Dr. Grundmann – Newsletter vom 29. November 2016

Trumpification & Reaganomics – AUCH oder SELBST DIE  – Und durch –  1.388,88 oder 8572,81€?? Oder: auch Tarifverträge können Murks sein….BAG 4 AZR 684/12 — Das machst Du jetzt – aber nur so lange ich das will. Oder: Wie kann eine höherwertige Tätigkeit übertragen und wieder beendet werden? 4 AZR 468/14 — Lohnerhöhung aufgrund Betrieblicher Übung? – BAG 5 AZR 311/15 — Das gibt’s doch gar nicht. Streiteinleitung ohne Beschluss? BAG 7 ABR 61/13 — ACHTUNG: bloß richtig bewerten – das Gericht kann´s kaum noch richten – BAG 10 AZR 183/15 — Entgeltfortzahlung – Beweislast des Arbeitnehmers betrifft auch Beginn und Ende der Arbeitsunfähigkeit – BAG – 5 AZR 318/15„New York sagt, Du musst gehen“ – sog. Druckkündigung Hessisches LAG,   – 18 Sa 1498/15 — Old school – new school – oder: reicht das Schwarze Brett für den BR? Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein – 5 TaBV 23/15 — Ein klein wenig EUROPA (ohne England) – immer wieder mal – „Hartz IV“-Sanktion wegen Ablehnung von Sonntagsarbeit rechtmäßig

SG Leipzig  – S 17 AS 4244/12 – Tarifeinheitsgesetz – Zwei Verfassungsbe-schwerden unzulässig – BVerfG – 1 BvR 1707/15 und 1 BvR 2257/15 –  SAY YOU TO ME!!!!

Trumpification & Reaganomics & Röttger-Gate oder Leih-BR

So einen Präsidenten hatten wir schon: und alle Künstler der Erde und alle Friedensfreunde des Planeten waren dagegen. Gil Scott Heron schuf sogar ein Lied: „B-Movie“ (hörenswert) für den Kerl. Aber so schlimm war´s dann doch nicht und irgendwann war er weg. Gut, die Reaganomics (auch Voodoo Economics) genannten Wirtschaftsaktionen (massive Steuersenkungen) waren dann eher was für die Begüterten der Welt. Aber weg isser….. Die Reagons und Trumps dieser Erde kommen und gehen und verheddern sich immer systemisch in den furchtbaren Dingern namens Demo- und Bürokratie. So what – und gewählt is halt gewählt.

Und dann gab es mal den Röttger-Gate, weil der Christ gegen Kohle mietbar war. Eingeschlagen hat auf ihn „das Gabriel“, der jetzt, gealtert und reifer, genau wie Nahles gegen Kohle den Miet-Sozi mimt. Bevor die Gegendarstellung kommt: „Nein, wir sind ohne unser Wissen gegen Geld vermietet worden…“.

Naja: „in der Jugend Sozialist, sonst kein Herz, im Alter Kapitalist, sonst kein Verstand….“

Die Räte, zumindest Vorsitzende, sollten auf den Trendzug aufspringen: Rent a BR-Chief für 500,-, GBR für 600 und KBR ab 800,. Je nach Vertretungsgröße. Dann hört auch die Debatte mit der ungerechten Bezahlung der BR auf…..

U N F A S S B A R

AUCH oder SELBST DIE

machen das nicht mehr. „Die Ratings haben mehr Unzufriedenheit geschürt als sie Positives gebracht haben“, so der Personalchef von SAP Deutschland. Deshalb gebe es in Zukunft keine Benotung mehr. Diese ist u.a. bislang für die variablen Gehaltsbestandteile relevant. Damit ist SAP in guter Gesellschaft, denn auch Accenture, Microsoft, Adobe und PWC schwenken um. Hat man doch tatsächlich herausgefunden, dass Noten die Beschäftigten „demotivieren und für Zwist in der Teamarbeit sorgen können“. Aha…

Selbst General Electric, die Mutter des Systems, in den 80igern erfand deren Vorstand Jack Welch (auch der Erfinder des Systems: Fix, Sell or Close) das System, um sich konsequent von den Mitarbeitern mit schlechten Noten („lemons“), sagen wir Mal, trennen zu können („you are fired“).

Keine Sorge, eine andere Bewertungsmethode wird sich finden. In Summe nutzen etwa 70% der Unternehmen Mitarbeitergespräche zur Personalentwicklung und 60% führen eine Leistungsbewertung durch. Das erscheint mir mehr als an Mitbestimmung zu dem Thema tatsächlich gelebt wird…..

Und durch

Die große Koalition wird ein Gesetz verabschieden, nach dem Unternehmen ab 200 Beschäftigten Informationen über die Bezahlung der Geschlechter zu liefern und ab 500 Beschäftigten ein Verfahren über die Herbeiführung von Lohngerechtigkeit und eine entsprechende Berichtspflicht einzuführen haben. Davon sind dann etwa 4200 Unternehmen mit knapp 6,6 Millionen Beschäftigten betroffen. Betriebe mit Tarifbindung sollen von der individuellen Auskunftspflicht ausgenommen werden. In diesen soll der Anspruch über die Betriebsräte laufen.

