss aus diesem Gremium nicht zur Folge haben. Es kann daher dahinstehen, ob der Beteiligte zu 2. eine grobe Pflichtverletzung begangen hat.

Wie weit darf man gehen? Oder: Mitbestimmung extrem? BAG 1 ABR 22/14

Wir klasse ist das denn: Streit zwischen dem Betriebsrat der Ver.di gegen die ver.di wegen des Inhalts der GBV „Vereinbarung zur Erweiterten Mitbestimmung für Betriebsräte in ver.di“. Bei dem Streit geht es um eine GBV, die anlässlich der Verschmelzung mehrerer Gewerkschaften (HBV, ÖTV, Medien u.a.) zur ver.di geschlossen wurde.

In dieser GBV heißt es u.a.:

„§ 4 Mitbestimmung in personellen und sozialen Angelegenheiten

(1) Der Betriebsrat hat, soweit in den folgenden Absätzen keine Ausnahmen geregelt sind, in allen personellen und sozialen Angelegenheiten über das Betriebsverfassungsgesetz hinaus erweitert mitzubestimmen. Dies gilt auch in Betrieben mit weniger als 21 Beschäftigten.

(2) Ausnahmen von der erweiterten Mitbestimmung begründen sich aus dem Vorrang der Ausübung satzungsgemäßer Rechte der zuständigen Gremien von ver.di, wie z. B. …

(3) Eine Erweiterung der Mitbestimmung gemäß Absatz 1 gilt nicht bei folgenden Gegenständen:

  1. a) in personellen Angelegenheiten – Personalplanung einschließlich Personalkostenplanung, – die Aufstellung des Stellenplans einschließlich der Verteilung der Stellen und der Stellenbewirtschaftung, – Inhalten von Stellenanforderungen und Qualifikationsprofilen einschließlich Stellenausschreibungen, – die Beurteilung und Entscheidung über die Geeignetheit eines Stellenbewerbers, – Stellenbeschreibungen einschließlich der Aufgabenzuweisungen und -zuordnungen sowie Arbeitsanweisungen im Rahmen des Direktionsrechts, – die vorübergehende Abordnung für andere Arbeitsaufgaben und/oder an einen anderen Arbeitsort bis zur Höchstdauer von drei Monaten, …
  • 5 Einigungsstelle

(1) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach §§ 3 (3), 4 (1) oder § 7 (1) nicht zustande, entscheidet die Einigungsstelle. Diese wird nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen eingesetzt: …“.

Mit Schreiben vom 23. Januar 2012 ersuchte die Arbeitgeberin (ver.di – lol) den antragstellenden Betriebsrat um die Zustimmung zur Versetzung der Arbeitnehmerin A. Diese ist bei ver.di seit dem 16. Dezember 2010 beschäftigt und hatte sich als einzige auf eine Stellenausschreibung vom 21. Dezember 2011 für eine gewerkschaftspolitische Assistenz beworben. Mit Schreiben vom 6. Februar 2012 widersprach der Betriebsrat der Maßnahme. Es liege weder eine fünfjährige Beschäftigungszeit vor noch sei die Stelle nach der Personalplanung vorgesehen. Die von der Arbeitgeberin angerufene Einigungsstelle beschloss, „die Qualifizierung und der Einsatz“ der Arbeitnehmerin „kann … stattfinden.“ Der Betriebsrat hält den Einigungsstellenspruch für unwirksam. Er habe die Zustimmung zur Versetzung zu Recht verweigert, weil er nicht auf die Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 BetrVG beschränkt sei. In dem Zustimmungsverfahren nach § 4 Abs. 1 GBV EM gelte weder die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG noch greife die Zustimmungsfiktion nach dessen Satz 2 ein. Zudem sei zwischen den Mitgliedern des Betriebsrats und der Landesbezirksleiterin besprochen worden, dass bei personellen Maßnahmen außer in den Fällen des § 100 BetrVG keine Fristen zur Anwendung kämen.