UND NOCH: Das neue Arbeitnehmerüberlassungsgesetz gilt ab April 17.

1.388,88 oder 8572,81€?? Oder: auch Tarifverträge können Murks sein….BAG 4 AZR 684/12

Das war die Frage. Unser Kläger, Pilot, war zunächst bei der LTU, dann bei der Südflug beschäftigt, die darauf mit der Condor im Lufthansa-Konzern verschmolzen wurde. Das Problem: es gibt unterschiedliche Tarifverträge, insbesondere hier zu der Thematik Übergangszeit (zur Rente) und Loss of Licence. Nach der Verschmelzung sollten nur die ab einem Stichtag eingetretenen Flieger in den fetten TV, der neben der höheren Summe von über 8tsd EURO auch eine längere Dauer, 63 statt der für die Alt-Condorianer nur bis 60. Nun könnte man über das Thema Ungleichbehandlung nachdenken, also ein Fall des Art. 3 GG. Das hilft bei Stichtagsregelungen wenig, denn es ist in der Regel sachgerecht und unterliegt gerade beim Abschluss von TV den Ermessensspielräumen der Tarifparteien, die die Zukunft anders regeln können. Hier war festgelegt, dass alle in den Genuss des TV kommen, die 18 Jahre vor Abschluss TV ihre fliegerische Tätigkeit bei der Konzerngesellschaft aufgenommen haben. Nur, natürlich muss die Stichtagswahl vertretbar sein und sich an gesetzliche Regelungen halten. Als Prüfungsmaßstab zog sodann das BAG das AGG heran und prüfte, ob evtl. eine Verletzung des Verbots der Altersdiskriminierung vorlag. Mhh, der Stichtag (Eintrittsdatum) selbst ist an sich „altersneutral“. Aber dadurch werden automatisch, die Kollegen ausgenommen, die schon zuvor bei einer Konzerntochter angestellt waren oder die aufgrund der Verschmelzung zum Stichtag Mitarbeiter wurden und – logisch – schon vorher ihre Tätigkeit aufgenommen hatten. Denklogisch – tolles Wort vom BAG – müssen damit die ausgeschlossenen Kollegen durchschnittlich älter sein.

Und tatsächlich: alle vor dem Stichtag eingestellten Kollegen waren 2010 im Schnitt 49 Jahre alt, die begünstigten 36,5. Damit lag eine mittelbare, nach dem AGG unzulässige Diskriminierung wegen des Alters vor.

Eine solche lässt sich aushebeln, wenn mit der Ungleichbehandlung ein rechtmäßiges Ziel verfolgt und die dafür eingesetzten Mittel angemessen und erforderlich waren. Schwierig, das herzuleiten. Anerkannt ist das Beispiel bei einer rentenbezogenen Befristung im AV oder TV. Aber eine stumpfe Schlechterstellung einer Gruppe. Und endlich: die Lufthansa Anwälte griffen zu einer Twinkie-Defense (siehe letztere NL) = lächerlichen oder Null-Verteidigung. Sie seien unter einer anderen „Ägide“ zum Konzern dazu gestoßen, die Wahl des Stichtags stelle ein „tarifhistorisches Ereignis“ dar. Lalalalalalala…. wenn man zumindest versucht hätte, die durch Gleichstellung Aller ansonsten eintretende übermäßige finanzielle  Leistung anzuführen… aber, wie das BAG schmerzlich feststellt: „Gerade dieses wird von der Revision nicht behauptet“… – also versäumt ….

ERGO: TV-Verstoß gegen Gesetz, also AGG, Folge: Anpassung an die Regelung nach Stichtag. Wenn man nun mal allein die Übergangsregelungsanpassung ab dem 6oten Lebensjahr rechnet, man könnte theoretisch auch eher in einen Loss of Licence-Fall geraten, liegen wir bei einem Unterschiedsbetrag von 258.621,48EURO.

Dafür lohnt eine Rechtsschutzversicherung.

Das machst Du jetzt – aber nur so lange ich das will. Oder: Wie kann eine höherwertige Tätigkeit übertragen und wieder beendet werden? 4 AZR 468/14

Achtung, ein wenig eingeschränkt einsetzbar, weil es sich um ein Angestelltenverhältnis aus dem Öffentlichen Dienst unter  Geltung eines TV handelt. Die Grundätze sind aber auf ein „normales Arbeitsverhältnis“, also echtes ;-), übertragbar. Daher die Kernaussagen:

Die Wirksamkeit der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit ist an den Regeln zu messen, die der Arbeitgeber bei der Ausübung seines arbeitsvertraglichen Leistungsbestimmungsrechts einzuhalten hat. Es findet eine sog. – spannendes Wortpaar – „doppelte Billigkeitsprüfung“ statt. In einem ersten Schritt muss es billigem Ermessen entsprechen, dem Arbeitnehmer die höher bewertete Tätigkeit überhaupt zu übertragen. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob es billigem Ermessen entspricht, diese Tätigkeit nur vorübergehend zu übertragen. Dabei ist unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls abzuwägen, ob das Interesse des Arbeitgebers an einer nur vorübergehenden Übertragung oder das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung der höherwertigen Tätigkeit und gegebenenfalls einer höheren Vergütung überwiegt. Das sind die Grundsätze. Die Beantwortung ist bezogen auf den Einzelfall danach offen. In unserem Fall hier, also einem aus dem Öffentlichen Dienst, bestand jedenfalls bei der Beendigung die Besonderheit, dass zwar tariflich die bloß zeitliche Befugnis zur Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nicht ausgeschlossen war, aber das BAG betonte: nach dem Grundsatz der Tarifautomatik (the only and normal way is up) braucht eine bloß zeitliche Höherbezahlung einen hinreichenden Grund, um billigen Ermessen zu entsprechen. Hier war das nicht der Fall, denn der angegebene Grund war: Unsicherheit über die weitere Beschäftigung auf der übertragenen Position. Das reichte nicht. Wobei der arbeitgeberseitige Wunsch auf kurze Übertragung nicht hielt und damit dauerhaft galt.

Lohnerhöhung aufgrund Betrieblicher Übung? – BAG 5 AZR 311/15

Der Arbeitgeber hatte über Jahre – orientiert an einer Gesamtbetriebsvereinbarung, die Gehälter angepasst. Unser Kläger verlangt nun aufgrund einer Betrieblichen Übung eine Lohnerhöhung. Nö, so einfach ist das nicht, sagt das BAG:

Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Erbringt der Arbeitgeber die Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar aufgrund einer anderen Rechtspflicht, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser Rechtspflicht gewährt werden (BAG 19. März 2014 – 5 AZR 954/12 – Rn. 43).

Es sind keine Umstände gegeben, aus denen geschlossen werden könnte, die Beklagte habe in der Vergangenheit Gehaltserhöhungen als Folge von und gekoppelt an Bandlinienerhöhungen vorgenommen. Allein die Übereinstimmung der Erhöhungssätze in einzelnen Jahren lässt einen solchen Schluss nicht zu. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte musste der Kläger Bandlinienerhöhungen als Umsetzung der Regelungen in 3.3 Satz 1 und Satz 2 GBV verstehen, dh. als Folge von Gehaltserhöhungen, nicht aber umgekehrt, Erhöhungen der Grundgehälter als Folge von Bandlinienerhöhungen.

Das gibt’s doch gar nicht. Streiteinleitung ohne Beschluss? BAG 7 ABR 61/13

 

Das ist doch wohl selbstverständlich. Das Gremium muss zur Einleitung eines Gerichtsverfahrens sowohl für dieses als auch für den eingeschalteten Anwalt einen Beschluss fasse. Denn: „Ist die Beschlussfassung unterblieben oder fehlerhaft erfolgt, ist der für den Gesamtbetriebsrat gestellte Antrag als unzulässig abzuweisen“.

ABER: „Der Gesamtbetriebsrat kann die bereits erfolgte Einleitung eines Beschlussverfahrens und die bereits erfolgte Beauftragung eines Verfahrensbevollmächtigten genehmigen“.

ABER, ABER: „Die Genehmigung durch nachträgliche Beschlussfassung ist nur bis zum Ergehen einer Prozessentscheidung, durch die der Antrag zu Recht als unzulässig abgewiesen wird, möglich“.

ACHTUNG: bloß richtig bewerten – das Gericht kann´s kaum noch richten – BAG 10 AZR 183/15 –

In Tarifverträgen können betriebliche Einrichtungen, wie paritätische Kommissionen, oder andere Stellen geschaffen werden, denen die Aufgabe eines Schiedsgutachters bei der Leistungsbeurteilung von Arbeitnehmern zukommt. Die Entscheidung einer paritätischen Kommission ist im arbeitsgerichtlichen Verfahren in entsprechender Anwendung der §§ 317, 319 BGB nur eingeschränkt überprüfbar.

Die gerichtliche Überprüfung einer solchen Entscheidung richtet sich zunächst darauf, ob diese im tariflich vorgesehenen Verfahren ergangen ist und die zugrunde liegenden Verfahrensvorschriften eingehalten wurden. Verfahrensfehler sind beachtlich, wenn sie sich auf das Ergebnis ausgewirkt haben können. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob die wertende und beurteilende Entscheidung der Kommission entsprechend § 319 Abs. 1 S. 1 BGB grob unrichtig ist. Ist die Entscheidung einer paritätischen Kommission unverbindlich, ist in entsprechender Anwendung des § 319 Abs. 1 S. 2 BGB die Leistungsbeurteilung durch das Gericht vorzunehmen.  