Aaaaaah, darum geht’s: Die GBV erweitert die Möglichkeiten des BR über die Regelung des § 99 BetrVG hinaus, der personellen Maßnahme zu widersprechen. Das betrifft sowohl die Widerspruchsgründe als auch die Nichtanwendung der Wochenfrist nach § 99 Abs. 3 BetrVG. Dafür gibt’s dann die Einigungsstelle statt Arbeitsgericht. Der Arbeitgeber hat diese nach Verweigerung angerufen. Die hat zugunsten des Arbeitgebers entschieden. Der BR greift über´s Arbeitsgericht den Spruch der Einigungsstelle an.

Jetzt das BAG: Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können die Beteiligungsrechte des Betriebsrats zwar in einer Betriebsvereinbarung grundsätzlich erweitert werden. Eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, die in den Angelegenheiten des § 99 Abs. 1 BetrVG die gesetzliche Konzeption des § 99 Abs. 3 BetrVG aufhebt, überschreitet aber deren Regelungskompetenz.

Die Aufhebung von § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG beträfe nicht nur das Rechtsverhältnis der Betriebsparteien, sondern zugleich die Ausgestaltung des gesetzlich geregelten Verfahrens. Sie würde die kraft Gesetzes vorgesehene Möglichkeit eines Eintretens der Zustimmungsfiktion nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG dauerhaft ausschließen; die mit der Fiktion verbundene gesetzliche Grundentscheidung für ein beschleunigtes innerbetriebliches Verfahren bliebe gänzlich unbeachtet. Das wäre mit dem Rechtssicherheitsinteresse gerade von Arbeitgeber und Betriebsrat selbst und im Übrigen mit den Belangen der betroffenen Arbeitnehmer nicht vereinbar. Denn jene haben ein berechtigtes Interesse daran, mit Ablauf der Wochenfrist zu erfahren, ob der Betriebsrat seine Zustimmung zu der beabsichtigten Maßnahme verweigert. Auch kann der Arbeitgeber nur bei Kenntnis der Zustimmungsverweigerungsgründe die Erfolgsaussichten eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens prüfen und von seiner Befugnis zur Einleitung einer vorläufigen Maßnahme sachgerecht Gebrauch machen. Zudem würden die Betriebsparteien in das nicht zu ihrer Disposition stehende arbeitsgerichtliche Verfahren eingreifen, dessen Ausgestaltung allein dem Gesetzgeber obliegt. Mangels Fristablauf käme es für das Zustimmungsersetzungsverfahren nicht zur Konkretisierung des Prüfungsumfangs auf vom Betriebsrat rechtzeitig geltend gemachte Zustimmungsverweigerungsgründe.

  • 4 Abs. 1 GBV EM führt nicht dazu, dass der Betriebsrat bei einer Zustimmungsverweigerung zu einer personellen Einzelmaßnahme iSd. § 99 Abs. 1 BetrVG von der gesetzlichen Verpflichtung der Angabe konkreter Zustimmungsverweigerungsgründe freigestellt ist. Diese konkretisieren nicht nur den Verfahrensgegenstand eines nachfolgenden Einigungsstellenverfahrens, sondern auch den eines sich ggf. anschließenden Beschlussverfahrens. Eine Betriebsvereinbarung, welche die Beschränkung der gerichtlichen Prüfung auf vom Betriebsrat geltend gemachte Zustimmungsverweigerungsgründe beseitigte, würde das gerichtliche Verfahren im Rahmen der Zustimmung zur betreffenden personellen Einzelmaßnahme – auch im Rahmen der Überprüfung eines Spruchs der Einigungsstelle – in unzulässiger Weise verändern.

Die Betriebsparteien können zwar durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung vereinbaren, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei einer Versetzung i.S.d. § 99 Abs. 1 BetrVG nicht auf die gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 BetrVG beschränkt ist.

Die Betriebsparteien sind nicht befugt, den Betriebsrat von seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Nennung konkreter Zustimmungsverweigerungsgründe freizustellen.