Entgeltfortzahlung – Beweislast des Arbeitnehmers betrifft auch Beginn und Ende der Arbeitsunfähigkeit – BAG – 5 AZR 318/15 

Unser Mann war krank geschrieben und direkt im Anschluss nochmals: ZIEL war wohl, man weiß es nicht, kann es aber mutmaßen, nochmals sechs Wochen mitnehmen. Da gibt’s nur eine Feinheit: damit die sechs Wochen nochmals laufen, muss – wenn auch nur ein kurzer – ein Moment Arbeitsfähigkeit da sein, damit neu gestartet werden kann. Das muss der Arbeitnehmer im Streit beweisen. Darum geht’s in den Ausführungen. Löste die Schultererkrankung nahtlos (kein Geld) das „lumbale Facettensyndrom“ (Erkrankung der Gelenke zw den Wirbelkörpern)   ab oder mit Unterbrechung (Geld)?? Muss man nicht gut finden, aber wissen;-).

Wird der Arbeitnehmer nach wiederhergestellter Arbeitsfähigkeit erneut krankheitsbedingt arbeitsunfähig, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, entsteht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG grundsätzlich ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Dauer von sechs Wochen, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf einer anderen Krankheit beruht. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt:

Stellt sich die neue Erkrankung als eine Fortsetzung der früheren Erkrankung dar, weil – trotz verschiedener Krankheitssymptome – die wiederholte Arbeitsunfähigkeit auf demselben nicht behobenen Grundleiden beruht, liegt eine Fortsetzungserkrankung vor. Bei einer solchen ist der Arbeitgeber nach § 3 Abs. 1 Satz 2 EFZG nur dann zur Entgeltfortzahlung verpflichtet, wenn der Arbeitnehmer vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war (Nr. 1) oder seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist (Nr. 2).

Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers ab dem 21. Oktober 2013 war nicht durch eine Fortsetzungserkrankung bedingt. Das steht zwischen den Parteien (nunmehr) außer Streit. Das lumbale Facettensyndrom, das die Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 9. September bis zum 20. Oktober 2013 begründete, und die Erkrankung der Schulter beruhten nicht auf einem einheitlichen Grundleiden.

ABER: Nach dem Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls ist der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG auf die Dauer von sechs Wochen seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit beschränkt, wenn während bestehender Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit auftritt, die ebenfalls Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer bei entsprechender Dauer der durch beide Erkrankungen verursachten Arbeitsverhinderung die Sechs-Wochen-Frist nur einmal in Anspruch nehmen. Ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch entsteht nur, wenn die erste krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung bereits in dem Zeitpunkt beendet war, in dem die weitere Erkrankung zu einer erneuten Arbeitsverhinderung führt. Das ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer zwischen zwei Krankheiten tatsächlich gearbeitet hat oder jedenfalls arbeitsfähig war, sei es auch nur für wenige außerhalb der Arbeitszeit liegende Stunden. Maßgeblich für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit und damit für das Ende des Verhinderungsfalls ist die Entscheidung des Arztes, der Arbeitsunfähigkeit – unabhängig von der individuellen Arbeitszeit des betreffenden Arbeitnehmers – im Zweifel bis zum Ende eines Kalendertags bescheinigen wird. Dabei ist es unerheblich, ob das Ende der Arbeitsunfähigkeit auf einen Arbeits- oder arbeitsfreien Tag fällt.

Das ist zurück zu führen auf den vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls und ist vom Gesetzgeber bei mehrfachen Novellierungen des Rechts der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nicht korrigiert worden. Ihm liegt die Erwägung zugrunde, dass die Sechs-Wochen-Frist, innerhalb derer der Arbeitnehmer in Abweichung vom allgemeinen Schuldrecht aus sozialen Gründen das Arbeitsentgelt trotz Nichtleistung der Arbeit erhalten soll, nicht an die Krankheit (in der früheren Begrifflichkeit: das Unglück), sondern an die Arbeitsverhinderung anknüpft und es deshalb nicht darauf ankommt, ob den Arbeitnehmer während einer krankheitsbedingten Arbeitsverhinderung „ein neues Unglück trifft“, das seinerseits zu einer Arbeitsverhinderung geführt hätte, wenn eine solche nicht bereits aufgrund des früheren Unglücks (der früheren Krankheit) bestanden hätte.

Nach der Feststellung des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger kurz vor dem Ende der wegen des lumbalen Facettensyndroms attestierten Arbeitsunfähigkeit am 17. Oktober 2013 seinen Hausarzt erneut und auch wegen zunehmender Schulterschmerzen aufgesucht. Ob der krankhafte Zustand der Schulter des Klägers  bereits vor dem 21. Oktober 2013 die Arbeitsunfähigkeit des Klägers bedingt hat, ist zwischen den Parteien streitig geblieben und konnte durch die Vernehmung des behandelnden Arztes nicht geklärt werden.

Das Landesarbeitsgericht hat bei seiner Beweislastentscheidung im Ergebnis zu Recht angenommen, das Risiko, nicht (mehr) feststellen zu können, ob Arbeitsunfähigkeit infolge einer bestimmten Krankheit erst ab dem vom behandelnden Arzt attestierten Zeitpunkt bestanden hat oder schon während einer unmittelbar vorangehenden sechswöchigen Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer anderen Krankheit eingetreten ist, habe der Arbeitnehmer zu tragen. Meldet sich der Arbeitnehmer in unmittelbarem Anschluss an den ausgeschöpften Sechs-Wochen-Zeitraum des § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG erneut mit einer Erstbescheinigung arbeitsunfähig krank, bestreitet der Arbeitgeber mit der Berufung auf den Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls, dass Arbeitsunfähigkeit infolge der „neuen“ Krankheit erst jetzt eingetreten sei. Die Darlegungs- und Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG trägt – nach allgemeinen Grundsätzen – der Arbeitnehmer. Ebenso wie er für die Tatsache der Arbeitsunfähigkeit als solcher beweispflichtig ist, trifft ihn auch für deren Beginn und Ende die objektive Beweislast.

Der Kläger konnte nicht beweisen, erst am 21. Oktober 2013 wegen der Schulterverletzung arbeitsunfähig geworden zu sein. Davon hat der Senat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auszugehen.

Danach suchte der Kläger vor dem Ende der Arbeitsunfähigkeit wegen des lumbalen Facettensyndroms am 17. Oktober 2013 jedenfalls auch wegen zunehmender Schulterschmerzen erneut seinen Hausarzt auf, der sich notierte: „Schulterschmerzen nehmen zu. Am Montag geht er zum Orthopäden“. Dr. L konnte als – erstinstanzlich vernommener – Zeuge weder bestätigen noch ausschließen, dass der Kläger wegen der schmerzenden Schulter erst am 21. Oktober 2013 arbeitsunfähig wurde und nicht schon am 17. Oktober 2013 war. Das Landesarbeitsgericht hat aufgrund der Beweisaufnahme – im Einklang mit der Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts – in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ein non liquet („reicht nicht“) angenommen. Also kein Geld…..

„New York sagt, Du musst gehen“ – sog. Druckkündigung Hessisches LAG,   – 18 Sa 1498/15

Die Arbeitgeberin, die Commerzbank, hatte geltend gemacht, dass sie von der New Yorker Finanzaufsichtsbehörde durch eine Vergleichsverpflichtung (Consent Order) gezwungen wurde, ein Arbeitsverhältnis mit einem Mitarbeiter zu beenden. Nach Einschätzung der Finanzaufsichtsbehörde hatten insbesondere Mitarbeiter der Filiale Hamburg Zahlungen verschleiert. Bei deren Ausführung über die New Yorker Niederlassung der Bank habe daher nicht kontrolliert werden können, ob die US-amerikanischen Vorschriften zum Iran-Embargo eingehalten wurden. Die Aufsichtsbehörde hatte neben einer hohen Strafzahlung deshalb auch die Entlassung mehrerer Angestellter der Commerzbank in Deutschland verlangt. Damit habe sie Sanktionen gegen einzelne Personen zur Abschreckung durchsetzen wollen, wie sie dies auch bei Aufsichtsmaßnahmen in den USA forderte.

Der Mitarbeiter obsiegte. Auch die Berufung der Commerzbank hatte keinen Erfolg. Das Gericht hat offengelassen, unter welchen Bedingungen sich eine Bank wegen einer solchen Sanktion darauf berufen kann, ein Arbeitsverhältnis beenden zu müssen, das dem deutschen Recht untersteht. Die Verpflichtung der Commerzbank nach der Consent Order habe jedenfalls ausdrücklich unter dem Vorbehalt gestanden, dass eine Kündigung durch ein deutsches Gericht überprüft werden könne. Die Kündigung sei nach deutschem Arbeitsrecht nicht gerechtfertigt gewesen. Die bisher von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannten Voraussetzungen für eine sogenannte Druckkündigung seien nicht erfüllt, wenn eine Aufsichtsmaßnahme eine Bestrafung bezwecke, die der Arbeitgeber umsetzen müsse.

Old school – new school – oder: reicht das Schwarze Brett für den BR? Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein – 5 TaBV 23/15

Der Betriebsrat kann für jedes seiner Mitglieder einen Internetzugang zum Arbeitsplatz und die Teilhabe am externen E-Mail-Verkehr verlangen. Vorausgesetzt, die Zugänge sind zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben erforderlich.