Halten wir fest: Über 99 BetrVG hinaus können weitere Verweigerungsründe vereinbart werden. Sie müssen nur konkretisiert werden. Die Wochenfrist kann nicht aufgehoben werden.

Aber jetzt mal ernsthaft: ist dass nicht unfassbar??

  1. Gewerkschaft und DEREN Betriebsrat streiten vor dem Arbeitsgericht
  2. Und das macht mich echt fertig: wie kann man so eine BV abschließen und glauben, dass die funktioniert? (die Kinder des Schusters haben die schlechtesten Schuhe….).

Das Recht im Privaten oder: „Fünf Freunde wart ihr mal“

Da fahren die 5 Freunde schön am Wochenende zum Edersee (Sauerland). Programm: Alk, mehr Alk, noch mehr Alk. Der mit dem Auto fuhr dann nochmals los, um 2 Kisten Bier zu besorgen. Die Klägerin fuhr mit.  Der männliche Käufer streckte das Geld für den Bierkauf vor – es bestand aber zu diesem Zeitpunkt bereits Einigkeit, dass am Ende des Wochenendes die Aufwendungen für Kost und Logis durch fünf geteilt würden, und zwar ohne Ansehen der Menge des vom je einzelnen konsumierten Alkohols. Nur die nicht getrunkenen Biere, so die Darstellung des Beklagten, seien schließlich nicht in die Schlussrechnung mit eingeflossen. Abends wurde in der Ferienwohnung getrunken, die Freunde saßen dabei um einen Tisch. Doch was passierte dann? Der Beklagte sagte aus, er habe einem Freund eine Bierflasche gegeben und ihn gebeten, sie für ihn zu öffnen. Die Klägerin widersprach: Der Beklagte habe zunächst in der gerade laufenden Bierrunde gar nicht mittrinken wollen. Erst als er gesehen habe, wie der andere Freund eine Flasche angeblich zum Eigenverzehr aufgemacht hatte, habe der Beklagte diesen gebeten, die geöffnete Flasche doch an ihn weiterzureichen. Der andere Freund legte den Kronkorken auf den Tisch – ohne dass ihm daran etwas aufgefallen wäre.

Der achtlos auf den Tisch gelegte oder auch geworfene Kronkorken sei noch in der Bewegung gewesen, so der Beklagte, als er diesen an sich genommen habe. Es war der ausgelobte Gewinn, ein Auto einer bekannten Ingolstädter Firma. Das verheimlichte der Beklagte den anderen nicht. Sodann kippte die Stimmung in der Ferienwohnung.  Er holte sich den „Gewinn“, fuhr mit ihm einige Tausend Kilometer, und verkaufte es. Die Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt wie die anderen aus der Gruppe, schon nicht mehr mit ihm befreundet war, klagte auf ein Fünftel des Listenpreises: 5736 Euro. Die Klägerin argumentierte unter anderem, faktisch sei für dieses Wochenende eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gebildet worden, „mit dem Zweck eines Umtrunkes“; in diesem Fall hätte man die Gewinnansprüche als Teil des Gesellschaftsvermögens sehen können und sie nach Erfüllung des Gesellschaftszwecks aufteilen müssen. Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht. Es sprach der Klägerin 4268 Euro zu, weil die Freunde vor Ausflugsantritt beschlossen hätten, die Ausgaben zu teilen, seien sie alle „Miteigentümer“ an dem Kronkorken geworden. Der Beklagte hätte sich mit den anderen abstimmen müssen. Er hat nach Ansicht des Gerichts gegen die Rechte der anderen Miteigentümer, die sich aus Paragraf 745 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergeben, verstoßen. Es nahm einen Abschlag von 20 Prozent vor. Das Urteil betrifft nur die Klägerin und den Beklagten. Die anderen müssten selbst vor ein Gericht ziehen.

Good Night & Good Luck

Ihr, Euer

Dr. Stephan Grundmann