Der Betriebsrat eines Telekommunikationsunternehmens mit drei Standorten hatte vor, ein eigenes E-Mail-Postfach einzurichten, um von dort einmal monatlich einen Newsletter zu versenden. Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat die Entscheidung des Betriebsrats gebilligt. Nach ständiger BAG-Rechtsprechung entscheide der Betriebsrat, ob von ihm verlangte Sachmittel für Betriebsratsaufgaben erforderlich und vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen sind. Dabei muss er objektiv entscheiden und sowohl die betrieblichen Verhältnisse, seine daraus resultierenden Aufgaben und auch die Begrenzung der Kosten für den Arbeitgeber beachten. »Dient das jeweilige Sachmittel der Erledigung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben und hält sich die Interessenabwägung des Betriebsrats im Rahmen seines Beurteilungsspielraums, kann das Gericht die Entscheidung des Betriebsrats nicht durch seine eigene ersetzen«, heißt es im Beschluss.

Entgegen einer weit verbreiteten Meinung, nach der dem BR zustehen soll „was dem Arbeitgeber ist“, ist dem BR auch nach der am 28.07.2001 in Kraft getretenen Neufassung des § 40 Abs. 2 BetrVG, mit der der Gesetzgeber klargestellt hat, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat Informations- und Kommunikationstechnik in erforderlichem Umfang zur Verfügung zu stellen hat (BT-Drucks. 14/5741 S. 41), bedarf es immer noch der Prüfung der Erforderlichkeit im Einzelfall.

Im vorliegenden Fall war das vom Betriebsrat verlangte Funktionspostfach gerechtfertigt. Damit kann er direkt über die Mail-Verteiler für Standorte des Arbeitgebers Mitteilungen verschicken. Das begehrte Funktionspostfach dient den betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben des Betriebsrats und erweist sich als Kommunikationstechnik i. S. v. § 40 Abs. 2 BetrVG. Das Funktionspostfach ist unter Berücksichtigung der betrieblichen Gegebenheiten, der Interessen der Belegschaft, aber auch für die ordnungsgemäße Kommunikation zwischen Betriebsrat und Belegschaft erforderlich, so das LAG.

Mails über ein allgemeines Postfach mit Zwischenschaltung der Personalabteilung zu versenden, kam hier laut Gericht für den Betriebsrat nicht in Frage – obwohl weder Personalabteilung beziehungsweise Arbeitgeber Zensur verübt hatten. Es komme hier allein auf die Möglichkeit eines Eingriffs durch den Arbeitgeber in die ungehinderte Kommunikation zwischen Betriebsrat und Arbeitnehmern an. Auch die Möglichkeit, Informationen an schwarzen Brettern auszuhängen, ändert laut LAG nichts an der Berechtigung für ein entsprechendes Postfach – der Papieraushang sei nicht mehr zeitgemäß, vor allem nicht bei einem Telekommunikationsunternehmen.

Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin schließt auch die Möglichkeit des Betriebsrats, auf seinem Blog im Intranet Informationen und Newsblätter für die Arbeitnehmer einzustellen, nicht die Erforderlichkeit eines Funktionspostfaches für den Betriebsrat aus. Es ist zwar grundsätzlich richtig, dass die Arbeitnehmer durch Anklicken des Blogs die dort vom Betriebsrat eingestellten Mitteilungen ebenfalls zur Kenntnis nehmen können. Hierbei ist aber zu bedenken, dass die Mehrzahl der Mitarbeiter überhaupt nicht weiß, wann der Betriebsrat aktuell neue Mitteilungen in den Blog eingestellt hat. Es hängt mithin vom Zufall ab, ob die im Blog eingestellten Mitteilungen die Arbeitnehmer zeitnah erreichen. Die Arbeitnehmer müssten mithin eigeninitiativ regelmäßig den Blog aufrufen, um nach neuen Mitteilungen des Betriebsrats Ausschau zu halten. Eine verlässliche Kommunikation ist dies nicht. Zudem seien es die Mitarbeiter gewöhnt, die Mitteilungen des Betriebsrats per Email (über den Umweg Personalabteilung) zugesandt zu bekommen. Sie haben sich mithin darauf eingestellt, dass sie die Newsletter und wichtigen Mitteilungen des Betriebsrats, z. B. betreffend eine anstehende Wahl, wie auch alle Anweisungen, Hinweise und Mitteilungen der Geschäftsleitung und Vorgesetzten per Email erhalten.

Ein klein wenig EUROPA (ohne England) – immer wieder mal

Warum ist Allen klar? Da viele Regelungen dt Rechts auf Rl der EU beruhen (AGG, 613a BGB usw), sind die Entscheidungen des EuGH – auch beruhend auf frz. oder spanischem Recht – für die Anwendung und Auslegung dt. Rechts entscheidend.

EuGH, Urteil vom 28.7.2016 – Rs. C-423/15 (Kratzer)

Der AGG-Hopper. Der Vogel hatte sich PERMANENT auf Stellen beworben, um anschließend bei Ablehnung wegen AGG-Verletzung Geld zu kassieren. Als das BAG in letzter Instanz nach zig Mal abkassieren NEIN gesagt hatte, ging es zum EuGH

Will eine Person mit ihrer Stellenbewerbung nicht die betreffende Stelle erhalten, sondern nur den formalen Status als Bewerber erlangen, um eine Entschädigung geltend zu machen, kann sie sich nicht auf den Schutz der Richtlinien 2000/78/EG und 2006/54/EG berufen. Der Geltungsbereich der Richtlinien ist nicht eröffnet, da der Sachverhalt nicht unter den Begriff „Zugang zur Beschäftigung oder zu abhängiger Erwerbstätigkeit“ im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG bzw. des Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/54/EG fällt. Zudem kann ein solcher Fall als Rechtsmissbrauch bewertet werden.

Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2008/78/EG

Altersgrenze – steht nach Ansicht des Generalanwalts einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die für die Einstellung von Beamten der Polizei ein Höchstalter von 35 Jahren festsetzt, soweit diese Begrenzung für die Wiederherstellung einer Altersstruktur, die die Einsatzbereitschaft und das ordnungsgemäße Funktionieren der Dienste der Polizei nicht mehr gefährdet, unbedingt erforderlich ist.

Rs. C-188/15 (Bougnaoui und ADDH)

Kopftuch – Eine in den Arbeitsplatzvorschriften eines Unternehmens enthaltene Regelung, die Arbeitnehmern des Unternehmens während des Kontakts mit Kunden des Unternehmens das Tragen religiöser Zeichen oder Bekleidung verbietet, beinhaltet nach Ansicht der Generalanwältin eine unmittelbare Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung. Das Verbot kann nicht als wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung gerechtfertigt werden. Auch andere Ausnahme- und Rechtfertigungstatbestände der Richtlinie greifen nicht ein. Dies gilt nach Ansicht der Generalanwältin erst recht, wenn die betreffende Regelung ausschließlich für das Tragen des islamischen Kopftuchs gilt. Wird nicht ausdrücklich das Tragen religiöser Zeichen oder Bekleidung verboten, sondern allen Arbeitnehmern eine völlig neutrale Bekleidung vorgeschrieben, handelt es sich nach Ansicht der Generalanwältin um eine mittelbare Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung. In diesem Fall können die Interessen des Unternehmens zwar ein rechtmäßiges Ziel darstellen. Die Kleidungsordnung muss jedoch im Hinblick auf dieses Ziel verhältnismäßig sein. War sie hier aber nicht…

 „Hartz IV“-Sanktion wegen Ablehnung von Sonntagsarbeit rechtmäßig

SG Leipzig  – S 17 AS 4244/12 – 

Eine Kürzung von Leistungen nach dem SGB II aufgrund der Ablehnung eines Arbeitsplatzes, bei dem für die Dauer einer siebeneinhalbmonatigen Befristung eine Tätigkeit u.a. an fast jedem Sonntag vorgesehen war, ist rechtmäßig.

Die 1960 geborene Klägerin war seit 2002 arbeitslos und bezog „Hartz IV“- Leistungen. Das Jobcenter schlug ihr eine vom 03. September 2012 bis 15. April 2013 befristete Arbeitsstelle als Mitarbeiterin für Imbissgastronomie, Kasse und Schlittschuhverleih in der Halle eines Eissportvereins vor. Als Arbeitstage waren unter Einschluss gesetzlicher Feiertage im Schichtbetrieb grundsätzlich Mittwoch bis Sonntag vorgesehen. Beigefügt war dem Arbeitsplatzangebot die Belehrung darüber, dass sich die Leistung um 30 % des für die Klägerin maßgebenden Regelbedarfs mindere, wenn sie nicht bereit sei, die ihr zumutbare Arbeit aufzunehmen. Beim Vorstellungsgespräch wurde der Klägerin zugesagt, dass sie einen für November 2012 bereits gebuchten Urlaub nehmen dürfe; der Resturlaub könne aber erst nach dem 31. März 2013 gewährt werden. Das Gespräch endete mit einem Einstellungsangebot in ein Vollzeitarbeitsverhältnis. Die Klägerin lehnte jedoch nachfolgend den Abschluss eines Arbeitsvertrages insbesondere aufgrund der vorrangig am Wochenende liegenden Arbeitszeit ab. Das Jobcenter senkte daraufhin die Leistungen für drei Monate in Höhe von 30 % des für die Klägerin seinerzeit maßgebenden Regelbedarfs, also von 112,20 € monatlich, ab. Mit der hiergegen erhobenen Klage machte die Klägerin u.a. geltend, sie hätte immer von Mittwoch bis Sonntag in der Spätschicht arbeiten sollen, d.h. abends bis zwischen 20:00 und 22:00 Uhr, sonnabends sogar bis mindestens 24:00 Uhr, und nie ein freies Wochenende gehabt.

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Die Nichtannahme des Arbeitsangebots durch die Klägerin rechtfertige die ausgesprochene Sanktion. Die Tätigkeit sei insbesondere auch zumutbar gewesen. Das grundsätzliche Verbot der Sonntagsarbeit nach § 9 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) gelte gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 und 7 ArbZG nicht für Bewirtungs- sowie Freizeit-, Erholungs- und Vergnügungseinrichtungen. Zwar müssten nach § 11 Abs. 1 ArbZG auch bei solchen Betrieben mindestens 15 Sonntage im Jahr beschäftigungsfrei bleiben. Bei 15 arbeitsfreien Sonntagen pro Jahr (nicht notwendig pro Kalenderjahr) sei demnach Sonntagsarbeit an 37 Sonntagen pro Jahr zulässig. Für befristete Arbeitsverhältnisse bestünden insoweit keine Besonderheiten. Insbesondere sei bei einem auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsverhältnis keine anteilige Sonntagsfreistellung innerhalb des Befristungszeitraums zu gewähren. Die gegenteilige Sichtweise bewirke eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Verhinderung saisonaler Beschäftigung insbesondere in der Touristikbranche. Im Falle der Klägerin wären 37 mit Arbeit belegte Sonntage wegen der Befristung des Arbeitsverhältnisses und der vorgesehenen Urlaubsgewährung nicht erreicht worden. Nach Ende des Arbeitsverhältnisses wären mindestens 13 Sonntage für die Klägerin arbeitsfrei gewesen, wobei im Falle eines Folgearbeitsverhältnisses der neue Arbeitgeber die Klägerin sonntags noch so oft von der Arbeit hätte freistellen müssen, dass diese Anzahl freier Sonntage erreicht worden wäre. Aus der Sonntagsarbeit resultiere mithin keine Unzumutbarkeit des Arbeitsverhältnisses.

Tarifeinheitsgesetz – Zwei Verfassungsbeschwerden unzulässig

BVerfG – 1 BvR 1707/15 und 1 BvR 2257/15 – 

Die Verfassungsbeschwerden der Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG) sowie der Neue Assekuranz Gewerkschaft (NAG) gegen das Tarifeinheitsgesetz (§ 4a TVG) wurden nicht zur Entscheidung angenommen. Den Beschwerdeführern fehlt die erforderliche Antragsbefugnis, weil sie nicht unmittelbar und gegenwärtig von dem Gesetz betroffen sind. Beide Gewerkschaften haben keine substantiierten Ausführungen zu ihrer Tariffähigkeit gemacht und nicht substantiiert vorgetragen, dass derzeit oder in naher Zukunft ein von ihnen wirksam abgeschlossener Tarifvertrag verdrängt werden könnte.

Also warten wir mal ab, bis die ersten Gewerkschaften tatsächlich betroffen sind. Ach übrigens: worum geht’s noch gleich bei dem Gesetz? Um die – auch meines Erachtens – verfassungswidrige Regelung, dass es pro Betrieb nur einen Tarifvertrag geben darf und dieser von der Gewerkschaft gestellt wird, die die meisten Mitglieder jeweils im Betrieb (also nicht Unternehmen) hat.

SAY YOU TO ME! – Du nicht

Die Deutschen wollen von ihren Chefs oder Untergebenen im Berufsalltag nicht geduzt werden. Laut einer repräsentativen Umfrage der GfK für die „Welt am Sonntag“ finden zwei von drei Befragten die Entwicklung nicht gut, dass sich in vielen Firmen neuerdings das „Du“ als Anrede etabliert.

Besonders ausgeprägt ist die Ablehnung in den Stadtstaaten Hamburg und Berlin (91,6 bzw. 88,1 Prozent). Zudem sie ist in den neuen Bundesländern (79,8 Prozent der Befragten) größer als in den alten (63,2 Prozent). Das Duzen unter gleichrangigen Kollegen dagegen finden fast 88 Prozent der Befragten gut oder zumindest akzeptabel.

In den vergangenen Monaten haben sich etliche Unternehmen lockerere Umgangsregeln verordnet. Die Vorstände von Konzernen wie Daimler, Siemens oder Allianz erschienen ohne Krawatte oder in bunten Turnschuhen zu offiziellen Terminen. Unter anderem die Otto Group (u.a. Otto, Baur, Sportscheck) und der Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) das Du als Anrede ein – seither duzen die Mitarbeiter auch ihre Vorstände.

Beim Einkaufen oder im Restaurant ist es ganz ähnlich wie im Job: Auch da sagten zwei von drei Befragten, dass sie nicht von Verkäufern oder Kellnern geduzt werden möchten. Es wurden 1000 Deutsche ab 14 Jahren befragt.

Good Night & Good Luck

Ihr, Euer

Dr. Stephan Grundmann